Mandelhof

Aus Chamapedia

Der «leere» Gemeindehausplatz, dahinter die 2001 abgerissene «Villa Ritter», daneben das 1996 abgebrochene «Widmer-Haus»
Blick vom alten Gemeindehaus auf die Baustelle, 17.09.1996
Der Mandelhof kurz vor der Fertigstellung 1998, daneben das ehemalige Gemeindehaus

Nach langer Planung erhält die Gemeindeverwaltung 1998 ein neues Verwaltungsgebäude: den Mandelhof, benannt nach seinem mandelförmigen Grundriss. Bis zum Bezug des neuen Gebäudes muss das Gemeindehaus an der Schulhaussstrasse die gesamte Verwaltung aufnehmen.


Chronologie

1987 Der stetige Bevölkerungswachstum führt zu einer Ausdehnung des Aufgabenspektrums in der Chamer Gemeindeverwaltung, die dadurch mehr Personal benötigt: Das alte Gemeindehaus an der Schulhausstrasse ist zu klein geworden. Der Gemeinderat will ein neues Verwaltungszentrum westlich der Lorze im Quartier Kirchbüel realisieren. 1987 gibt er eine Detailstudie in Auftrag. Verschiedene Standorte werden evaluiert. Ideal erscheint die Lösung mit einer Überbauung auf dem Areal der Luzernerstrasse 10 und der Luzernerstrasse 12. Bloss: Das Grundstück gehört nicht der Gemeinde und mit den hohen Landpreisen im Zentrum ist ein Kauf für das verschuldete Cham kein Pappenstiel. [1]

1990 Die Gemeindeversammlung vom 5. November – 379 Stimmberechtigte sind anwesend – pfeift den Gemeinderat zurück. Die Landkosten seien zu hoch. Der Projektierungskredit wird ablehnt. Eine Planungskommission soll das Geschäft neu beurteilen. [2]

1991 An der Gemeindeversammlung vom 11. November stimmen 465 Stimmberechtigte dem Kauf der Liegenschaft Widmer an der Luzernerstrasse für 1,85 Millionen Franken und dem Kredit für einen Projektwettbewerb für ein neues Gemeindehaus über 290'000 Franken zu. Auch ein Parkhaus unter dem Gemeindehaus will man einplanen. [3]

Nach der Diskussion des Geschäfts «Gemeindehaus», aber noch vor der Schlussabstimmung, betritt ein Überraschungsgast die Aula im Schulhaus Röhrliberg: Es ist Bundesrat Flavio Cotti (1939–2020), der die Chamer Gemeindeversammlung besucht. [4] Weil aber die Chamer und Chamerinnen länger als geplant über das Gemeindehaus debattieren, muss der amtierende Bundespräsident über eine Stunde auf seinen Auftritt warten. Die Kommunalpolitik geht vor. [5]

1992 Der Projektwettbewerb wird vorbereitet und ausgeschrieben. Die Fachjury erhält 48 Einsendungen von Architekten.

1993 Die Fachjury zeichnet im Sommer einstimmig das Projekt «Mandelhof» der Zuger Architekten Urs Zumbühl und Alfons Heggli mit dem ersten Preis aus. Mit dem mandelförmigen Verwaltungsgebäude soll ein städtebaulich überzeugendes Bindeglied zwischen den bestehenden dörflichen Strukturen im Kirchbüel und den Neubauten entlang der Zugerstrasse entstehen.

1994 Es gibt am 28. März eine «heisse» Gemeindeversammlung zum Projektkredit für den «Mandelhof» mit einer harten Auseinandersetzung und mit Kraftausdrücken, die in einem solchen Rahmen selten fallen. 445 Chamerinnen und Chamer sind anwesend. Schliesslich wird der Projektierungskredit von 0,95 Millionen Franken mit 247 Ja- gegen 55 Nein-Stimmen klar angenommen. 763 Stimmbürger verlangen aber noch eine Urnenabstimmung über den Projektierungskredit. Insbesondere die FDP Cham wirbt für eine breitere Abstützung des ambitionierten Millionenprojekts. Ihr missfällt zudem, dass der Mandelhof nicht mehr ausgebaut werden kann. [6] Am 12. Juni gehen 49,72 % der Stimmberechtigten an die Urne und geben mit 1940 Ja- gegen 1796 Nein-Stimmen grünes Licht für den Projektkredit. [7]

1996 An der Gemeindeversammlung vom 29. Januar nehmen fast 700 (!) Chamerinnen und Chamer teil. Der Baukredit über 12,6 Millionen Franken ist nun unbestritten. Es gibt nur zwei Gegenstimmen. Das Raumprogramm umfasst u.a. 32 Büroräume, sechs Sitzungs- und Besprechungszimmer, acht Archivräume und über 20 weitere Räume. Mehr zu reden gibt ein zusätzliches, drittes Parkgeschoss mit 32 Parkplätzen für 1,25 Millionen Franken. [8]

Am 12. April erfolgt der Spatenstich. [9] Am 5. November legen Gemeinderat und Bauchef Toni Stadelmann (*1951), Gemeindepräsident Heinz Wyss (*1950), Gemeindeschreiber Herbert Arnet (1950–2001), Architekt Urs Zumbühl und Bauleiter Heinz Abt von der Aula AG den Grundstein für den «Mandelhof». Rund zwölf Meter tief unter der Erdoberfläche wird eine Schatulle mit den Bauplänen und beiden Zuger Zeitungen vergraben. [10]

Im gleichen Jahr werden für den Bau des neuen Gemeindezentrums die Liegenschaften Luzernerstrasse 10 und Luzernerstrasse 12 abgerissen. Das Restaurant Kreuz an der Luzernerstrasse 14 bleibt als einzige Liegenschaft der ehemaligen Häuserreihe an der Luzernerstrasse erhalten. [11]

1998 Am 18. Juni kann die Verwaltung nach gut zwei Jahren Bauzeit in das neue Gemeindehaus einziehen: Prunkstück des Gebäudes ist zweifelsohne der lichtdurchflutete Innenhof. [12] Drei Monate später wird der «Mandelhof» am 5. September offiziell eingeweiht. Zahlreiche Gäste aus dem ganzen Kanton überbringen Glückwünsche und Geschenke. Bürgermeister Leo Hackenspiel (*1939) aus Cham in Bayern schenkt der Gemeinde ein «Goldenes Buch». [13]

2008 Die Einwohnergemeinde erinnert mit zehn Aktionen in zehn Monaten an die Eröffnung des neuen Gemeindehauses vor zehn Jahren: Beispielsweise eine Lesung mit dem Hünenberger Schriftsteller Carlo von Ah (*1940), eine Kunstausstellung mit Bildern und Produkten aus dem Wohn- und Werkheim Schmetterling, eine Blumenschau, eine Ausstellung von Oberstufenschülern zum Thema «Solidarität» oder eine öffentliche Trauung im Foyer am 23. August vor rund 80 Gästen. Am 26. April startet die Gemeinde zudem in Zusammenarbeit mit der Bäckerei-Konditorei Nussbaumer einen Weltrekordversuch mit der Produktion des grössten Mandelgipfels der Welt. [14]

2020/2021 Um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus möglichst abzuschwächen, muss die Einwohnergemeinde den Zugang in den Mandelhof am 23. März 2020 und dann rund zehn Monate später am 18. Januar 2021 erneut einschränken. Persönliche Besuche bei der Gemeindeverwaltung sind nur noch nach vorgängiger Voranmeldung möglich. [15]


Kunsthistorische Würdigung

«Der Solitärbau mit der ungewöhnlichen Form ... steht im Zentrum der Siedlung und verbindet mit einer geschwungenen Fassade das etwas höher situierte, mittlerweile unter Denkmalschutz gestellte und restaurierte alte Gemeindehaus mit den Gebäudezeilen an der Luzernerstrasse. Ein parkähnlicher Platz wird definiert, der von den alten Gemeindebauten – dem 1840 als Wirtschaft Neuhaus entstandenen, seit 1855 als Schulhaus und ab 1917 in seiner heutigen Funktion genutzten Gemeindehaus, der Turnhalle von 1906 und dem 1902 erbauten Spritzenhaus – und nun neu vom «Mandelhof» umstellt wird. Das Ensemble manifestiert architektonisch das im Laufe des letzten Jahrhunderts erfolgte Wachstum der Gemeindeaufgaben und vermittelt gerade mit der Architektur des «Mandelhofes» eine offene, transparente und zweckmässige Form des Verwaltungszentrums einer mittelgrossen Gemeinde.» [16]


Fotogalerie

Die Grundsteinlegung am 5. November 1996

Die Bauzeit von 1996 bis 1998


Aktueller Kartenausschnitt

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Einzelnachweise

  1. Zuger Nachrichten, 05.11.1990
  2. Zuger Nachrichten, 06.11.1990
  3. Zuger Kalender, Chronik 12.11.1991
  4. Cotti hatte mit dem Gemeindepräsident Karl Bienz (*1939) Ende der 1950er Jahre am Gymnasium in Sarnen OW zusammen das Zimmer geteilt und als Cotti in den Bundesrat gewählt wurde, hatte er Bienz versprochen, einmal nach Cham zu kommen
  5. Zuger Nachrichten, 12.11.1991
  6. Zuger Nachrichten, 29.03.1994
  7. Zuger Nachrichten, 13.06.1994
  8. Neue Zuger Zeitung, 30.01.1996
  9. Neue Zuger Zeitung, 13.04.1996
  10. Neue Zuger Zeitung, 06.11.1996
  11. Zuger Kalender, Chronik 01.12.1996
  12. Neue Zuger Zeitung, 19.06.1998
  13. Neue Zuger Zeitung, 07.09.1998
  14. Gemeindeinfo, Informationen der Gemeinde Cham 30, 2007; 31, 2008; 32, 2008; 33, 2008
  15. Medienmitteilungen der Einwohnergemeinde Cham vom 20.03.2020 und vom 15.01.2021
  16. Horat, Heinz, Mandelhof, Gemeindehaus, in: Tugium 15, 1999, S. 22