Stehli-Brun/-Bertschi Heinrich (1891–1978)

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Portrait von Stehli-Brun -Bertschi Heinrich (1891–1978)
Portrait von Stehli-Brun/-Bertschi Heinrich (1891–1978)

Vorname: Heinrich
Nachname: Stehli-Brun
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 24. September 1891
Geburt­sort: Mühlau AG
Todes­datum: 15. November 1978
Todes­ort: Horw LU
Beruf: Uhrmacher, Musiker

Heinrich Stehli-Brun/-Bertschi war ein Uhrmacher und Heiler in Cham, der erblindete. Er war überdies der Grossvater des bekannten Politologen Claude Longchamp.



Trauschein von Anna und Heinrich Stehli-Brun
Stehlis Niederlassungsbewilligung für Cham
Inserat Wappenring in der Zugersee-Zeitung, 1951


Stationen

1891 Heinrich Stehli wird am 24. September als erstes von vier Kindern des Ehepaars Alois und Elisabeth Stehli-Winiger, Uhrmacher, in Mühlau AG geboren, wo er die Primarschule besucht. [1]

1906 Stehli besucht die Bezirksschule in Sins, wo er als Musterschüler mit Auszeichnung brilliert. Besonders begabt er in den Fächern Zeichnen und Musik.

1907 Obwohl sein Berufswunsch Elektriker ist, absolviert Stehli Lehre als Uhrmacher im väterlichen Betrieb in Mühlau.

1910 Weil Stehli ohne Schutzschild schweisst, erleidet er eine erste Augenentzündung.

1912 Nach Abschluss der Lehre findet Stehli eine Anstellung als Uhrmacher am Rennweg in Zürich.

1917 Stehli ist der erste Dirigent der Musikgesellschaft Mühlau. [2]

1921 In Mühlau heiratet Stehli Anna Brun (1895–1948) von Merenschwand AG. [3] Sie haben vier Kinder: Anna (*1923), Alois-Artur (*1927), Maria (*1929) und Klara (*1930).

1924 Die junge Familie Stehli-Brun zieht nach Cham um. Sie finden Wohnung und Ladenlokal an der Sinserstrasse 12 bei Küfer Karl Joseph Werder (1872–1940). [4] Stehli eröffnet dort sein Uhrengeschäft, das sich in Konkurrenz zu Uhrmacher Schmidle an der Luzernerstrasse stellt. Stehli integriert sich, er spielt Theater bei der Theatergesellschaft Cham und Tuba bei der Musikgesellschaft Cham und privat auch Gitarre.

1927 Nach einer missglückten Operation (grüner Star) erblindet Stehli am linken Auge.

1933 Die Erblindung schreitet unaufhörlich voran. Stehli versucht es mit alternativen Heilmethoden und studiert dazu die Schriften des Magnetopathen Dr. Franz Anton Mesmer (1734–1815) – leider ohne Erfolg.

1937 Wegen einer Blutung am rechten Auge erblindet Heinrich Stehli vollständig. Immerhin erreicht er eine Heilung von heftigen Kopfschmerzen, die ihn jahrelang geplagt hatten. Seine Frau Anna führt das Uhrengeschäft weiter und erlernt unter Anleitung des erblindeten Gatten, Wecker zu reparieren.

1938 Heinrich Stehli findet sich mit seiner Erblindung ab, lernt die Brailleschrift für Blinde und Sehbehinderte, macht lange Wanderungen auf dem Zugerberg und besucht Kurse im Blindenheim in Horw LU.

1940 Stehli erspürt die Fähigkeit Gedanken zu lesen, schreibt Gedichte, macht Fahrten mit dem Tandem und pflegt rege Kontakte zu anderen Sehbehinderten, die sich mit ihrem Schicksal nicht so gut zurecht finden.

1944 Um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern, geht Stehli mit Haushaltsartikeln von Tür zu Tür, oft in Begleitung eines seiner Kinder. Zudem beginnt er vermehrt Homöopathie zu praktizieren und spürt, auch bei unbekannten Personen, ob sie an krankhaften Entzündungen leiden.

1946 Sohn Artur arbeitet zu Hause, hilft dem Vater und übernimmt das Uhrengeschäft.

1948 Ein weiterer Schicksalsschlag: Stehlis Ehefrau Anna stirbt im Alter von 53 Jahren.

1950 Stehli arbeitet erstmals mit einem Blindenhund.

1951 Sohn Artur verkauft das Uhrengeschäft an den Goldschmied Anton «Tony» Enzler. Heinrich Stehli heiratet in zweiter Ehe Anna Bertschi (*1895) und wohnt nun im Quartier Enikon. Er entdeckt seine Fähigkeit zu heilen, als er das entzündete Knie seiner Frau massiert. Er kann die Entzündung in seine Hände leiten und diese nachher ausschütteln.

1953 Heinrich Stehli nutzt seine heilerischen Kräfte: Er arbeitet zu Hause, aber auch bei Patienten als Heiler. Selbst Ärzte schicken Leute zu ihm für Heilung von Entzündungen, Kniemassagen, Behandlung von Warzen, Magengeschwüren etc.

1960 Studenten führen als Ferienarbeit Heinrich Stehli zu dankbaren Kunden. Er hat mehr und mehr Heilungserfolge. Leute aus der halben Schweiz suchen bei ihm Hilfe.

1970 Stehli, bereits 79-jährig, zieht von Cham in das Blindenheim Horw und wirkt dort weiterhin als Heiler.

1978 Heinrich Stehli stirbt am 15. November im Alter von knapp 87 Jahren in Horw LU.


Berühmter Enkel

Klara, die Tochter von Anna und Heinrich Stehli-Brun, heiratete einen Herrn Longchamp. Deren Sohn Claude (*1957) machte als Politikwissenschafter Karriere und ist mit seinen Politikanalysen drei Jahrzehnte lang in den Medien sehr präsent.


Einzelnachweise

  1. Alle Angaben basieren auf Aufzeichnungen von Artur Stehli und von Claire Longchamp-Stehli, freundlicherweise zusammengetragen und verschriftlicht von August Sidler im Mai 2018
  2. Zuger Zeitung, 20.04.2017
  3. Kirchlicher Trauschein, Mühlau, 14.06.1921
  4. Niederlassungs-Bewilligung für die Gemeinde Cham, 28.07.1924