Schloss St. Andreas: im Besitz der Familie Landtwing

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1747 kauft der Zuger Franz Fidel Landtwing das Schloss St. Andreas. Da er kinderlos ist, überträgt er sein ganzes Vermögen und das Schloss St. Andreas in ein Fideikommiss, um den Familienbesitz unveräusserlich zu machen und zu erhalten. 1798 nutzen französische Truppen das Schloss als Pferdestallung und Gefängnis. 1894 wird es an den Luzerner Architekten Heinrich von Segesser vermietet, mit der Auflage, das baufällige Schloss wieder bewohnbar zu machen.

Chronologie

1747 Franz Fidel Landtwing (1714–1782), Zuger Kartograf und Oberstleutnant, kehrt aus französischen Diensten zurück und übernimmt von seinem Schwager Kolin St. Andreas für 3000 Gulden. [1] Landtwing lässt den Burgwall ausplanieren und den Burggraben aufschütten. [2] Mit dem Kupferstecher Jakob Joseph Clausner (1744–1797) zeichnet Landtwing die ersten exakten Karten von verschiedenen Gebieten des Kantons Zug, u.a. auch einen Plan des Schlosses und seiner Umgebung.

1775 Der Zuger Stadtrat erlaubt Franz Fidel Landtwing für das Landtwingische Geschlecht ein Fideikommiss zu errichten. [3] Landtwing überträgt sein ganzes Vermögen von rund 50'000 Gulden und auch das Schloss St. Andreas in dieses Fideikommiss, um den Familienbesitz unveräusserlich zu machen und zu erhalten. Die Stiftung enthält das Vermögen der Familie, das immer nur auf ein Familienmitglied allein, den Fideikommissär, übergeht. [4]


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«Vue du Chateau de Saint André, sur le lac du Zoug» Kolorierter Stich des Schlosses St. Andreas, 1780


1798 Französische Truppen besetzen das Schloss und richten eine Pferdestallungen im Erd- und ein Gefangenenlager im Obergeschoss ein. Das Schloss wird beschädigt und zerfällt. [5]

um 1830 Das Schloss (Ass.-Nr. 18a) gehört Landeshauptmann Franz Leonz Bonaventura Landtwing (1751–1839) in Zug. Weiter gehören Landtwing ein «Scheuerlein beym Schloss» (Ass.-Nr. 18b), ein weiteres Wohnhaus mit Scheune (Ass.-Nr. 18c) und eine Scheune auf der Städtler Allmend (Ass.-Nr. 18d). [6]

1839 Josef Anton Klemens Landtwing (1787–1853) übernimmt nach dem Tod seines Vaters das Schloss und wohnt während den Sommermonaten dort. [7] Er wohnt im Schloss zusammen mit einer Magd, einem Bediensteten und einer Köchin. Für den Unterhalt der gesamten Liegenschaft und die Nutzung der mit dem Schloss verbundenen Gemeindegerechtigkeiten ist ein Landwirt zuständig, der unter anderem die Schlossmatt und das darauf befindliche Lehenshaus pachtet. [8]


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Cham mit der ersten Pfarrkirche und St. Andreas. Originalgemälde von unbekanntem Maler des 18. Jahrhunderts.


1853 Nach dem Tod von Josef Anton Klemens Landtwing wird Michael Landtwing (1818–1881) als neuer Fideikommissbesitzer bestätigt. [9]

1875 Die Familie Page-Schwerzmann scheint sich für den Erwerb des Schlosses zu interessieren. Durch Strohmänner – Regierungsrat Jakob Hildebrand (1833–1885) und Friedrich Fisch-Hagenbuch (1817–1887) aus Brugg AG – lassen die Brüder George (1836–1899) und David Page (1844–1903) Liegenschaften v.a. auch der Westseite des Schlosses aufkaufen: Die Sust samt Schiffhütten, das zugehörige Storchenhaus und das an die Sust angrenzende, Taubenhaus genannte Wohnhaus. 1885 gehen diese Liegenschaften offiziell in den Besitz von David Page über.


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St. Andreas, Schloss, Kapelle, Aquarell von Max Vogel, 1883

1881 Michael Landtwing stirbt. Sein Nachfolger wird Karl Josef Blasius Landtwing (1844–1882), der aber bis zu seinem Tod nur ein Jahr als Fideikommissbesitzer walten kann. [10]

1882 Das Fideikommiss und damit das Schloss St. Andreas geht an Arnold Gustav Landtwing (1871–1935) über. Er besitzt eine runde, festungsartige Bastion, die aber verwahrlost ist («in einem erbärmlichen Zustande» [11]). Teile der Gebäulichkeiten sind offen und frei zugänglich. Zwei grössere Säle werden in den 1880er-Jahren zur öffentlichen Benutzung hergerichtet: Im einen Saal können die Reformierten ihre Gottesdienste abhalten, im anderen unterrichtet Kaplan Karl Josef Langenegger (1842–1892) seine Sekundarschulklassen. [12]

1894 Das Schloss wird vom landtwingschen Fideikommiss für zehn Jahre an den Luzernener Architekten und Oberstdivisionär Heinrich Viktor von Segesser (1843–1900), vermietet. Er ist einer der bedeutendsten Architekten des Historismus. [13] Segesser lebt zusammen mit seiner Frau Margaretha, geborene Crivelli (1843–1910), einer begabten Malerin, auf St. Andreas. [14] Mit diesem Mietverhältnis ist die Auflage verbunden, am baufälligen Schloss bauliche Verbesserungen vorzunehmen. [15]

1900 Heinrich Viktor von Segesser stirbt am 28. November auf Schloss St. Andreas. Seine Witwe Margaretha und der gemeine Sohn Hans Albrecht (1877–1935) leben aber weiter im Schloss. [16]


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St. Andreas, undatierte Aufnahme, wohl zwischen 1907 und 1920


Das Landtwingsche Fideikommiss

In einem Bericht in der Neuen Zuger Zeitung von 1853 wird die Landtwingsche Fideikommisson beschrieben: Das Fideikommiss ist «1775 durch Rathsherrn und Landeshauptmann Johann Franz Fidel Landtwing, St. Ludwigs-Ritter und gewesenem Oberstlieutenant in französischen Diensten, mit einem Fond von 50 000 Gulden (inbegriffen der Wohnsitz und Hof in Zug und das Schloß St. Andreas bei Cham) zur Ehre und Aufnahme des ganzen Landtwing'schen Geschlechtes, wie auch zum Nutzen und Vortheil der bürgerlichen Geschlechter der Stadt Zug gestiftet und vom Stadt- und Amt-Rath besiegelt worden. Der Stifter hatte den wohlgemeinten Zweck, edeldenkende, kluge und tugendhafte Bürger, namentlich Militärs und Staatsmänner zu bilden und zu unterhalten, welche ihrem Geschlecht und dem Vaterland Ehre und Nutzen verschaffen können; daher verordnete er, daß der jeweilige Besitzer dieses Fideicomisses die politischen, militärischen und kammeralistischen Wissenschaften gründlich erlernen und fleißigst denselben obliegen soll, — so daß kein Besitzer in dasselbe eingesetzt werden dürfe, ehe und zuvor in solcher angelobt, sich der benannten Wissenschaften, wenn er noch nicht im Besitz derselben ist, fähig zu machen. Dem jeweiligen Besitzer steht das Recht zu, einen beliebigen Nachfolger aus dem Landtwing'schen Geschlecht ohne Rücksicht der Verwandtschaft zu ernennen. Er soll aber diesfalls einzig und allein auf die Verdienste, Fähigkeit und gute Aufführung sehen und nur ein mit den erforderlichen Eigenschaften versehenes Subjekt wählen. Der Nominationsakt bleibt bis zum dreißigsten Tag des verstorbenen Besitzers verschlossen in der Fideicommiskiste und wird dann in Gegenwart der 4 Landtwing'schen Kuratoren geöffnet.» [17]

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Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Zug, P 26.23 (Kaufvertrag)
  2. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 39. Boschetti-Maradi, Adriano / Holzer, Peter / Meier, Gabi, Cham, St. Andreas 1, Schloss St. Andreas: Bauuntersuchung, Ausgrabung, Umbau und Restaurierung, in: Tugium 28, 2012, S. 32
  3. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.33.855, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1773–1779, S. 122 (20.05.1775)
  4. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 37. Neue Zuger Zeitung, 19.02.1853
  5. Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 37
  6. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868). Zuger Nachrichten, 13.06.1899
  7. Neue Zuger Zeitung, 19.02.1853
  8. Glauser, Thomas, Der Adlige, der Söldner, die Wohltäterin. St. Andreas und seine Besitzer, in: Zug Erkunden – Bildessays und historische Beiträge zu 16 Zuger Schauplätzen, Jubiläumsband Zug 650 eidgenössisch, Zug 2002, S. 83
  9. Neue Zuger Zeitung, 19.03.1853
  10. Zuger Nachrichten, 13.06.1899
  11. Zuger Volksblatt, 09.07.1881
  12. Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Bd. 2, Cham 1962, S. 193f.
  13. Zuger Volksblatt, 13.10.1894
  14. Neue Zürcher Zeitung, 01.08.1910
  15. Vgl. Anmerkung 8 (Glauser), S. 83
  16. Zuger Nachrichten, 29.11.1900. Zuger Nachrichten, 01.12.1900
  17. Neue Zuger Zeitung, 19.02.1853