Baumgartner Hieronymus (1850–1929)
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Hieronymus Baumgartner ist freisinniger Gemeinderat, Kantonsrat und während 21 Jahren Gemeindepräsident von Cham, nämlich von 1889 bis 1910 – zu einer Zeit, als Cham in industrieller Blüte steht. Gelernt hat Baumgartner den Beruf des Bäckers und des Müllers; zeitweilig gehört ihm das Restaurant Hecht mit dazugehöriger Brauerei in Zug, für einige Monate auch der «Bären» in Cham.
Stationen
1850 Hieronymus Baumgartner kommt am 12. März in der Obermühle zur Welt. Sein Vater ist der Müller Moritz Baumgartner (1820–1872). Die Schulen besucht Hieronymus in Cham, in der Klosterschule Engelberg und bei den Jesuiten in Feldkirch A. [1] Er lernt Müller und Bäcker und tritt nach den Ausbildungen in die väterliche Müllerei ein.
1874 Nach dem Verkauf der Obermühle an die Papierfabrik Cham baut Hieronymus Baumgartner an der Sinserstrasse ein neues Haus. Es ist eine vornehme Villa (heutige Adresse: Sinserstrasse 37). [2] Er betreibt im repräsentativen Haus eine Getreide- und Futtermittelhandlung. [3]
1880 Trotz der katholischen Bildung wird Hieronymus Baumgartner Mitglied der Freisinnigen Partei. Die Chamer wählen ihn in den Gemeinderat (bis 1910). [4]
1881 Hieronymus Baumgartner kauft von der Familie seiner Frau die Liegenschaft «Hecht» in Zug samt Brauerei. Er restauriert das Gebäude und baut die Brauerei um. Später entfernt er diese. [5]
1886 Die Chamer wählen Hieronymus Baumgartner in den Kantonsrat. Er bleibt über vierzig Jahre, also zehn volle Legislaturperioden, im Rat. [6]
1887 Gemeinderat Baumgartner sitzt in einem Komitee unter der Führung von Anglo-Swiss-Direktor David Page (1844–1903) und Kantonsrat Heinrich Wiss (1854–1935), das mit der Wasserversorgung Zug einen Liefervertrag aushandeln soll, um in Cham eine funktionierende Wasserversorgung zu realisieren. Hieronymus führt die Verhandlungen quasi im «Doppelmandat». Von 1886 bis 1907 sitzt er als einziger Chamer im Verwaltungsrat der Wasserversorgung Zug (ab 1892 Aktiengesellschaft Wasserwerke Zug). [7]
1889 Hieronymus Baumgartner wird zum Gemeindepräsidenten gewählt (er bleibt bis 1910 im Amt). [8] Unter seiner Leitung entstehen das Feuerwehrdepot, das Spritzenhaus, die Turnhalle, das Schulhaus in Niederwil und weitere Bauten. In seinem Nachruf heisst es dazu: «Es können nicht alle Bauten als glücklich betrachtet werden.» [9]
1893 Hieronymus Baumgartner verkauft den «Hecht» in Zug an Traugott Spiess (1850–1939) von der gleichnamigen Bierbrauerei in Luzern. [10]
1894 Hieronymus Baumgartner kauft zusammen mit seinem Bruder Josef Baumgartner, Metzger, von Xaver Schlumpf-Regli (gest. 1897) den «Bären» in Cham mit angegliederter Metzgerei und begründet damit die lange Eigentümerschaft der Familie Baumgartner. Als Gastwirt und Fleischverkäufer im «Bären» wirkt Metzgermeister Paul Baumgartner-Hüsler, Hieronymus' Neffe. [11]
1895–1897 Auf Jahresanfang übergibt Hieronymus den «Bären» an Paul Baumgartner. [12] Zweieinhalb Jahre später wird auch noch die Handänderung von Hieronymus an Paul Baumgartner vollzogen. [13]
1898 Hieronymus Baumgartner wird vom Zuger Stimmvolk in den Regierungsrat gewählt. Doch er lehnt die Wahl ab. [14] An seiner Stelle rutscht Fritz Spillmann (1846–1926) nach. [15]
1902 Bei einem Föhnsturm bricht am 31. Mai in Baumgartners Liegenschaft an der Sinserstrasse 37 ein Brand aus. Der Dachstuhl wird zerstört. [16]
1904 Der «Bären» bekommt einen grösseren Saal im Anbau, unmittelbar an die Bärenbrücke anschliessend. Der Saal ist im Innern mit Emporen geschmückt und nach aussen sichtbar durch hohe Rundbogenfenster. Dass Hieronymus Baumgartner zu dieser Zeit Gemeindepräsident von Cham ist, dürfte die Bauabwicklung zumindest nicht gebremst haben.
1910 Hieronymus Baumgartner ist ein entschiedener Gegner der neuen Verbindung über die Lorzentobelbrücke nach Menzingen und ins Ägerital.
1926 Hieronymus Baumgartner tritt nach 40 Jahren aus dem Kantonsrat zurück.
Todesanzeige für Hieronymus Baumgartner, Neue Zürcher Zeitung, 16.12.1929
1929
Hieronymus Baumgartner stirbt nach kurzer Krankheit am 15. Dezember. [17] Baumgartner wird in Luzern kremiert. Es findet eine stille Beerdigung statt.
Übername
Hieronymus Baumgartner war eine prägende Person der Chamer Politik. Aufgrund seiner Erscheinung mit üppigem Bart und aufgrund seiner Autorität erhielt er den Übernamen «Der Löwe von Cham». [18]
Privates
- Hieronymus Baumgartner war verheiratet mit einer Huser ab dem «Hecht» in Zug. Sie hatten zwei Töchter. Ihnen blieben Schicksalsschläge nicht erspart. Eine Tochter, verheiratet mit Dr. Hess in Wädenswil, starb, ebenso ein Schwiegersohn (Hr. Wetterwald, Luzern), was ihm sehr nahe ging. [19]
- Als 1910 die Abstimmung für den Bau der Lorzentobelbrücke nicht im Sinne von Hieronymus Baumgartner ausfiel, lehnte er die Einladung zur Siegesfeier in Menzingen telegrafisch mit einem Reim ab:
- «Kann Eurer Einladung nicht recht trauen
- zum Schmaus bei Most und Bier;
- ihr könntet mir den Kopf zerhauen,
- drum bleib ich lieber hier!»
- Als Hieronymus Baumgartner irrtümlicherweise den Schnellzug ab Zug erwischte, zog er in Cham kurzerhand die Notbremse, was er den Bahnbeamten so erklärte: «Ich be dänk de Gmeindspräsidänt vo Chom!» [20]
Einzelnachweise
- ↑ Zuger Nachrichten, 18.12.1929
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Zuger Volksblatt, 16.12.1929
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Zuger Kalender 1936, S. 58
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Leutenegger, Hajo, 1892–1992 100 Jahre Aktiengesellschaft Wasserwerke Zug, Zug 1992, S. 103f.
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Zuger Nachrichten, 18.12.1929
- ↑ Zuger Kalender 1936, S. 58
- ↑ Zuger Volksblatt, 16.06.1894
- ↑ Zuger Volksblatt, 29.12.1894
- ↑ Zuger Volksblatt, 26.08.1897
- ↑ Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
- ↑ Zuger Neujahrsblatt 1900, Chronik 27.11.1898
- ↑ Zuger Neujahrsblatt, Chronik 31.05.1902
- ↑ Zuger Neujahrsblatt 1931, Chronik 15.12.1929
- ↑ Steiner, Hermann et al., Vom Städtli zur Stadt Cham. Geschichte und Geschichten einer Zuger Gemeinde, Cham 1995, S. 160
- ↑ Zuger Volksblatt, 16.12.1929
- ↑ Vgl. Anmerkung 16 (Steiner), S. 160