Schützenhaus Kirchbüel

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1693 trennen sich die Hünenberger und die Chamer Schützen im Streit. Vier Jahre später bauen die Chamer auf der Kirchbüeler Allmend ein eigenes Schützenhaus. Das Schützenhaus erfüllt während fast 170 Jahren seinen Zweck, bis es 1865 einem weiter westlich in Enikon gelegenen Neubau weichen muss.


Chronologie

1609 Der Zuger Stadtrat verspricht den Schützen von Cham und Gangolfswil (Risch) eine Gabe, die aber erst nach dem Bau einer Schiesshütte ausgerichtet werden soll. Ebenso sollen die Schützen eine eigene Ordnung erhalten. [1]

1611 In diesem Jahr beginnen die Schützen wahrscheinlich mit dem Bau. Der Zuger Stadtrat schenkt den Chamer Schützen zwei Eichen. Der Standort des damaligen Schützenhauses ist nicht bekannt. [2]

1630 Die Ordnung der Chamer und Hünenberger Schützen wird erneuert. [3] Die Hünenberger erhalten vom Stadtrat 6 Gulden als Schützengabe, die Gemeinde im Städtli, die Lindenchamer und die Niederwiler je 2 Gulden und die Leute von Enikon, vom Kirchbüel, von Friesencham, von Rumetik und von Oberwil je einen Gulden. [4]

1685/1686 Die Chamer und Hünenberger Schützen gelangen an den Zuger Stadtrat. Sie wollen auf der Allmend in Hünenberg (gegenüber dem Gesellenhaus in der Wart) ein neues Schützenhaus bauen. Der Rat schenkt ihnen acht Malter Kalk. Alle Gemeinden von Cham (Städtli, Kirchbüel, Lindencham, Niederwil etc.) und Hünenberg sollen so viel Holz geben, wie es ihnen möglich ist. [5] 1686 wird das Schützenhaus gebaut. [6]

1693/1694 Zwischen den Chamer und Hünenberger Schützen entsteht ein heftiger Streit (über die genauen Umstände erfährt man in den Schriftquellen nichts). Ein Ausschuss aus allen Gemeinden der Vogtei Cham tritt vor den Zuger Stadtrat und verlangt bezüglich des Schiessens von den Hünenbergern separiert zu werden. Sie hätten in Hünenberg allerhand Widerwärtigkeiten erfahren müssen. Man wolle künftig die den Chamern gehörenden Schützengaben in einem Chamer Schützenhaus herausschiessen. Der Stadtrat billigt das Gesuch. Die Chamer und Hünenberger Schützen trennen sich, gründen 1694 eigene Schützengesellschaften und erhalten vom Zuger Stadtrat separat je eine gleich grosse Gabe. [7] Wegen des gemeinsam erbauten Schützenhauses in der Wart wird ein Vergleich ausgehandelt: Die Hünenberger zahlen den Chamern eine Abgeltung von 30 Gulden und 2 Talern. Der Stadtrat billigt den Vergleich. In Cham soll ein eigenes Schützenhaus gebaut werden. [8]

1695 Die Chamer wollen ihr Schützenhaus am westlichen Dorfrand auf der Allmend der Kirchbüeler und nördlich der heutigen Hünenbergerstrasse bauen. Der Zuger Stadtrat genehmigt den Bau und gewährt für das Dach 1000 Ziegel. [9]

1770/1773 Auf der Vogteienkarte von Franz Fidel Landtwing (1714–1782) und Jakob Joseph Clausner (1744–1797), der ersten exakt gezeichneten Karte mit Teilen des Kantons Zug, ist das Schützenhaus eingetragen.

1797 Am Vorabend der Helvetischen Revolution scheren sich die Chamer Untertanen offenbar nicht mehr um die von Zuger Obrigkeit auferlegten, althergebrachten Traditionen: Die Schützen berufen in der Pfarrkirche St. Jakob eigenmächtig eine Gemeindeversammlung ein, ohne den Zuger Stadtrat zu orientieren. Man beschliesst den Bau eines zweiten Schützenhauses im Gericht Cham, und zwar beim Wirtshaus in Rumetik. Der Zuger Stadtrat ist empört ob dieser Dreistigkeit. Er verbietet den Bau als eine überaus schädliche Sache strengstens. Die Initianten, die für die eigenmächtige und unerlaubte Einberufung der Gemeindeversammlung verantwortlich sind, werden vor den Rat zitiert.

Eine Woche später erscheinen Sigrist Villiger, Schützenmeister Michael Suter und Heinrich Wiss von Hatwil, die Initianten der besagten Schützengemeindeversammlung, im Zuger Rathaus. Alle drei entschuldigen sich: Die Schützen seien anlässlich der Rechnungsablage respektive beim Ausschiessen einstimmig der Meinung gewesen, eine Gemeindeversammlung abzuhalten. Aufrührerische oder eigenmächtige Gesinnungen hätten sie keine gehabt. Der Stadtrat ermahnt die Geladenen, in Zukunft solche Ruhestörungen zu unterlassen und keinerlei Neuerungen vorzunehmen. Bei der Jahrrechnung im Zisterzienserinnenkloster Frauenthal will man Äbtissin Maria Agatha Herzog (1723–1806) auffordern, das Viertel Kernen, das früher in Cham, seit einiger Zeit aber auf einer Kehrscheibe bei Rumetik verschossen werde, nur noch im rechtmässigen Chamer Schützenhaus herausschiessen zu lassen, damit es zu keinem Aufruhr mehr kommt. [10]

1808 Schützenmeister Xaver Bütler und der Jakob Baumgartner (gest. 1812), Wirt im «Raben», werben in der «Zürcherischen Freitagszeitung» für «ein dreyfaches Ehr- und Freyschiessent auf dem am Zugersee eine kleine Stunde von Zug gelegenen Schüzenplaz» vom 25. bis zum 29. Juli. [11]

1822 Auf der «Carte der Gemeinde Chaam» von Johann Kaspar Moos (1774–1835) ist das «Schüzenhaus» am Kirchweg nach Hünenberg (etwa im Bereich der heutigen Einmündung des Allmendwegs) eingezeichnet.

1835 Baumeister Johann Keusch (1786–1865) von Boswil AG legt einen Plan und Kostenvorschlag für einen Neubau vor. [12]

1850 In «ihrem wohlgelegenen Schützenhaus» laden die Chamer fremde und einheimische Schützen am 11. September zu einem «Grümpelschiessen» [13] ein. [14]

1865 Die alte Anlage wird durch ein neues Schützenhaus etwas weiter westlich bei Enikon mit acht Scheiben und einer Schussweite von 240 Metern ersetzt. [15]

2017 324 Jahre nach der Trennung im Streit kommt es im Jahr 2017 zur Wiedervereinigung zwischen den Chamer und Hünenberger Schützen. Mit der Integration der 1694 gegründeten Schützengesellschaft Hünenberg sind alle Schützen im Ennetsee neu unter dem Dach des 2007 gegründeten Schiesssportverein Cham-Ennetsee organisiert.


Der Bau des Schützenhauses – Auszug aus dem Gründungsprotokoll der Standschützen Cham 1694

«Allso hat ein ehrente gesellschafft deß löblichen gerichts Chaam erlaubniß bekomen, das sie wo eß füöglich möge sein, ein platz erwällen daß schützenhauß darauf zu setzen. Doch ohne schadten und nachteil anderen umligenten güötheren und straßen. Hiemit ist eß entlich ernamset und bestelt worden, der platz auf der Chaamer allmendt, Kirchbüöller gemeints gerechtigkeit und jn dem Jahr 1695 daß schützenhauß aufgerichtet worden, und in dem selben sommer das schießen dieser ehrenten gesellschafft angefangen worden.» [16]


Karten

1822 Plan von Cham ADA.jpg

Karte von 1822 von Johann Kaspar Moos (1774–1835) mit dem Standort des Schützenhauses am Hünenberger Kirchweg


Einzelnachweise

  1. «Die khamer und gangoldtschwiller begerendt zu schiessen ein gab. Jst inen bewiliget. Die ordilantz und gab, nach dem sÿ ein schieshüten uffgricht, gäben.» Bürgerarchiv Zug, A 39.4.7.287, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1586–1612, fol. 29r (22.08.1609). Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 4, S. 263f.
  2. Bürgerarchiv Zug, A 39.4.7.425, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1586–1612, fol. 43v (30.04.1611)
  3. Staatsarchiv Zug, Hypothekenbücher, Bd. 21, fol. 75v
  4. Vgl. Anmerkung 1 (Dittli), Bd. 4, S. 263
  5. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.7.216, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1685–1688, fol. 20v (07.07.1685)
  6. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 323
  7. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.9.661, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1692–1696, fol. 64r (17.10.1693). Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Bd. 2, Cham 1962, S. 263
  8. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.9.666, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1692–1696, fol. 64v (17.10.1693)
  9. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.9.1203, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1692–1696, fol. 121v (01.07.1695), A 39.26.9.1214, fol. 122v (09.07.1695). Vgl. Anmerkung 6 (Grünenfelder), S. 111
  10. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.37.845, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1796–1798, fol. 149v (16.12.1797), A 39.26.37.859, fol. 151v (23.12.1797)
  11. Zürcherische Freitagszeitung, 08.07.1818
  12. Vgl. Anmerkung 6 (Grünenfelder), S. 111
  13. Ein «Grümpelschiessen» ist ein kleines Schützenfest, bei dem um allerlei zusammengebettelte, auch von den Schützen beigesteuerte kleine, wenig wertvolle Gegenstände geschossen wird. Schweizerisches Idiotikon, Bd. 8, S. 1444, G(e)rümpelschiesset, G(e)rümpelschiesseⁿ 
  14. Neue Zuger Zeitung, 24.08.1850
  15. Vgl. Anmerkung 7 (Gruber et al.), S. 264
  16. Das Original des Protokolls gilt seit 1994 als verschollen. Abbildung der Abschrift in Merz, Anna, Jubiläumschronik. 400 Jahre Schiesssportverein Cham-Ennetsee 1612–2012, Zug 2012, S. 37