Dogwiler, Schmiede

Aus Chamapedia

Die ehemalige Schmiede an der Schmiedstrasse mit Esse, Blasbalg und Werkzeugen
Zwei verschiedene Welten: In den 1980er Jahren verkauft die Firma Soundequipment Hi-Fi-Geräte in der ehemaligen Schmiede mit der Esse aus dem Jahr 1871
Ausschnitt aus dem Chorgitter der Pfarrkirche St. Jakob Cham; eine Schmiedearbeit von Josef Gregor Dogwiler, 1918
Werkstatt von Wagner Zehnder (zweiter von links) an der Schmiedstrasse, undatiert (vor 1930)

Direkt neben der neuen Brücke und entlang der Lorze befand sich eine Art Gewerbezentrum: Die Familie Dogwiler hatte hier Schmiede, Fuhrhalterei, Wohnhaus, Magazin, Scheune, Kohlenlager und Garage auf engstem Raum zusammen. Geblieben ist der Name Schmiedstrasse, der an die Haupttätigkeit der Dogwiler erinnert.


Chronologie

1643 Ein Schneider namens Dogwiler («Dogweiler») wird in der Gemeinde Kirchbüel als Beisasse aufgenommen. [1]

1749 Johannes Dogwiler hat das Schmiedehandwerk erlernt und kauft die alte Nagelschmiede in Cham. [2] Zwanzig Jahre schmiedet Johannes (vgl. unten der «tobende» Dorfschmied) direkt neben der alten Bärenbrücke, an einer strategisch idealen Stelle, denn im 18. Jahrhundert zwängt sich der gesamte Verkehr durch Cham über die Schmiedstrasse (damals Schmiedgasse genannt).

1793 Die Söhne von Johannes Dogwiler übernehmen die väterliche Liegenschaft. [3]

1813 Die Dogwiler erstellen das repräsentative Wohn- und Zollhaus an der Schmiedstrasse 4 und daneben eine Schmiede. [4]

1854 Die neue Bärenbrücke schneidet die Familie Dogwiler etwas vom Verkehrsstrom ab.

1872 Gleich neben der neuen Bärenbrücke erstellen die Dogwiler das Wohnhaus an der Zugerstrasse mit einer eingebauten Schmiedewerkstatt. [5] Damit sind sie mit der Schmiede wieder direkt an der Verkehrsachse präsent. Die Schmiede betreibt Franz Josef Dogwiler (1839–1909), der auch als Schützenmeister von Cham fungiert. Das schmiedeiserne Balkon- und Treppengeländer der Liegenschaft ist eine kunstvolle Eigenproduktion und enthält die Initialen «F. D.» für Franz Dogwiler sowie die Symbole Hufeisen, Hammer und Zange als Zeichen der Schmiedekunst. [6]

1875/1876 Entlang der Lorze entstehen diverse Nebengebäude der Schmiede (Schmiedstrasse 3/5/7). An der Schmiedstrasse 3 wirkt Wagnermeister Alois Zehnder, der mit seiner Tätigkeit optimal die Dogwiler’sche Schmiede ergänzt.

1885 In der Familie Dogwiler übernehmen die Söhne Franz Josef (1864–1925) und Jakob Johannes (*1865) den väterlichen Betrieb, wobei sich Franz Josef um die Schmiede kümmert und Jakob um die Fuhrhalterei. Der dritte Sohn, Josef Gregor (1867–1930), ist Schmied, Schlosser und Eichmeister und übt den Beruf im väterlichen Geschäft aus, bis er 1894 die Kupferschmiede an der Sinserstrasse kauft und damit den Grundstein für die spätere Autogarage Dogwiler legt. Seine Spezialität sind eiserne Kochherde, aber auch handwerklich hervorragende Kunstschlosserarbeiten, die er zum Beispiel am alten Gemeindehaus, am Spritzenhaus, am Schulhaus Kirchbühl und am Asyl ausführt. Auch das Chorgitter in der Pfarrkirche St. Jakob von 1918 stammt von ihm. [7]

1891 Franz Josef Dogwiler-Sachs (1864–1925) besitzt die Liegenschaft (Ass.-Nr. 40a), ein Magazin (Ass.-Nr. 40b) sowie ein Maschinenmagazin (Ass.-Nr. 40c). [8]

1921 Silvan Weiss übernimmt am 12. Januar die Liegenschaft, aber schon gut vier Monate später, am 20. Mai, kauft sie Franz Josef Dogwiler wieder zurück. [9]

1926 Nach dem Tod von Franz Josef Dogwiler-Sachs ist seine Frau, Witwe Symphorosa (genannt «Rosa») Dogwiler-Sachs, die Besitzerin. [10]

1934 Rudolf König und seine Frau Marie, geborene Dogwiler, kaufen am 26. Februar die Schmiede. [11]

1943 Franz Abt-Keusch (1906–1979) übernimmt die Liegenschaft Schmiedstrasse 3 von Wagnermeister Alois Zehnder (1872–1967), der 1903 die Wagnerei von seinem gleichnamigen Vater übernommen hatte, und richtet dort seine Schreinerei ein.

1948 Im Hauptgebäude an der Zugerstrasse 5 führen Marie und Rudolf König-Dogwiler einen Laden für Kolonialwaren und einen für Raucherwaren sowie im 1948 neu erstellen Anbau das Tearoom «Mokafé».

1950 Das «Mokafé» feiert am 14. Dezember seine Eröffnung: «Sowohl das Aeussere wie das Innenräume präsentieren sehr vorteilhaft.» [12] Gertrud König führt den Betrieb.

1967 Die Liegenschaft geht nach einem Erbgang am 11. September am Irma und Gertrud König über. [13]

1974 Schreiner Franz Abt-Keusch, der bereits die Schmiedstrasse 3 besitzt, kauft auch noch die Strassenliegenschaft Zugerstrasse 5. [14]

1977 Franz Abt verkauft die Zugerstrasse 5 am 15. Dezember an Anita Baggenstos-Abt. [15]

1983 Nun besitzen Jakob und Anita Baggenstos-Abt die Liegenschaft. [16]

2013/2014 Nach gut 130 Jahren sind die Gebäude sanierungsbedürftig. Zudem wandeln sich die Ansprüche. Deshalb weichen die alten Gewerbebauten nun hochwertigen Wohnbauten. Seither bieten sieben Eigentumswohnungen und ebenso viele Reihenhäuser urbanes Wohnen mitten in Cham. Einzig der Name Schmiedstrasse erinnert an die frühere Tätigkeit an dieser Stelle. [17]


Der «tobende» Dorfschmied

Schmied Johannes Dogwiler gehört in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur dörflichen Oberschicht Chams. 1771 bestimmt ihn der Zuger Stadtrat zum Zoller bei der Bärenbrücke, wo er seine Schmiede betreibt. [18] Dogwiler ist eine überregional wichtige Persönlichkeit mit einem grossen Bekanntenkreis und mutmasslich immer über die neusten Ereignisse im Ennetsee informiert.

1787 gerät Dogwiler in Konflikt mit dem Obervogt Fidel Moos, dem Vertreter der Stadtzuger Obrigkeit in Cham. Zunächst kündigt Dogwiler missbräuchlich seinem Knecht, der sich an den Obervogt wendet. Dogwiler redet völlig respektlos, dass «der obervogt und der knecht ihmme können». Der Streit eskaliert, zudem ist Dogwiler verschuldet. [19] Dogwiler verliert seine Anstellung als Zoller und soll vom Harschier (Stadtwächter) wegen seines Herumtobens und wahnwitzigen Betragens nach Zug geführt und dort gezüchtigt werden. [20]

Ein Jahr später wird Johannes Dogwiler unter Vormundschaft gestellt. Jakob Hildebrand wird sein Vogt. Die Schmiede und das Heimwesen werden öffentlich versteigert, aber es geht kein Angebot ein, so dass die Liegenschaft Dogwiler's Söhnen überlassen wird, die aber für den Unterhalt des Vaters sorgen müssen. [21] Der Zuger Stadtrat entscheidet schliesslich 1790, dass Dogwiler verwahrt werden müsse. Bei der nächsten Klage will man den renitenten Dorfschmied ins «Taubhäuslein» – einem Arrest- und Gefängnisraum im städtischen Spital [22] – sperren oder dann sollen seine Verwandten in Cham einen Raum suchen, wo er eingesperrt werden kann. [23]


Einzelnachweise

  1. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.2.940, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1641–1650, fol. 79r (04.07.1643)
  2. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.28.1482, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1746–1750, fol. 160v (08.02.1749). Es ist unklar, ob es sich hier um die 1657 erstmals erwähnte Nagelschmiede beim Hammer handelt. Vgl. dazu Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 3, S. 380
  3. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.36.643, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1792–1795, fol. 68v (16.11.1793)
  4. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 135
  5. Vgl. Anmerkung 4 (Grünenfelder), S. 154
  6. Vgl. Anmerkung 6 (Steiner et al.), S. 171
  7. Vgl. Anmerkung 6 (Steiner et al.), S. 171
  8. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band. Die ehemaligen Assekuranznummern dieser drei Liegenschaften lauten: 27b, 27d, 27f
  9. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  10. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  11. Staatsarchiv Zug, G 617.6.4, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 1. Band
  12. Zugersee-Zeitung, 07.12.1950
  13. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
  14. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
  15. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
  16. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
  17. Boschetti-Maradi, Adriano / Bolli, Markus, Cham, Schmiedstrasse 3, 5 und 7 sowie Zugerstrasse 5, Wohn- und Gewerbehäuser (Kurzdokumentation vor Abbruch und Aushubüberwachung), in: Tugium 31, 2015, S. 39f.
  18. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.32.1948, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1768–1772, S. 309 (09.11.1771)
  19. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.34, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1780–1787, S. 378 (05.05.1787), S. 388 (16.06.1787)
  20. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.34.2421, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1780–1787, S. 422 (17.11.1787)
  21. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.35, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1788–1791, fol. 33v (27.11.1788), fol. 34r (05.12.1788)
  22. Vgl. Anmerkung 2 (Dittli), Bd. 5, S. 27
  23. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.35.925, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1788–1791, fol. 115v (05.06.1790)