Schnurrenberger-Baumgartner Julius (1876–1947)

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Portrait von Schnurrenberger-Baumgartner Julius (1876–1947)
Portrait von Schnurrenberger-Baumgartner Julius (1876–1947), Porträt 1915

Vorname: Julius
Nachname: Schnurrenberger-Baumgartner
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 22. Dezember 1876
Geburt­sort: Root LU
Todes­datum: 29. Oktober 1947
Todes­ort: Cham ZG
Beruf: Buchhalter, Musiker
Amt: Kantonsrat
Religion: evangelisch-reformiert
Partei: Freisinnig-Demokratische Partei FDP

Julius Schnurrenberger-Baumgartner arbeitete sich in jungen Jahren durch harte Arbeit vom Hilfsgärtner zum Buchhalter, umtriebigen Musiker und Musikdirigenten empor. «Papa Schnurrenberger», wie er liebevoll genannt wurde, sass für Cham auch im Kantonsrat.



Hochzeitsfoto von Julius und Anna Schnurrenberger-Baumgartner, 1902
Familie Schnurrenberger, undatiert (um 1923)
Julius Schnurrenberger im vorgerückten Alter
Die Musikgesellschaft Cham während eines Umzugs mit Musikdirektor Julius Schnurrenberger, undatiert (nach 1930)
Das Haus Schluechtstrasse 6, in welchem die Familie Schnurrenberger wohl seit 1913 lebte, undatiert (vor 1950)


Stationen

1876 Julius Schnurrenberger kommt am 22. Dezember in Root LU zur Welt. Die Schulen besucht er in Dürnten ZH sowie in Cham, das ihm zur wirklichen Heimat wird. Als Kind lebt er «in materiell prekären Verhältnissen», im kleinen Riegelhaus unter der (1915 erbauten protestantischen Kirche), an der Obermühlestrasse 21. [1]

1889 Schon im Alter von 13 Jahren wird Schnurrenberger Hilfsarbeiter bei Gärtner Leopold Schoch (1858–1900), später wirkt er im Konsum von Gottlieb Kost. Als Halbwaise muss er zum Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner vier Schwestern beitragen. [2]

1892 Schnurrenberger wird in Baar konfirmiert (in Cham besteht noch keine protestantische Kirche); der dortige Pfarrer David Holzhalb (1839–1899) gibt ihm einen Rat, der ihn das ganze Leben begleitet: «Bittet, so wird Euch gegeben, suchet, so werdet ihr finden, klopft an, so wird Euch aufgetan» (Mt. 7.7.). [3]

Dank unentgeltlichem Nachhilfeunterricht im Schreiben bei Lehrer Martin Blaser (1841–1917) und in der doppelten Buchhaltung bei Gottlieb Kost schafft es Schnurrenberger, dass er als Hilfsarbeiter in die Anglo-Swiss Condensed Milk Company eintreten kann. Der aufgeweckte junge Mann arbeitet sich schnell ein und hoch. Nebenbei bekommt er ersten Musikunterricht von seinem Arbeitskollegen Leo Bucher, einem Schreiner und Mitglied der Musikgesellschaft Cham. Sie beide sind 1895 auch Gründungsmitglieder des Orchestervereins Cham. Musik ist für Schnurrenberger eine «Herzenssache, nicht Routine». [4]

1894 Nach zwei Jahren Musikunterricht tritt Schnurrenberger der Musikgesellschaft Cham bei. Er bleibt der Musikformation treu bis 1945. [5]

1896 Im Militär kann Schnurrenberger seine Musikkenntnisse vertiefen: Er absolviert die Rekrutenschule als Trompeter. Innerhalb der Musikgesellschaft wird er im Vorstand der Aktuar. [6]

1899 Der musikbegabte Mann avanciert zum Trompeterkorporal und später zum Spielführer-Wachtmeister des Zuger Bataillon 48.

1902 Schnurrenberger kann in der Anglo-Swiss ins Büro wechseln und so seine Buchhaltungskenntnisse vertiefen. Im gleichen Jahr heiratet er als Reformierter die katholische Anna Baumgartner (1876–1935), Tochter der «Bären»-Wirtsfamilie. Sie bekommen im Lauf der Jahre sieben Kinder: Emma (1903–1971), Ernst (1904–1978), Max (1905–1974), Anna (1910–1999), Walter (1911–1962), Trudy (1913–2005) und Willy (1919–2009). Ihr erstes Domizil ist das Obergeschoss im Restaurant Krone. Damals ist Cham sehr katholisch geprägt; die Denkart und die Dorfpolitik sind für einen Reformierten nicht immer einfach. In der musikalischen Harmonielehre bildet sich Julius als Autodidakt stetig weiter. [7] Zudem wird er Präsident der Musikgesellschaft Cham (bis 1909). [8]

1905 Seine musikalischen Fähigkeiten stellt Schnurrenberger auch dem Orchesterverein Cham zur Verfügung: Er wird dort erster Trompeter. In der Anglo-Swiss bekommt eine «Vertrauensstellung auf dem Büro». Er wird Buchhalter.

1909 Die Familie zieht an die Knonauerstrasse in das Haus von Hebamme Hüsler (heute Knonauerstrasse 14). [9] Den Posten als Präsident der Musikgesellschaft Cham tauscht Schnurrenberger gegen die Aufgabe als musikalischer Leiter ein. Er findet hier seine Erfüllung und bleibt auf dieser Position bis 1945, «mit grosser Hingabe und weitestgehender Uneigennützigkeit». Als ob Musikgesellschaft und Orchesterverein nicht reichen würden, spielt Schnurrenberger auch noch bei der Stadtmusik Zug mit (bis 1918) und dirigiert den Protestantischen Kirchenchor. [10] Sein ganzer Stolz ist aber die Musikgesellschaft, der er an Festen, katholischen Feiertagen und Prozessionen zur Ehre Gottes der Reformierten und der Katholiken voranschreitet. [11]

1913 Baumeister Emilio Reggiori (1887–1978) baut an der Schluechtstrasse 6 ein Dreifamilienhaus. [12] Die Familie Reggiori wohnt in diesem Haus, wahrscheinlich auch die Familie von Anna und Julius Schnurrenberger-Baumgartner. Reggiori und Schnurrenberger haben engen Kontakt, Julius Schnurrenberger führt Reggioris Buchhaltung. Neben seiner Arbeit als Buchhalter bei der Anglo-Swiss Condensed Milk Company und der Direktion der Musikgesellschaft Cham macht Julius Schnurrenberger zusätzlich auch Buchhaltungsarbeiten für seinen Schwager Paul Baumgartner. [13]

1915 Reggiori verkauft das Haus Schluechtstrasse 6 an Paul Baumgartner (1871–1923), der zusammen mit seiner Frau Agathe Hüsler (1871–1945) das Hotel-Restaurant «Bären» besitzt und führt. [14] Die mittlerweile achtköpfige Familie Schnurrenberger wohnt in der Parterrewohnung. [15]

1922 Mit anderen Blasmusikfreunden gründet Schnurrenberger den Verband der Musikvereine des Kantons Zug, dem er von 1922 bis 1938 als Präsident der Musikkommission und von 1938 bis 1944 als Verbandspräsident dient. [16]

Paul Baumgartner verkauft das Haus an der Schluechtstrasse 6 am 13. November für 26'000 Franken an seine Tochter Anna Schnurrenberger-Baumgartner. [17]

1927 Sohn Walter (1910–1962) verunglückt als Maurerlehrling beim Bau des Hauses für seine älteste Schwester Emma Sidler-Schnurrenberger (1903–1971) an der Hünenbergerstrasse 12. Er bleibt querschnittsgelähmt. [18]

1933 Die Produktion der Chamer Nestlé & Anglo-Swiss schliesst; Schnurrenberger nimmt diesen Einschnitt zum Anlass, um mit 57 Jahren in Pension zu gehen und sich ganz der Musik zu widmen. [19]

1935 Am 7. März stirbt seine Frau Anna im Alter von 58 Jahren. Die im gleichen Haus wohnende Tochter Anna Knecht-Schnurrenberger (1910–1999) übernimmt einen Grossteil der Hausarbeiten für Vater Julius und den invaliden Bruder Walter. [20]

Nach dem Tod seiner Frau wird Julius Schnurrenberger-Baumgartner neuer Besitzer der Liegenschaft. [21]

Die Chamer wählen Schnurrenberger als Vertreter der Freisinnigen in den Kantonsrat (bis 1946). [22] Er ist im Rat eher ein stiller Parlamentarier, versäumt aber nie eine Sitzung. [23]

1947 Julius Schnurrenberger stirbt am 29. Oktober im Alter von 70 Jahren. [24] Er wünscht sich die Anwesenheit seiner sieben Kinder und erhofft sehnlichst auch die Ankunft von Willy, dem jüngsten Sohn. Doch der Tod naht unausweichlich, so dass sich Julius zu seinen letzten Worten durchringt: «Ich wäre ja so gerne noch geblieben, aber der Wagen, der rollt.» [25] Sein Grabgeleit war eines der grössten, das Cham je gesehen hat, gaben ihm doch verschiedene Vereine und Delegationen die letzte Ehre.» [26]

Ehrungen

Julius Schnurrenberger-Baumgartner ist ein begabter Musiker, der sich autodidaktisch weiterbildet und sich sehr in den Musikvereinen engagiert. Die Vereine danken es ihm mit Ehrenmitgliedschaften. 1915 wird er Ehrenmitglied der Musikgesellschaft Cham, 1946 deren Ehrendirektor. 1916 verleiht ihm die Stadtmusik Zug die Ehrenmitgliedschaft, 1938 der kantonale Musikverband. Schliesslich ist er auch Ehrenmitglied im Orchesterverein Cham.


Partituren von Julius Schnurrenberger


Einzelnachweise

  1. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  2. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  3. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  4. Zuger Volksblatt, 03.11.1947, Zuger Nachrichten, 03.11.1947
  5. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  6. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  7. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  8. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  9. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  10. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  11. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  12. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1930), 1. Band
  13. Freundliche Mitteilung von August Sidler, Cham, 14.02.2024
  14. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1930), 1. Band
  15. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  16. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  17. Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
  18. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  19. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  20. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  21. Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
  22. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  23. Zuger Volksblatt, 03.11.1947
  24. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  25. Familiengeschichte Julius Schnurrenberger, aufgezeichnet von seiner Enkelin Erika Zweifel-Sidler, 13.06.2018
  26. Zuger Nachrichten, 03.11.1947