Bisang-Planzer Josef (1921–2005)
Josef Bisang war ein Mechaniker und baute sich an der Zugerstrasse 18 seine eigene Garage für Zweiräder und Autos auf. Er war ein begeisterter Motorradfahrer und Feuerwehrmann.
Stationen
1921 Josef Bisang kommt am 25. Juni in Hedingen (ZH) zur Welt. Er ist der Sohn von Maria Bisang-Stähli (1897-1958) und Ferdinand Bisang–Stähli (1897-1944). Die Familie Bisang lebt in Hagendorn in der Liegenschaft des Restaurants Sonne, gemeinsam mit den Grosseltern von Josef, Ferdinand (1867-1929) und Verena Bisang-Balmer (1874–1957) (genannt Sunne-Vre). Die Sonne ist ein beliebtes Ausflugsziel für Radfahrer, Motorradfahrer und Auto-Begeisterte aus der weiteren Umgebung. [1]
Josef und seine drei Geschwister Heiri, Olgi und Miggi gehen in Hagendorn zur Schule. Vater Ferdinand betreibt beim Restaurant eine kleine Fahrrad-Werkstatt.
Bereits während der Schulzeit wird «Sepp», wie er genannt wird, zur Aushilfe im elterlichen Betrieb beigezogen, in der Werkstatt oder in der Kegelbahn von Grossmutters Restaurant, wo er für ein kleines Sackgeld die Kegelfiguren aufstellt. [2]
nach 1930 Nach dem Besuch der Primarschule lebt Josef bei seiner Tante in Winterthur ZH, die ebenfalls eine Gastwirtschaft betreibt. Einige Zeit arbeitet er in der Firma Sulzer als Mechaniker und ist für den Feinschliff verantwortlich. Bei Sulzer holt er sich die nötige Erfahrung für seine spätere Selbstständigkeit. Schon damals ist Josef ein leidenschaftlicher Velofahrer. So fährt er an den Wochenenden oft mit seinem Militärvelo von Winterthur nach Cham. [3] Später übernimmt Josef die kleine Werkstatt an der Knonauerstrasse.
Hochzeitsfoto: Josef und Emilie Bisang-Planzer, 1946
1946 Anlässlich eines Besuchs im Chamer «Bären» lernt Sepp Bisang die Angestellte Emilie Planzer (1909–1965) kennen, verliebt sich und heiratet sie in Sisikon UR. [4]
1948 Das Ehepaar bekommt einen Sohn, ebenfalls auf den Namen Josef benannt. Er wird wie sein Vater ein begeisterter Motorradfahrer und tritt später in die Stadtpolizei Zürich ein, wo er bis zu seiner Pensionierung oft mit dem Motorrad im Dienst ist. [5]
Im gleichen Jahr erwirbt Bisang die Liegenschaft Zugerstrasse 18 [6] und richtet dort seine eigene Garage ein. Sie besteht aus einem Wohnhaus und einer Werkstätte. Im vorderen Teil richtet er einen Verkaufs- und Ausstellungsraum ein, in der Werkstätte repariert er Velos, Motorräder und Autos.
Die Familie Bisang auf einer Rennveranstaltung, mit dem Plymouth Cabrio
1965
Seine Frau Emilie erkrankt und stirbt im gleichen Jahr. Josef Bisang leidet. [7]
1982 Josef Bisang zieht sich altershalber aus dem Geschäft zurück, nicht aber von seinem geliebten Handwerk. In einem Untergeschoss der Liegenschaft der Familie Christen im Dersbach richtet er sich eine mechanische Werkstätte ein. Er führt Reparaturen aller Art aus, stellt aber auch kunsthandwerkliches Schmiedezeug her. Sepp Bisang bleibt seiner Berufung, jener des Mechanikers, ein Leben lang treu. [8]
Josef und Sohn Josef Bisang im Pflegezenrum Ennetsee, 2005
2005
Josef Bisang stirbt am 10. Mai im Pflegezentrum Ennetsee Cham. [9]
Josef Bisang, der Veloakrobat
Josef Bisang war in jungen Jahren ein begeisterterer Velofahrer und wie die nachfolgenden Bilder zeigen ein begabter Veloakrobat.
Die Musikgesellschaft Cham schreitet die Bahnhofstrasse hoch, Josef Bisang als «Chaplin-Veloakrobat» führt sie an, undatierte Aufnahme.
Josef Bisang, der Motorradfahrer
Josef Bisang ist ein enthusiastischer Motorradfahrer und lebt seine Passion als Geländefahrer aus. Er bestreitet zahlreiche Rennen. Das Jahr 1960 wird zu einem der Höhepunkte seines sportlichen Könnens: Er wird Schweizermeister der 250-ccm-Klasse im Geländefahren für Motorräder. [10]
Josef Bisang auf seiner legendären Fahrt (ohne Helm!), die ihn 1960 zum Schweizermeister machte
Josef Bisang, der Feuerwehrmann
Sepp Bisang trat 1946 der Feuerwehr Cham bei und blieb ihr bis 1980 treu. [11] Als Besitzer einer Garage für Zwei- und Vierräder war er als Fahrer eingeteilt. Der Fuhrpark der Feuerwehr war damals bescheiden und so benutzten die Feuerwehrleute für den Einsatz oft ihre eigenen Fahrzeuge – Sepp Bisang seinen Plymouth, ein Cabriolet Jahrgang 1950 mit Nummernschuld ZG 801, welches einen Anhänger mit dem Schlauchmaterial zog. [12] Auf Sepp war Verlass, in jeder Hinsicht. Er trank zum Beispiel keinen Alkohol: Einen Einsatz mit einem Trupp Feuerwehrleute unter Alkoholeinfluss zu fahren, wäre für ihn unverantwortlich gewesen. [13]
Josef Bisang war auch einer jener Feuerwehrgruppe, die 1959 den Chamer Kirchturm bestieg, und zwar bis der Einfassung des mächtigen Kreuzes. Die Gruppe um Fritz Tschan, Josef Werder, Josef Bisang, Robert Achille Vienny, Josef Stähli (1922–2013) fasste den Auftrag, zu testen, ob die Druckleitungen bei einem Turmbrand genügend Wasser nach oben pumpen können.
Josef Bisang, Begleiter auf Zwei- und Vierrädern
Thomas Gretener (geb. 1957) erinnert sich an Sepp Bisang, der ihn ein gefühltes halbes Leben in der Mobilität begleitete. Die folgenden Anekdoten sollen auch ein erweitertes Bild auf diesen gutmütigen wie energiegeladenen Menschen werfen.
Die mobile Reise mit Josef Bisang begann bereits vor meinem Leben auf Erden. Als Stadtluzernerin wollte mich Mutter Gertrud (*1928) in der Klinik St. Anna gebären. Das junge Paar besass damals noch kein Auto, also rief es Sepp Bisang an, als die Wehen einsetzten. Mein Vater Oskar (1925–1994) kannte ihn von der Feuerwehr und war sein Buchhalter. Die Fahrt nach Luzern sei sehr, sehr zügig, durchaus verantwortungsvoll und erfolgreich in jeder Hinsicht verlaufen, berichtete mir meine Mutter später.
Später erhielt klein Thomas ein Trottinet. Der Markenname lautete auf «Ferbedo», was in meinen Ohren ein wenig wie Ferrari klang. Und so fuhr ich es auch. Keine gute Idee auf der damals noch nicht asphaltierten Neuhofstrasse mit Löchern und Steinen. Entsprechend häufig befand sich das Gefährt bei Meister Bisang in Reparatur. Die blaue Farbe wurde an mindestens drei Stellen von grauen Schweissnähten unterbrochen, welche die Bruchstellen und das Können Bisangs dokumentierten.
Später ersetzte ein richtiges Velo das Trotti, nichts Besonderes. Zu leuchten begannen meine Augen erst, als ein grösseres Velo anstand – eines, das den Namen Bisang trug. Ja, Sepp Bisang liess eigene Fahrräder herstellen. Die Rohlinge wurden mit ausgewählten Komponenten bestückt und die Velos besassen über Cham hinaus einen ausgezeichneten Ruf. Mein Velo «Marke Bisang» verrichtete während Jahrzehnten treu seine Dienste. Erst die Frontalkollision mit einem Randstein stauchte seine beiden Vordergabeln derart, dass auch ein Bisang-Velo nicht mehr zu reparieren war.
Im Teenageralter kam der Wunsch nach einem Töffli auf. Ohne diese «Zwickzünder», so das geringschätzige Urteil Sepp Bisangs für dieses Fortbewegungsmittel, ging es damals in der Jugend Anfang der 1970er Jahre (fast) nicht. Und so steht eines Tages ein Moped der Marke «Herkules» aus deutscher Produktion in Bisangs Garage. So kraftvoll die Markenbezeichnung klingt, so brav fuhr es, nicht mal «30» brachte der Tacho zur Anzeige. Neidisch blickte ich auf meine Kollegen, die mit handwerklichem Geschick in abgelegenen Scheunen ihre Töfflis «frisierten», um sie auf 50 und mehr zu beschleunigen. Selbst völlig unbegabt für einen solchen mechanischen Eingriff, begab ich mich frohgemut zu Meister Bisang. Er blickte mich in einer Mischung aus Mitleid und Entrüstung an: «Vergiss es», beschied er mir. Mit der Polizei wolle er nichts zu tun haben. Das «Töffli» lief zeitlebens nicht mehr als 30.
Das Töffli erfüllte seinen Zweck. Doch nach dem 18. Geburtstag lockte die Autoprüfung. Die ordentlichen Fahrstunden absolvierte ich bei Fahrlehrer Alfred Limacher. Die aufschlussreichsten wie aufregendsten Lektionen erlebte ich mit Sepp Bisang, der es sich zur Aufgabe machte, aus dem unbedarften Autolehrling einen wenigstens akzeptablen Autofahrer heranzubilden. Das geschah nicht weniger als mit einer Rennmaschine: einem orangefarbenen BMW 2002 tii. In einem ersten Schritt demonstrierte Sepp die Leistungsfähigkeit dieses Gefährts, indem er, vorsichtig ausgedrückt, sehr zügig und mit Zwischengas pfeifend die Kurven befuhr, was mich sowohl beeindruckte wie verunsicherte. In einem zweiten Schritt liess mich Sepp ans Steuer – ohne zuvor mahnend und eindringlich zu bemerken, dass die Verkehrsregeln für alle gelten und vorsichtig fahren vor allem für Junglenker ein Gebot der Stunde sei – was ich erleichtert befolgte. Trotz, aber vor allem dank Sepp Bisang bestand ich die Autoprüfung im ersten Anlauf.
Zu einem Auto reichten die finanziellen Mittel damals nicht. Aber was fand ich da in der Rubrik «Verkaufen» im Zuger Amtsblatt: eine Vespa zum verlockenden Preis von 80 Franken! Ich erwarb sie mit grosser Vorfreude. Bloss lief sie nicht wie erwartet, eigentlich gar nicht. Meister Bisang musste her. Er besah sich das Vehikel und seine Mine, von Besorgnis zur Verärgerung wechselnd, verhiess nichts Gutes. Er seufzte und versprach mir, das Beste daraus zu machen. Eine Woche später stand die Vespa vor Bisangs Garage – quasi neu gebaut, zu einem absoluten Freundschaftspreis. Auch das war Josef Bisang.
Das Glück mit der roten Vespa hielt leider nicht lange. Diebe holten sich den schmucken Töff. Ein paar Wochen später entdeckten ihn Fussgänger in einem Bachtobel auf dem Zugerberg – umgespritzt und zu Schrott gefahren. Die Diebe waren dumm genug, einen Brief mit Adresse im seitlichen Ablagefach zu hinterlassen: zwei Schüler des Instituts Montana. Sie wurden zur Rechenschaft gezogen, aber die finanziellen Forderungen «auf den Zivilweg verwiesen». Als ich Sepp Bisang davon erzählte, packte ihn der heilige Zorn über diese Nichtsnutze. Er schrieb dem Vater eines Schülers einen derart geharnischten Brief, dass dieser, ein hoher Beamter in Bern, ohne Widerrede die von Bisang verlangte Summe beglich. «Wenigstens haben wir ein gutes Geschäft gemacht», grinste er. Das gute Geschäft habe ich gemacht, eine Entschädigung lehnte Sepp Bisang strikte ab.
Die Ära Vespa war damit Geschichte, aber ein paar Jahre später musste ein Auto her. Er hätte da eine schöne Karosse in Arbeit, lockte mich Josef Bisang. Ich staunte nicht schlecht, als er mir einen bordeauxroten Renault 6TL älteren Jahrgangs präsentierte. Verglichen mit einem BMW ein armseliges Fahrzeug, aber praktisch und mit grösserem Kofferraum als die Basisversion R4. Die Restaurierung von Fahrzeugen war eine weitere Spezialität von Josef Bisang: Er kaufte gebrauchte (Unfall)-Autos und richtete sie in vielen Bereichen selbst her. Dazu gehörte unter anderem das Schweissen von rostigen Unterböden und natürlich die Instandstellung der gebeutelten Motoren. Der 6TL lief tadellos, rostete nicht und unternahm mit seinem Besitzer etliche Reisen ins Ausland.
Einzelnachweise
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.; Steiner, Adolf A., Sonne-Vre – Barbierin, Krämerin und Wirtin, in: Zuger Kalender 1989, S. 62f.
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1929–1960), 2. Band
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Zuger Zeitung, 21.10.1960
- ↑ Feuerwehr Cham, Archiv
- ↑ Werder, Charly, Chomereien, o.D., o.S.
- ↑ Freundliche Mitteilung von Thomas Gretener, Cham, 18.11.2023