Vogel Richard (1870–1950)
Richard Vogel stammte aus der Besitzerfamilie der Papierfabrik Cham, war Oberst der Kavallerie, zeigte seine Begabung in der Landschaftsarchitektur und bewohnte den alten Raben sowie die Villa Solitude auf der Täubmatt am Zugersee. Vogel gilt zudem als Pionier des Fussball-, Ruder- und Reitsports.
Stationen
1870 Richard Vogel kommt am 5. September als Sohn der Papierindustriellen Carolina (1825–1902) und Heinrich Vogel-Saluzzi (1822–1893) in Cham zur Welt. [1]
1891 Nach Studien an der ETH Zürich wirkt Vogel als Kavallerie-Instruktor der Schweizer Armee (bis 1913). [2]
1893 Seit diesem Jahr lässt Oberst Vogel die Parkanlage der Täubmatt Schritt für Schritt umgestalten. Er lässt sich von führenden Gartenplanern jener Zeit beraten, etwa von Gartenarchitekt Evariste Mertens (1846–1907) aus Zürich oder von Adolf Vivell (1878–1959) aus Olten. [3]
1895/1996 Vogel wird nach Karlsruhe abkommandiert; er wirkt dort im ersten Leibdragoner-Regiment Nr. 20. [4]
1902 Vogel wird zum Generalstabsoffizier befördert. [5]
1904/1905 Vogel wird Mitglied der schweizerischen Militärmission bei der japanischen Armee im Krieg gegen Russland in der Mandschurei in China. [6]
1907 Vogel wohnt im «Alten Raben» an der Luzernerstrasse 40. Er lässt durch Baumeister und Architekt Hans Miesch (1880–1941) das «Bründlerhaus» an der Luzernerstrasse 45 erstellen. Miesch verwendet dazu einen vorhandenen Scheunenbau von 1854 und überstülpt diesem einen kleinen, reizvollen Heimatstilbau. Im Häuschen wohnt Heinrich Bründler, der spätere Betreuer der Vogel’schen Liegenschaft am See (Das Bründlerhaus wird 2016 ab- und im Park der Villa Solitude wieder aufgebaut). [7]
1910 Vogel wird zum Oberstleutnant befördert.
1912 Vogel kauft das westlich angrenzende Gelände zur Täubmatt am Zugersee, um darauf später Villa und Bootshaus erstellen zu lassen. [8]
1913 Vogel ist Waffenchef der Kavallerie. [9] In Cham nimmt er wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung der neu zu erstellenden Reformierten Kirche. Vogel «beriet den Architekten und die Bauherrschaft in künstlerischer und stilistischer Hinsicht». [10]
1914 Vogel, mittlerweile im Rang eines Oberst, wirkt als Kommandant einer Kavalleriedivision. [11]
1930 Oberst Vogel erhält das Ehrenbürgerrecht von Cham. [12] Er gestaltet die Parkanlage der Villa Hammer um, in der seine Nichte Emilie «Emy» Naville (1885–1981) mit ihrem Mann Robert (1884–1970) wohnt. [13] Vogel perfektioniert dabei den Englischen Garten und räumt mit den französischen Elementen auf.
1934/1935 Vogel realisiert seinen malerischen Alterssitz direkt am Zugersee: Nach Ideen des Bauherrn und aufgrund von Plänen des Architekten Henry Berthold von Fischer (1861–1949) entsteht ein neubarocker Landsitz, die Villa Solitude. Vorbild ist das Schlösschen Ursellen bei Konolfingen BE. [14]
1937 Vogel ist Verwaltungsrat der Papierfabrik Cham. Er hält die Jubiläumsansprache am 22. Mai. [15]
1950 Richard Vogel stirbt am 15. Dezember im Alter von 80 Jahren in Cham. [16]
Würdigung anlässlich der Abdankung
«Pfarrer Fritz Stucky (1895–1966) aus Cham, wo der Verstorbene wohnhaft war, entwarf mit eindrücklichen Worten das Charakterbild des im September dieses Jahres, anläßlich der Vollendung seines achtzigsten Lebensjahres, weithin geehrten Offiziers. Richard Vogel, ein familienbewußter und traditionsverbundener Mann, der als Mensch und Soldat sich die Treue der Freunde und Untergebenen gewann, hatte sein eigenes Leben nach dem Sinnspruch des leidenschaftlichen Reiters, der er war, geformt: Sein Pferd beherrscht nur, wer sich selbst beherrscht. Er war ein Mann, der in sich selber Zucht und Ordnung walten ließ, und der aus solcher Lebensgesinnung die ihm anvertrauten Soldaten und Offiziere formte, aufrechte und starke Bindungen schaffend, die über die beschränkte Zeit der militärischen Dienstleistungen hinaus das ganze Lehen durch standhielten. Nachdem er im Jahre 1920 den Dienst des Berufssoldaten verlassen hatte, widmete er sieh mit Hingabe der Ausbildung seiner Neigung, die ihn zur Kunst hinführte. Er reiste viel, und wo immer es ihm begegnete, freute er sich des Schönen in der Natur und in der Kultur, Mit tiefer Einfühlung erschloß er sich dem Leben der Natur, vor allem den Bäumen und den Tieren, und in ihrem Erlebnis wurde ihm Gott eine lebendige Macht, deren Schöpfung er mit stetem Sinne lobte. Er war ein aktiver Mensch, unermüdlich tätig, auch in der Einsamkeit seines Alters.
In seinem Abschiedswort würdigte der Waffenchef der Leichten Truppen. Oberstdivisionär de Muralt die militärische Laufbahn des Dahingegangenen, die mit der Ernennung zum Waffenchef der Kavallerie gekrönt worden war. Seine Leistungen und seine Integrität als Offizier sicherte ihm eine Vorbildlichkeit, die echte Autorität ausstrahlte und der jeder folgte, der unter ihm diente. In den dreißig Jahren, die er nach seinem Rücktritt aus dem Instruktionskorps im zivilen Leben verbrachte, versagte er seine Teilnahme den militärischen Fragen nie. Zahlreiche Verdienste erwuchsen ihm auf dem Gebiete des Sportes, den er aufgeschlossen förderte. Er selbst war ein leidenschaftlicher Reiter, und das verpflichtete ihn: Die Tugenden, die ihm die Ehrung der Freunde gewannen, waren die eines Ritters ohne Tadel.
Sodann überbrachte der Gemeindepräsident von Cham, Habermacher (1902–1983), die bewegten Abschiedsgrüße der Einwohnergemeinde und der Bürgergemeinde, deren Ehrenbürger der Verstorbene war. Mit Hingabe hatte sich Oberst Vogel der Pflege seines idyllischen Besitzes in Cham angenommen, und die Teilnahme am Leben der Gemeinde, deren Umgebung er liebte, sicherte ihm die Zuneigung der Bevölkerung.
Abschließend würdigte im Namen des Verwaltungsrates der Papierfabrik Cham Direktor Leo Bodmer die Verdienste des Verstorbenen um die baulich und technisch fortschrittliche Entwicklung des Unternehmens, das im Besitz der Familie Vogel stand, bevor es im Jahre 1912 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde; ihrem Verwaltungsrat gehörte Oberst Vogel, der markante Vertreter der vierten Generation seiner Familie, bis zu seinem Tode an, von seinen Kollegen geschätzt als ein Mann des freien, unabhängigen Urteils und der väterlichen Freundschaft.
Die Abdankungsfeier war eingerahmt von Orgel- und Cellospiel (Walter Meyer und Robert Hunziker). Auf dem Sarg, den die Schweizerfahne ehrend deckte, lagen Säbel und Tschako des dahingegangenen Offiziers.» [17]
Einzelnachweise
- ↑ Aschwanden, Paul, Richard Vogel, in: Der Geschichtsfreund 104, 1951, S. 280
- ↑ Müller-Grieshaber, Peter, «Vogel, Richard», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.05.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024374/2013-05-22/ [Stand: 06.07.2022]
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 143
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Aschwanden), S. 280
- ↑ Müller-Grieshaber, Peter, «Vogel, Richard», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.05.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024374/2013-05-22/ [Stand: 06.07.2022]
- ↑ Staatsarchiv Zug, P 155. Vgl. Anmerkung 1 (Aschwanden), S. 280. Zu Vogels Reise in die Mandschurei vgl. auch der Blog des Staatsarchivs Zug, 02.08.2024
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Aschwanden), S. 280. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 130
- ↑ Vgl. Anmerkung 3 (Grünenfelder), S. 141
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Aschwanden), S. 280
- ↑ Vgl. Anmerkung 3 (Grünenfelder), S. 102
- ↑ Zuger Neujahrsblatt 1953, Chronik 15.12.1950
- ↑ Steiner, Hermann et al., Vom Städtli zur Stadt Cham. Geschichte und Geschichten einer Zuger Gemeinde, Cham 1995, S. 329
- ↑ Zurfluh, Christoph, Hammer, von der «Chupferstrecki» 1690 bis zur «Ära Lüdi» 2014, Cham und Muri 2014, S. 75
- ↑ Vgl. Anmerkung 3 (Grünenfelder), S. 141f.
- ↑ Vogel, Richard Heinrich, Aus der Geschichte der Papierfabrik Cham, Separatdruck aus: Zuger Volksblatt, Nr. 69/1937
- ↑ Zuger Neujahrsblatt 1953, Chronik 15.12.1950
- ↑ Neue Zürcher Zeitung, 20.12.1950