Bossard-Schwerzmann Alois (1841–1912)

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Portrait von Bossard-Schwerzmann Alois (1841–1912)
Portrait von Bossard-Schwerzmann Alois (1841–1912)

Vorname: Alois
Nachname: Bossard-Schwerzmann
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 3. Mai 1841
Geburt­sort: Zug ZG
Todes­datum: 2. Februar 1912
Todes­ort: Kilchberg ZH
Beruf: Juristen
Amt: Kantonsrat
Religion: römisch-katholisch
Partei: Freisinnig-Demokratische Partei FDP

Alois Bossard-Schwerzmann war Rechtsanwalt, Direktor der Chamer Milchsüdi und Kantonsrat. Zuvor war er in Zug Stadtschreiber. Er residierte im «Cottage» an der Hünenbergerstrasse und galt als sehr streitbare und prozessfreudige Persönlichkeit.



Alois Bossard in jungen Jahren
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Elisabeth Antonia Schwerzmann (1848–1912), Ehefrau von Alois Bossard-Schwerzmann
Umschlag der zweiteiligen «Denkschrift über den Kriminal-Prozess» von Alois Bossard, 1870


Stationen

1841 Alois Bossard kommt am 3. Mai zur Welt. Er besucht die Schulen in Zug und tritt dann in das Speditions- und Inkassogeschäft von Louis Petitpierre in Neuenburg als Lehrling ein. [1] Seine Mutter gilt als verschroben, ist aber sehr wohlhabend. Sie schafft es, dass alle drei Söhne gute Ausbildungen erhalten. Ein Bruder von Alois wird Geistlicher und ist zuletzt Pfarrer in Horgen ZH. Der andere Bruder ist Johann, er wirkt als Hotelier und besitzt das Hotel Felsenegg auf dem Zugerberg. [2]

1861 Die Stadt Zug stellt ihn als zweiten Stadtschreiber und Generaleinzüger an (bis 1868). [3]

1867 Alois Bossard wird Korporationsrat in Zug (bis 1869). [4]

1868 Die Zuger wählen Alois Bossard in den Kantonsrat als Vertreter der Liberalen. Er tritt nach Vorwürfen, er habe Geld unterschlagen, noch im gleichen Jahr als Stadtschreiber und Kantonsrat zurück. [5]

1869–1871 Bossard wird der Prozess gemacht. Das Zuger Kriminalgericht verurteilt ihn zu 15 Jahren Zuchthaus. Bossard appelliert an das Obergericht: Dieses reduziert die Strafe auf sechs Jahre. Doch Bossard klagt weiter, er bezichtigt die Richter der Befangenheit und bekommt in diesem Punkt Recht. [6] Die Zeitung kommentiert: «Die zugerische Justiz hat ihre nicht ganz unverdiente Schlappe erhalten, die nicht mehr ganz abgewendet werden kann.» [7]

1880 Am 3. April heiratet der bald 39-jährige Bossard Elisabeth Antonia Schwerzmann (1848–1912), genannt Elise, die Schwester von Adelheid Page-Schwerzmann (1853–1925). [8] Allerdings erst nach dem Hinschied von Elises Mutter Agathe Schwerzmann (1816–1879), die keine Freude an der Verbindung ihrer Tochter mit dem verurteilten und prozessfreudigen Bossard hatte. [9]

Durch die Heirat wird Alois Bossard Schwager von George Ham Page (1836–1899), Generaldirektor der Anglo-Swiss Condensed Milk Company in Cham. Durch Pages Vermittlung wird Bossard trotz seiner juristischen Vorgeschichten Leiter der Anglo-Swiss-Niederlassung in Paris, in der Nähe der Gare St. Lazare. Bossard liebt Paris «über alles». [10]

1881 Sohn Alois (1881–1958) kommt zur Welt. Später folgen die Töchter Ada und Emma. [11]

1887 Nach knapp sieben Jahren kehrt das Ehepaar Elise und Alois Bossard-Schwerzmann aus Paris zurück. [12] Bossard übernimmt zuerst eine Direktorenstelle bei der Papierfabrik Landquart GR. Weil es nicht nach Wunsch läuft, quittiert er den Job und kehrt nach Cham zurück. Alois kommt in die Direktion der Anglo-Swiss in Cham. [13]

1889 Die Chamer wählen Alois Bossard in den Kantonsrat als Vertreter der Liberalen (bis 1894). [14] Dennoch findet er neben Politik und Beruf Zeit, um diverse Prozesse anzuzetteln: Er streitet mit Nachbarn wegen Wegrechten und mit der Regierung des Kantons Zug wegen Wasserrechten. [15]

1890 Weil Adelheid und George Ham Page nach Amerika umziehen, können Elise und Alois Bossard-Schwerzmann die herrschaftliche Villa «Cottage» an der Hünenbergerstrasse bewohnen. [16]

1899 Nach fünfjährigem Unterbruch wählen die Chamer Alois Bossard erneut in den Kantonsrat (bis 1906). [17] Im gleichen Jahr stirbt sein Schwager George Ham Page am 20. April bei Bossard zuhause im «Cottage». [18] Daraufhin wird Alois Bossard in den Verwaltungsrat der Anglo-Swiss Condensed Milk Company gewählt. [19] Er schlägt sich bei den einsetzenden Fusionsverhandlungen zwischen Anglo-Swiss und Nestlé auf die Seite der Fusionsbefürworter, zusammen mit Adelheid und Fred Page (1877–1930), den direkten Nachkommen von George Ham Page.

1901 Um ein Gleichgewicht zwischen Fusionsgegner und -freunden zu schaffen und um die Arbeit auf mehreren Schultern zu verteilen, wird die Generaldirektion von einem Trio besetzt: Adolf Gretener (1850–1924), Alois Bossard und Fred Page teilen sich die Verantwortung. [20]

1903 Bossards Schwägerin Adelheid Page-Schwerzmann kauft das Schloss St. Andreas. Alois Bossard hilft ihr nicht nur rechtlich, sondern auch tat- und schlagkräftig. Er liefert sich auf dem Vorplatz zum Schloss eine Schlägerei mit einem unbescholtenen Postboten. [21]

1905 Alois Bossard leitet erfolgreich die Gruppe der Aktionäre, die eine Fusion der Anglo-Swiss mit Nestlé befürworten. [22]

1908 Bossard tritt aus gesundheitlichen Gründen aus der Generaldirektion zurück, verbleibt aber im Verwaltungsrat der neu fusionierten Gesellschaft Nestlé & Anglo-Swiss und wirkt dort als ständiger Unruheherd. An der Generalversammlung 1908 stellt er sich öffentlich gegen den Verwaltungsrat. [23] Die «Neue Zürcher Zeitung» berichtet kritisch über Bossard: «Die in der Versammlung anwesenden Aktionäre hatten wohl alle den Eindruck, als ob Herr Bossard in einer gewissen krankhaft nervösen Gereiztheit spräche, die seiner schweren Krankheit, durch die er sich zum Rücktritte aus der Generaldirektion veranlasst sah, zuzuschreiben sein dürfte.» [24] Mit seinem geradezu unerhörten Antrag, eine Untersuchung gegen die Firma einzuleiten, scheitert Bossard. Er macht sich unglaubwürdig und schwächt damit den Einfluss der Familie Page, die er vertritt. [25]

1910 Auf Betreiben seiner Schwägerin Adelheid Page-Schwerzmann spendet Bossard 10'000 Franken für die Betriebskosten des geplanten und von Adelheid finanzierten Klinik Adelheid in Unterägeri. [26] Noch einmal wird Bossard im Wahlkreis Cham in den Kantonsrat gewählt. [27]

1912 Alois Bossard-Schwerzmann stirbt am 2. Februar in Kilchberg ZH. Seine Frau Elise Bossard-Schwerzmann war eine Woche zuvor verstorben.


Privates

Bossard «war ein grosser Freund der Geschichte, hielt eine bedeutende Bibliothek meistenteils geschichtlichen Inhalts und besuchte regelmässig die Jahresversammlungen des historischen Vereins der V Orte sowie die Sitzungen der Sektion Zug.» [28]


Würdigung

Alois Bossard soll ein scharfsinniger Rechtsanwalt gewesen sein, dem jedoch gelegentlich sein überbordendes Temperament im Wege stand. Er hatte keine Mühe, Gegner einzuschüchtern oder sie mit Klagen einzudecken. Seine Prozessfreudigkeit war sogar in der Familie legendär. [29] «Er war im Grunde ausserordentlich gütig, wohlmeinend und ein treuer und zuverlässiger Freund. Er war auch ausserordentlich gescheit und belesen.» [30] Doch seine Rechthaberei und Streitlust überdeckten diese unzweifelhaft guten Qualitäten.


Einzelnachweise

  1. Nekrologe der verstorbenen Mitglieder, in: Der Geschichtsfreund 67, 1912, S. XVIII–XXXIV, hier S. XIX
  2. Haab-Sidler, Frida, Erinnerungen, Mein Leben währte Jahre (undatiert), Reproduktion von Hajo Leutenegger 2016, S. 22
  3. Nekrologe der verstorbenen Mitglieder, in: Der Geschichtsfreund 67, 1912, S. XVIII–XXXIV, hier S. XIX
  4. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  5. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  6. St. Galler-Zeitung, 07.07.1871
  7. Zuger Volksblatt, 16.08.1871
  8. Zuger Volksblatt, 07.04.1880
  9. Orsouw, Michael van / Stadlin, Judith / Imboden, Monika, Adelheid, Frau ohne Grenzen. Das reiche Leben der Adelheid Page-Schwerzmann, Zürich 2003, S. 70
  10. Vgl. Anmerkung 2 (Haab-Sidler), S. 22
  11. Vgl. Anmerkung 2 (Haab-Sidler), S. 22
  12. Vgl. Anmerkung 9 (van Orsouw / Stadlin / Imboden), S. 106
  13. Vgl. Anmerkung 2 (Haab-Sidler), S. 22
  14. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  15. Vgl. Anmerkung 2 (Haab-Sidler), S. 23
  16. Vgl. Anmerkung 9 (van Orsouw / Stadlin / Imboden), S. 65
  17. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  18. Orsouw, Michael van / Stadlin, Judith / Imboden, Monika, George Page, Der Milchpionier. Die Anglo-Swiss Condensed Milk Company bis zur Fusion mit Nestlé, Vevey / Zürich 2005, S. 158
  19. Lüpold, Martin, Der Ausbau der «Festung Schweiz»: Aktienrecht und Corporate Governance in der Schweiz 1881–1961, Dissertation Universität Zürich, Zürich 2010, S. 147
  20. Vgl. Anmerkung 9 (van Orsouw / Stadlin / Imboden), S. 136
  21. Vgl. Anmerkung 9 (van Orsouw / Stadlin / Imboden), S. 146, 151
  22. Vgl. Anmerkung 19 (Lüpold), S. 148. Vgl. Anmerkung 18 (van Orsouw / Stadlin / Imboden), S. 174f.
  23. Vgl. Anmerkung 19 (Lüpold), S. 148
  24. Neue Zürcher Zeitung, 29.04.1908
  25. Vgl. Anmerkung 2 (Haab-Sidler), S. 23
  26. Vgl. Anmerkung 9 (van Orsouw / Stadlin / Imboden), S. 176
  27. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  28. Nekrologe der verstorbenen Mitglieder, in: Der Geschichtsfreund 67, 1912, S. XVIII–XXXIV, hier S. XIX
  29. Vgl. Anmerkung 9 (van Orsouw / Stadlin / Imboden), S. 151
  30. Vgl. Anmerkung 2 (Haab-Sidler), S. 23