Hünenbergerstrasse 70
Der im 15. Jahrhundert fassbare Bauernhof mit dem wohlproportionierten, denkmalgeschützten Bauernhaus liegt direkt am alten Kirchweg von Hünenberg und St. Wolfgang zur Chamer Pfarrkirche St. Jakob. Von 1413 bis 1867 war der Hof im Besitz des Zisterzienserinnenklosters Frauenthal, seit 1867 gehört er der Familie Grob.
Chronologie
1413 Das Zisterzienserinnenkloster Frauenthal erwirbt in Enikon den Hof und gibt diesen den ansässigen Bauern als Lehen aus. [1] Der Hof wird im 17. und 18. Jahrhundert in verschiedenen Quellen «Leehof» genannt. Die Lehensleute sind in dieser Zeit meist Vertreter der Familie Meyer. [2]
Frühes 18. Jahrhundert Das heute bestehende Wohnhaus wird unter Äbtissin Maria Verena Mattmann (1650–1726) in der für das Ennetseegebiet seltenen Blockbauweise erstellt. [3]
1813 Das Hofensemble besteht aus einem Wohnhaus (Ass.-Nr. 138a), einer Scheune (Ass.-Nr. 138b) und einem Dörrofen mit Waschhaus (Ass.-Nr. 138c). [4]
1820 Im frühen 19. Jahrhundert ist Josef Luthiger der Lehensmann. [5] In der Kommunikantenzählung werden im Haushalt von Luthiger vier Kommunikanten gezählt, dazu kommt vermutlich eine unbekannte Zahl von Nicht-Kommunikanten (Kinder).
1850 Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts erhält das Wohnhaus gegen die Hünenbergerstrasse hin neue, grössere Einzelfenster und Jalousieläden. [6]
1866 Mehrere Brandstifter legen im Kanton Zug in einem Jahr 25 Brände. Die Täter schlagen auch in Enikon zu: Am 16. August zerstört ein Brand die alte Scheune des Klosterhofs mit «außerordentlich vielen Heu- und Fruchtvorräthen». Der Feuer bricht im Heustock von Lehensmann Johann Luthiger aus. Die Bevölkerung ist verängstigt. [7] Nach dem Brand wird eine neue Scheune nach dem Plan des Zuger Baumeisters Leopold Garnin (1828–1904) erstellt. [8]
Liegenschaft Hünenbergerstrasse 70, Ansicht Ost (oberes Bild), Ansicht Weste (unteres Bild), undatiert (ca. 1900 – ca. 1920)
1867
Nach 454 Jahren lässt das Kloster Frauenthal unter Äbtissin Maria Gerarda Wickihalter (1803–1874) den Lehenhof in Cham versteigern. Neben Wohnhaus, Scheune, Waschhaus gehören eine Brenn- und Dörreinrichtung, Äcker, Wiesen, Streuerieder und etwa 40 Jucharten Wald zum Hof. [9] Der Chamer Ratsherr Josef Grob (1829–1904) ist der neue Besitzer. [10]
1909 Nach einem Erbgang übernimmt Bürgerschreiber Jakob Grob (1865–1915) den Klosterhof. [11]
1916 Nach dem Tod von Jakob Grob sind seine Frau Katharina (1883–1947), geborene Werder und Sohn Jakob (1911–1987) die neuen Besitzer. Das Wohnhaus (Ass.-Nr. 279a), die Scheune mit Trotte (Ass.-Nr. 279b) und das Waschhaus mit Wohnung (Ass.-Nr. 279c) erhalten neue Assekuranznummern. [12]
1931 Eine neue Scheune (Ass.-Nr. 279d) wird gebaut. [13]
1954 Jakob Grob ist der neue Besitzer. Er ist verheiratet mit Therese (1910–1979), geborene Boog, vom Löbernhof. [14]
Liegenschaft Hünenbergerstrasse 70, 1971
1967
Das alte Waschhaus wird durch eine Garage (Ass.-Nr. 279c) ersetzt. [15]
1974 Die alte Scheune (Ass.-Nr. 279b) wird abgebrochen. [16]
1983/1984 Die Liegenschaft erfährt eine Gesamtrestaurierung und wird unter kantonalen Denkmalschutz gestellt. Auf der Südseite wird eine unpassende Lukarne entfernt. Vor der Nordwestecke wird ein Sodbrunnen gefunden und aufgemauert. [17]
Liegenschaft Hünenbergerstrasse 70, 1995
1986
Die Scheune / Lagerraum erhält eine neue Assekuranznummer: 132b (an der Hünenbergerstrasse 47). [18]
2002 Unter der Leitung von Architekt Toni Käppeli aus Cham wird das Wohnhaus aussen renoviert. Die Jalousieläden werden ersetzt. [19]
2010–2015 Die Chlostermatt, also das Gebiet nordöstlich der Liegenschaft Hünenbergerstrasse 70, soll mit fünf viergeschossigen, abgewinkelten Mehrfamilienhäusern überbaut werden. Am 28. November 2010 stimmt die Chamer Stimmbevölkerung bei einer Stimmbeteiligung von 52.6 % mit 3351 Ja-Stimmen (69,11 %) zu 1'498 Nein-Stimmen (30,89 %) dem Bebauungsplan, der auch die Liegenschaft GS-Nr. 3148 mit dem Bauernhaus umfasst, deutlich zu. In den folgenden Jahren realisiert die Aula AG als Totalunternehmer nach Plänen der Albi Nussbaumer Architekten die Überbauung Chlostermatt mit 123 Eigentumswohnungen.
2017 Der Gemeinderat Cham spricht einen Beitrag von 722 Franken für die Auffrischung des Holzwerks am Sodbrunnen und im Eingangsbereich der Liegenschaft Hünenbergerstrasse 70. [20]
2024 Die Liegenschaft gehört der Erbengemeinschaft Jakob Grob. [21]
Liegenschaft Hünenbergerstrasse 70, Ansicht Ost, 22.03.2025
Beschreibung
Über einem hohen gemauerten Kellergeschoss wurde im frühen 18. Jahrhundert ein Blockbau mit symmetrisch angelegten Lauben an den Traufseiten des ersten Geschosses errichtet. Die Giebelfronten sind durch vier übereinanderIiegende Vordächer gegliedert. Das steile Dach ist mit Ziegeln eingedeckt. Das Haus besitzt einen klassischen Grundriss mit Quergang, Stube, Nebenstube, Küche und Küchenstube. Im Obergeschoss befinden sich vier Kammern.
Als ehemaliges Eigentum des Zisterzienserinnenklosters Frauenthal erhält das Wohnhaus auch eine hohe regionale Bedeutung im Kontext der Klostergeschichte. In seiner durch die Umbauten des 19. Jahrhunderts stark klassizistisch geprägten Gestalt ist das Haus dank seiner dominanten Lage an der Strasse nach Hünenberg auch stark ortsbildprägend. [22]
Bewohner und Bewohnerinnen
Historische Karte
Ausschnitt aus der Schweizerischen Landeskarte von Hermann Siegfried («Siegfriedkarte») von 1887
Aktueller Kartenausschnitt
Einzelnachweise
- ↑ Urkundenbuch von Stadt und Amt Zug vom Eintritt in den Bund bis zum Ausgang des Mittelalters 1352–1528, 2 Bde., Zug 1952–1964. UBZG I, Nr. 519. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 182. Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 1, S. 429
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Dittli), Bd. 1, S. 429, Bd. 3, S. 182
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 122, 182f.
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Grünenfelder), S. 520, Anm. 58
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Grünenfelder), S. 122, 182
- ↑ Zuger Volksblatt, 18.08.1866. Neue Zuger Zeitung, 18.08.1866
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1813–1868)
- ↑ Der Zugerbieter, 08.10.1867. Gruber, Eugen, Geschichte von Frauenthal, Zug, S. 282–285
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1930–1960), 2. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
- ↑ Amt für Denkmalpflege, Tätigkeitsberichte, in: Tugium 1, 1985, S. 35
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
- ↑ Frey, Georg / Höfliger, Erwin, Hünenbergerstrasse 70, Wohnhaus, in: Tugium 18, 2002, S. 32
- ↑ Gemeindeinfo, Informationen der Gemeinde Cham 70, Dezember 2017
- ↑ www.zugmap.ch, Eintrag Grundstücknummer 3148; Grundbuchfläche: 1266 m², Gebäude: 132 m²; übrige befestigte Fläche: 223 m²; Gartenanlage: 911 m² [Stand: 29.09.2024]
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventarblatt, Ass.-Nr. 3148 [Stand: 30.09.2024]