Schulhausstrasse 8

Aus Chamapedia

Die älteste Darstellung der später Schulhausstrasse 8 genannten Liegenschaft, rechts hinter dem alten Gemeindehaus (Ansicht von Süden), Lithografie, undatiert (ca. 1841 bis 1852)
Nordseite des Hauses zur Gigeriweid an der Schulhausstrasse
Schulhausstrasse 8, Ansicht von Südosten

Die stattliche Liegenschaft an der Schulhausstrasse 8 stand mitten in Cham im Quartier Kirchbühl an der alten Landstrasse nach Luzern. Von 1855 bis ca. 1875 war im Gebäude das Wirtshaus «zur Linde» domiziliert, später wurde die Liegenschaft als Wohnhaus genutzt. 1977 wurde das Haus abgebrochen und durch den Neubau der Darlehenskasse Cham ersetzt.


Chronologie

1833 (?) An zentraler Lage an der alten Landstrasse nach Luzern wird ein stattliches, mit Ziegeln gedecktes Wohnhaus (Riegelbau) errichtet. [1]

1838 Josef Suter aus Hünenberg kauft am 18. Oktober die Liegenschaft von Margaritha Hausheer-Schriber. Neben dem Wohnhaus (Ass.-Nr. 144a) gehören eine Scheune mit Wasch- und Holzhaus (Ass.-Nr. 144b) sowie eine weitere, 1865 dann abgetragene Scheune (Ass.-Nr. 144d) zur Liegenschaft. [2]

1841 Auf der Liegenschaft, aber auf der gegenüberliegenden Strassenseite, wird das Gasthaus «Neuhaus», das spätere Gemeindehaus (Ass.-Nr. 144c; später Übertrag auf Ass.-Nr. 141a) erstellt. [3]

1852 Josef Suter geht Konkurs und er verliert seine zwei Liegenschaften in Cham. [4] Anna Maria Suter-Fähndrich übernimmt das Haus. [5]

1853/1854 Die Liegenschaft in der «Gigeriweid» erhält neue Bewohnerinnen: Schwester Maria Ottilia Kaufmann (1821–1865) als Vorsteherin zieht mit vier Schwestern und zehn Kosttöchtern aus dem von der Luzerner Kantonsregierung verbotenen Kloster Baldegg in ihre Heimatgemeinde Cham. [6] Nach einem kurzen Aufenthalt bei Kantonsrichter Johann Balthasar Bütler (1801–1854) in Chämleten (Gemeinde Hünenberg) [7] finden die Schwestern gleich gegenüber dem damaligen Gemeindehaus eine Wohnung. Für Haus, Garten und Pflanzland müssen sie hohe Mietzinsen entrichten. [8] Im Ortskern von Cham führen die Schwestern eine private Mädchenschule, die schon 1854 in eine öffentliche Schule umgewandelt wird. [9]

1855 Von der Familie Suter geht die Liegenschaft an die Familie Stuber: Negotiant [10] Johann Leodegar Stuber (1796–1872) tritt als Käufer auf und richtet im Haus die Wirtschaft zur «Linde» ein. [11] Im gleichen Jahr gekauft die Gemeinde das gegenüberliegende «Neuhaus». [12]

1871 In der Nacht vom Donnerstag 18. auf Freitag 19. Mai, stehen die Scheune sowie das Wasch- und Holzhaus (als Tanzlokal und Metzg genutzt) in Flammen. Das Wohnhaus kann gerettet werden. Der Brand entsteht an der hinteren Scheunenecke in der aufgerichteten Streue. Man vermutet absichtliche oder fahrlässige Brandstiftung. [13]

1872 Nach dem Tod von Johann Stuber erscheinen am 2. April Jakob und Alois Stuber als Besitzer der «Linde». [14]

1875 Der spätere Gemeindepräsident Josef Waldisbühl (1844–1888) kauft am 7. Januar die Liegenschaft, führt die Wirtschaft aber wohl nur noch für kurze Zeit weiter. [15]

1877 Am 14. Mai brennt die 1871 durch einen Brand beschädigte Scheune (Ass.-Nr. 144b) von Waldisbühl erneut ab. Das liberale Zuger Volksblatt vermutet Brandstiftung «von ruchloser Hand». [16]

1894 Einige Jahre nach dem Tod von Waldisbühl wird die Liegenschaft von seinen Erben an Oswald Langenegger verkauft. [17]

1908 Der Chamer Arzt Clemens Zürcher (1854–1927) kauft für den Bau des benachbarten Doktorhauses ein Stück Land ab der Liegenschaft.

1911 Von Langenegger geht die Liegenschaft durch Kauf an Josef Schacher-Weiss (1850–1932). [18]

1927 Am 29. Dezember kauft Bartholomäus Hausheer (1872–1928) die Liegenschaft an der nach dem Bau des Schulhauses Kirchbühl ««Schulhausstrasse» genannten Strasse. [19]

1929 Otto Zürcher (1884–1974), Sohn von Clemens und ebenfalls Arzt, ist seit 1927 im Besitz des Doktorhauses an der Schulhausstrasse 10. Erkauft am 2. April die Liegenschaft. [20]

1938 Eine weitere lokal prominente Person erscheint am 7. Oktober als Besitzer: Es ist Paul Baumgartner (1895–1975), Metzger und Wirt im «Bären». [21]

1939 Josef (James) Käppeli-Widmer (1895–1969), der seit 1925 eine eigene Sanitär-Firma führt, mietet das Haus von Paul Baumgartner, wohnt mit seiner Familie darin und richtet im Nebengebäude seine Werkstätte ein. In der Scheune werden Tiere gehalten, die für die baldige Schlachtung in der Bären-Metzgerei vorgesehen sind. [22]

1965 Die Papierfabrik Cham kauft die ehemalige Scheune und das Waschhaus und richtet darin zwei Garagen ein. [23]

1973 Paul Baumgartner verkauft die Liegenschaft am 31. Oktober der Darlehenskasse Cham. [24]

1976 Das Haus wird abgebrochen und 1977 durch den Neubau der Darlehenskasse Cham ersetzt. [25]


Wer war der «Giger»?

Oft werden Vor-, Nach- oder Beinamen von Personen aus früheren Jahrhunderten über Flur- und Siedlungsnamen bis in die Gegenwart überliefert. Ein Örtlichkeitsname geht also auf eine konkrete Person zurück, die schon vor Jahrhunderten verstorben ist. So ist es auch bei der «Gigeriweid» und der «Gigermatt» im Zentrum von Cham.

Namengebend war hier möglicherweise ein in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in Cham wohnhafter Klaus Giger von Meggen LU. Spätestens 1668 will er sich in Cham niederlassen, der Zuger Stadtrat droht ihm mit Wegweisung [26], aber 1671 wird ihm nach einigem Hin und Her «aúff sein wolhalten hin» bewilligt, vom Sohn des Chamer Schmieds Räber ein «haúß undt güetle» zu kaufen. [27] Klaus Giger ist 1681 noch in Cham wohnhaft. [28]

Ab 1682 erscheint dann in verschiedenen Schriftquellen eine «Gigermatt», die zwischen der «landtstraß aúff sinnß» Sinserstrasse und der «Landtstrasß von Cham aúff Lúcern» (die heutige Schulhausstrasse) liegt. [29]


Besitzer und Besitzerinnen


Situation

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Das Quartier Kirchbühl: Nahe beim ehemaligen Gemeindehaus und der Turnhalle Kirchbühl befand sich die Liegenschaft Schulhausstrasse 8, «Gigeriweid», 02.06.1964


Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
  2. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
  3. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
  4. Neue Zuger Zeitung, 12.06.1852
  5. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
  6. Invernizzi, Johannes / Baur, Martin, Hundert Jahre Schwestern-Institut Heiligkreuz Cham, Cham 1962, S. 38
  7. Neue Zuger Zeitung, 16.07.1853
  8. Neue Zuger Zeitung, 10.12.1853
  9. Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Bd. 2, Cham 1962, S. 209
  10. Händler, Kaufmann
  11. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
  12. Neue Zuger Zeitung, 06.10.1855
  13. Neue Zuger Zeitung, 20.05.1871
  14. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band. Inserat der Gebrüder Stuber zur «Linde» vgl. Zuger Volksblatt, 14.02.1874
  15. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  16. Zuger Volksblatt, 16.05.1877
  17. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  18. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  19. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  20. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  21. Staatsarchiv Zug, G 617.6.4, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 1. Band
  22. Freundliche Mitteilung von August Sidler, Cham, 17.01.2023
  23. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1961–1990), 1. Band
  24. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1961–1990), 1. Band
  25. Staatsarchiv Zug, G 617.6.9, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1961–1990), 4. Band
  26. Bürgerarchiv Zug, A 39.27.3.73, Gemeindeversammlungsprotokolle der Stadt Zug 1668–1688, fol. 7r (13.10.1668)
  27. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.5.1057, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1669–1681, S. 144 (17.10.1671)
  28. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.5.3819, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1669–1681, S. 545
  29. Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 2, S. 254