Schmidle Erwin (1875–1952)

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Portrait von Schmidle Erwin (1875–1952)
Portrait von Erwin Schmidle (1875–1952)

Vorname: Erwin
Nachname: Schmidle-Baumgartner
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 30. September 1875
Geburt­sort: Laufenburg D
Todes­datum: 20. Mai 1952
Todes­ort: Zug (Zugersee)
Beruf: Uhrmacher

Erwin Schmidle war ein vielseitig begabte und in ganz Cham bekannte Persönlichkeit. In Süddeutschland geboren und aufgewachsen, führt er ab 1906 und fast ein halbes Jahrhundert lang ein Uhrmachergeschäft. Seine grosse Leidenschaft gilt dem Element Wasser und dem Zugersee, auf dem er in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einem Pionier des Segelsports wird.



Erwin Schmidle, auch ein Freizeitkapitän
Erwin Schmidle mit seiner Frau Anna auf dem Zugersee, undatiert (vor 1933)


Stationen

1875 Erwin Schmidle wird am 30. September im badischen Laufenburg als Sohn des Bürgermeisters geboren. Er wächst am und im Rhein auf, er «nahm bei der Flussflösserei und den Stromschnellen die Liebe zum Wasser, dessen Gefahren und seine Lust gleichsam ins Blut auf.» [1]

Die Berufslehre absolviert Schmidle in Bad Krozigen im Breisgau. Dann geht er auf Wanderschaft, die ihn auch nach Cham zu Uhrmacher Alberik Hotz an die Sinserstrasse 2 führt. [2] Weitere Stationen seiner Lehr- und Wanderjahre sind Laibach (Ljubliana), Kiel, Hamburg und Berlin. Seine Freizeit geniesst Schmidle jeweils auf dem Wasser. [3]

1902 Schmidle kauft von Uhrmacher Carl Römer (1868–1922) die Liegenschaft an der Luzernerstrasse 24. [4]

1905 Das «Uhren- und Bijouterie-Fachgeschäft an der Luzernerstrasse 24» feiert am 26. März die Eröffnung. Erwin Schmidle bietet «ein grosses Lager jeder Art und Qualität von Armband-, Taschen- und Zimmeruhren», ferner Gold- und Silberwaren, silberne und versilberte Tafelbestecke, Brillen und Fieberthermometer. Die Fachkompetenz von Uhrenmacher Schmidle spricht sich in Cham schnell herum. Die Schlossbewohner von St. Andreas schliessen mit dem ehemaligen Berliner Hofuhrmacher Schmidle, einem «Spezialisten für antike Zeitmesser», einen Wartungsvertrag ab, der eine wöchentliche Betreuung umfasst. [5]

1906 Mit Anna Baumgartner (gest. 1933) von der Wart in Hünenberg schliesst Erwin den Bund fürs Leben. Sie haben zwei Söhne (Erwin und Armin) und zwei Töchter Anita (1909–1997, später Anita Schuler-Schmidle) und Irma (1911–1993, später Irma Minnet-Schmidle). [6] Mit viel Fachwissen und Leidenschaft für den Beruf und gemeinsam mit Anna etabliert Schmidle erfolgreich sein Geschäft an der Luzernerstrasse. Im Quartier ist der Süddeutsche eine bekannte Respektsperson, offenbar auch bei der Jugend: Die «Kirchbühlbuben hatten damals vor dem Mann mit dem grossen Schnurrbart und dem durchdringenden Blick einen Heidenrespekt.» [7]

In seiner Freizeit segelt Erwin gerne auf dem Zugersee. Auch die Musik ist ihm wichtig: Er singt ein halbes Jahrhundert aktiv mit im Männerchor Cham. Zuhause in der Familie spielt er die Zither. [8]

1933 Erwins Frau Anna stirbt.

1947 Sohn Armin Schmidle-Distel (1916–2006), der jüngste Sohn, übernimmt die Liegenschaft und das Fachgeschäft für Uhren, Schmuck und Brillen. Der über 70-jährige Patron wirkt in der Reparaturwerkstätte aber noch tatkräftig mit. [9]

1952 Erwin Schmidle, mittlerweile 77 Jahre alt, unternimmt am 20. Mai mit einem Kollegen eine (letzte) Segelfahrt in Richtung Oberwil. Das Wetter ist gut. Es weht eine zügige Bise. Etwa auf der Höhe des Brügglis kommen starken Böen auf. Das Boot kentert und beide Segler fallen ins Wasser. Erwin Schmidle erleidet im See einen Herzinfarkt. Obwohl die Verunfallten rasch an Land und nach Cham gebracht werden, gelingt es den Ärzten nicht, Schmidle wieder zu beleben. [10]


Der erste Segler auf dem Zugersee

Bereits 1907 [11], nach einer anderer Quelle 1916 [12] kauft Schmidle von (Ex-)Erzherzog Leopold Wölfling (1868–1935), der in Oberwil bei Zug ein Ferienhaus am See besitzt, ein Segelboot. 1927 leistet er sich in der Werft von Hard am Bodensee eine Wanderjolle, die in der Folge liebevoll hegt und pflegt, ebenso wie seine Modelle von Meeressegelschiffen, an denen er in den Wintermonaten arbeitet. Die Wanderjolle wird von Installateur Gottfried Schweizer (1879–1957) und Posthalter Emil Pfister (1874–1944) mitfinanziert. [13]

Im Herbst 1942 gründet Schmidle mit anderen Segelbegeisterten in Zug die «Segler-Gilde-Zugersee» und wird gleich zu deren Obmann gewählt. Zur Ausfahrt treffen sich die Zuger Segelpioniere jeweils in Cham beim Dampfschiffsteg. Ein Jahr später gehen die Stadtzuger und Chamer dann getrennte Wege. Aus der Chamer Gruppe der «Segler-Gilde-Zugersee» entwickelt sich ein neuer Verein: Am 22. März 1947 wird im Restaurant Raben der «Segel-Club Cham» gegründet, mit gut 20 Aktiven und mit Erwin Schmidle als «Ehrenpräsident». [14]


Der Hobbymeteorologe

Erwin Schmidle ist auch ein präziser Beobachter. Er kennt den See sowie dessen Tier- und Pflanzenwelt sehr gut und erwirbt mit den Jahren ein sehr gutes Gespür für Wind und Wetter. Die Chamerinnen und Chamer holen bei ihm jeweils recht zuverlässige Wetterprognosen ab. [15]


Einzelnachweise

  1. Zuger Nachrichten, 26.05.1952
  2. Zuger Nachrichten, 26.05.1952
  3. Zugersee-Zeitung, 30.05.1952
  4. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band. Zugersee-Zeitung, 30.05.1952
  5. Zuger Nachrichten, 05.03.1980
  6. Zuger Kalender 1953, Chronik 20.05.1952
  7. Zuger Nachrichten, 26.05.1952
  8. Zuger Nachrichten, 26.05.1952
  9. Zuger Nachrichten, 26.05.1952
  10. Zuger Nachrichten, 23.05.1952
  11. Zuger Nachrichten, 26.05.1952
  12. Müller, Walter, Chronik des Segelsportes auf dem Zugersee, speziell im Zusammenhang mit dem Segel-Club Cham, Typoskript, Cham 1972, o.S.
  13. Zuger Nachrichten, 26.05.1952
  14. Müller, Walter, Chronik des Segelsportes auf dem Zugersee, speziell im Zusammenhang mit dem Segel-Club Cham, Typoskript, Cham 1972, o.S.
  15. Zuger Nachrichten, 26.05.1952