Hammergut, Hof

Aus Chamapedia

Imposantes Wohnhaus des Hammerguts: mit der schwungvollen Freitreppe und Fachwerk
Frühe Ansicht des Hammerguts
Fürs Foto schön gekleidet: die Hammer-Bauern mit drei Stieren im Hof
Der Jungbauer spielt vor dem Hammer-Wohnhaus einen Altbauern
Der 1974 erbaute Rindermaststall in der Furenmatt
Das Hammergut, 03.03.2018
Innenhof, 03.03.2018

Der Eisenhändler Heinrich Vogel-Saluzzi lässt 1854 das Hammergut 1854 erstellen. Es entsteht ein homogenes Ensemble von Fachwerk-Gebäuden, die rechtwinklig zueinander stehen, und stimmungsvolle Hofräume. Das Hammergut gleicht mit seiner Gestaltung Vogels herrschaftlicher Villa an der Lorze.


Chronologie

1854 32 Jahre alt ist der Zürcher Heinrich Vogel-Saluzzi (1822–1893), als er das Hammergut erstellen lässt. Er ist damals als Eisenhändler Besitzer der Hammerschmiede unten an der Lorze sowie der (damaligen) Hammervilla. Zur Komplettierung seines Ensembles kauft er Grundstücke, führt diese zusammen und erstellt 1854 einen mustergültigen Bauernhof mit Wohnhaus, Scheune und Nebengebäuden, unter anderem mit einer grossen Pferdescheune. Vogel ist ein grosser Pferdeliebhaber: Als Erster führt er englische Pferde in die Schweiz ein. Zudem realisiert er mit Abt Heinrich Schmid (1801–1874) von Einsiedeln eine gross angelegte «Veredelung schweizerischer Pferderassen». [1]

1881 Ein neues Waschhaus wird anstelle eines Vorgängerbaus errichtet. [2]

1884 Heinrichs Sohn Carl Vogel (1850–1911) übernimmt alle Gebäude aus der Erbmasse.

1895 Eine neue Scheune wird errichtet. [3]

1898 Carl Vogel-von Meiss veranstaltet auf seinem Gehöft mit dem landwirtschaftlichen Verein eine «Probe mit Mähmaschinen, Heuwendern und Pferderechen», mit Maschinenherstellern aus Winterthur, Niederweningen, Burgdorf und Oberdorf. [4] Er betreibt quasi Innovationsförderung im Bereich Landwirtschaft.

1899 Eine neue Trotte wird gebaut. [5]

1912 Aus der Familiengesellschaft Papierfabrik Cham wird eine Aktiengesellschaft. Das Hammergut kommt zur Papierfabrik Cham AG. Der Landwirtschaftsbetrieb, geführt von professionellen Verwaltern, gilt während Jahrzehnten als pionierhaft, in der Viehzucht wie im Ackerbau. Die Bauern der Umgebung leihen sich die neusten Maschinen aus und suchen auch sonst den Kontakt zum Verwalter. Denn dieser kann in Notzeiten zu einer Anstellung in der Papierfabrik verhelfen, da die Verwalter stets einen direkten Draht zur Fabrikleitung haben. [6]

1918 Am Wohnhaus wird auf der Westseite ein Anbau nach den Plänen des Chamer Baumeisters Wilhelm Hauser (1874–1943) erstellt. [7]

1940 Am 15. Juli brennen im Hammer zwei grosse, nahe beieinander stehende Scheunen samt den Heuvorräten vollständig nieder. Das Vieh befindet sich wie üblich auch nachts auf der Weide und wird verschont. Mit grosser Mühe kann die Feuerwehr die umliegenden Gebäude vor dem Feuer retten. [8]

1973 Die Immobilien der Papierfabrik werden in der Hammer AG zusammengefasst. [9]

1974 In der Furenmatt an der Lorzenweidstrasse, südlich des Heilpädagogischen Zentrums Hagendorn wird ein Maststall für bis zu 480 Rinder gebaut. Mit zugekaufter Nahrung, welche in den neun 12 Meter hohen Silos gelagert wird, entsteht eine Form von "industrialisierter Landwirtschaft". [10]

1977 Rudolf Inderwildi übernimmt als Verwalter den Hammerhof von Werner Frey. Inderwildi baut in der Folge die Rindermast massiv aus. Im Stall an der Strasse nach Hagendorn finden bis 480 Tiere Platz. [11] Damit ist die Mast des Hammerhofs einer der grössten Betriebe der Schweiz – Studentinnen und Studenten reisen aus dem ganzen Land an, um den modernen Betrieb genauer unter die Lupe zu nehmen. [12]

2003 Das Hammergut erhält als Teil einer AG keine Subventionen, was das Führen einer rentablen Landwirtschaft zunehmend erschwert. Der Betrieb wird aufgegeben. [13]

2004 In enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege und mit der Bauabteilung Cham gibt die Hammer Retex AG gibt im Oktober einen Studienauftrag für mögliche Umnutzungen im Gutsbetrieb in Auftrag. [14]

2011–2014 Nach fast einem Jahrzehnt Planung entsteht eine neue Gesamtüberbauung auf dem Gelände. Viele der historischen Gebäude werden umgenutzt und dienen als Büros und Wohnungen. Es werden auch neue Wohnhäuser mit 38 Mietwohnungen und rund 1500 m² Geschäftsfläche für Büros und Ateliers gebaut. [15]

2020 Am 27. Mai bricht in einem Wohnhaus auf einem Balkon ein Brand aus. Das Feuer greift rasch auf die Holzfassade und das Dach über. Einem Grossaufgebot der Feuerwehren Cham und Steinhausen, unterstützt vom Stützpunktfeuerwehr Zug und von der Feuerwehr Unterägeri, gelingt es, das Feuer zu löschen. Rund 50 Personen werden evakuiert, eine Frau wird mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Spital eingeliefert. Der Sachschaden ist gross. Einzelne Wohnungen sind nicht mehr bewohnbar. [16]

2024 Das Verwalterhaus, der ehemalige Kälberstall, das Wasch- und Hühnerhaus sowie ein weiteres Ökonomiegebäude sind im Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde aufgeführt. [17]


Verwalter

  • 1912–1941 Rudolf Spinner (1873–1950)
  • 1941–1976 Werner Frey-Weber (1913–1996) [18]
  • 1977–2006 (Karl) Rudolf Inderwildi-Ryser (1941–2023) [19]



Charakterisierung

Viele ländliche Bauten wirken eher zufällig angeordnet; davon unterscheidet sich Vogels Hammergut eindeutig. Planmässig stellt Heinrich Vogel-Saluzzi die Wohn- und die Wirtschaftsgebäude im rechten Winkel zueinander hin, was stimmungsvolle Hofräume ergibt. Das Wohnhaus ist ein zweistöckiger Fachwerkbau mit doppelläufiger Freitreppe, Lauben und Krüppelwalmdach. Zur Entstehungszeit ist das dunkel gestrichene Fachwerk selten; es dürfte sich an die damalige Villa Hammer anlehnen, die ganz ähnlich gestaltet ist. Erst, nachdem Vogel-Saluzzi das Hammergut realisiert hat, kauft er 1861 die konkurs gegangene Papierfabrik, die er ausbaut, industrialisiert und zur Blüte bringt. [20]


Bericht zum Ende des Gutsbetriebs


Fotogalerie

Das Hammergut in frühen Zeiten


Aktueller Kartenausschnitt

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Einzelnachweise

  1. Orsouw, Michael van, Der Zellstoff, auf dem die Träume sind – 350 Jahre «Papieri» Cham, Zug 2007, S. 28f.
  2. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 272
  3. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 272
  4. Zuger Volksblatt, 26.05.1898
  5. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 272
  6. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 155
  7. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 272
  8. Neue Zürcher Nachrichten, 16.07.1940
  9. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 155
  10. https://www.cham.ch/geschichte/7680, abgerufen am 20.04.2023
  11. Papierfabrik Cham, Hauszeitschrift 1/1976, S. 16
  12. Freundliche Mitteilung von Claude Ebnöther, Cham, 13.02.2023
  13. Zurfluh, Christoph, Hammer, Von der «Chupferstrecki» 1690 bis zur «Ära Lüdi» 2014, Cham 2014, S. 96f.
  14. Gemeindeinfo, Informationen der Gemeinde Cham 14, 2005
  15. Zuger Zeitung, 11.10.2016
  16. Medienmitteilung der Zuger Polizei, 27.05.2020
  17. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 407 [Stand: 11.04.2024]
  18. Zuger Zeitung, 27.12.2005, Nachruf auf seine Ehefrau, Friedel Frey-Weber
  19. Zuger Zeitung, 19.04.2023
  20. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 28f.