Sinserstrasse 19
Die herrschaftliche Direktorenvilla von 1929 gehörte zu den Beständen der Papierfabrik Cham und war im Besitz der Hammer AG.
Chronologie
1929 Der Chamer Baumeister Wilhelm Hauser (1874–1943) erstellt im Auftrag der Papierfabrik Cham die Liegenschaft (Ass.-Nr. 394a). [1] Es handelt sich um eine herrschaftliche Villa mit zwei 6-Zimmer-Wohnungen für die Direktoren der Papierfabrik. In jeder Wohnung sind «Herrenzimmer, Salon, Schlafzimmer und Gastzimmer» enthalten. [2] Der repräsentative Garten wurde von Luzerner Gartenarchitekten Fritz Dové (1932–2019) angelegt, «in der zeittypischen Art eines streng auf das Haus bezogenen Architekturgartens» (eine spätere Umgestaltung nahm der bedeutende Gartenarchitekt Walter Leder (1892–1985) aus Zürich vor, vermutlich in den 1950er- oder 1960er-Jahren). [3]
1963 Das Dach wird ausgebaut und bekommt seitliche Lukarnen. Diese ersetzen ehemalige Fledermausgauben. [4]
1973 Die Papierfabrik Cham AG strukturiert sich neu und fasst die fabrikeigenen Liegenschaften in der Firma Hammer AG zusammen. [5] Damit ist die neu gegründete Aktiengesellschaft auf einen Schlag die grösste Immobilienbesitzerin in Cham mit über 300 Wohnungen. Sie wird Teil der börsenkotierten Industrieholding Cham AG. [6] Somit ist auch die Villa Herrenmatt Teil der Immobilienfirma Hammer AG. [7]
1983/1985 Die Liegenschaft wird nach einem Mieterwechsel einer Innenrenovation unterzogen. [8]
1986 Das Objekt hat einen Verkehrswert von 600'000 Franken, wirft jährlich einen Ertrag von 37’800 Franken ab, was einer Bruttorendite von 6,3 Prozent entspricht. Die Heizung und die Fassade gelten als renovationsbedürftig und dürften Kosten von 150'000 Franken verursachen. Ein Verkauf der Liegenschaft wird auf den Zeitraum «nach 2000» festgelegt, wenn die Planung für die umliegende Arealbebauung abgeschlossen sein wird. «Es handelt sich ausgesprochen um ein Liebhaberobjekt und es ist mit einer weiteren Wertsteigerung zu rechnen.» [9]
2008 Die Fassade wird saniert und der Vorplatz erstellt. [10]
2024 Die Liegenschaft gehört Claudia und Peter Regli. [11] Sie ist im Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham eingetragen. [12]
Würdigung
Das Haus ist im Inventar schützenswerter Denkmäler enthalten. Das Amt für Denkmalpflege und Archäologie schreibt dazu: «Nach dem südlichen Abschnitt der Sinserstrasse, an dem sich noch Bestandteile der dichten Bebauung aus dem Ende des 19. Jhs. finden, markiert das herrschaftliche Einfamilienhaus den Wechsel zu einer offeneren Bebauung mit vorstädtischen Wohnhäusern. 1929 für die nahe gelegene Papierfabrik Cham als Zweifamilienhaus erstellt, gehört es in den ortsgeschichtlich bedeutenden Kontext dieses lange Zeit wichtigsten Arbeitgebers. Der wohlproportionierte, klare Baukörper bildet zusammen mit dem baumbestandenen, umzäunten Garten eine ebenso hochwertige wie gut erhaltene Einheit. Die schlichte, sachliche Architektur zeigt deutlich Einflüsse der Reformzeit, welche die ersten Jahrzehnte des 20. Jhs. prägte. Charakteristisch für die aufbrechende Moderne sind die von der Strasse abgewandte Situierung und der hohe Stellenwert von hellen Wohnräumen und einem weitläufigen Garten. Bezeichnend für die Bauzeit sind ferner handwerkliche Details wie die Sprossenfenster und die profilierte Rahmung des Hauseingangs.» [13]
Die Herrenmatt
Das Haus hat den inoffiziellen Namen «Villa Herrenmatt». Die Herrenmatt – auch enthalten im Strassennamen Herrenmattstrasse – ist ein heute vollständig überbautes ehemaliges Landstück, dessen Name sich auf schweizerdeutsch Her, Herr m. bezieht, hier wohl in der Bedeutung «Geistlicher, Ortspfarrer». Die Herrenmatt wird im späten 15. Jahrhundert in Schriftquellen erwähnt und seit 1537 mit einer Jahrzeitstiftung von Heinrich Schönbrunner (1498–1537) und seiner Frau Anna Iten (gest. 1541) belastet, welche u.a. der Kaplan von Cham die Pflicht auferlegte, in der Kapelle von St. Andreas jeweils am Samstagabend und vor Feiertagen das Mariengebet Salve Regina zu beten. [14]
Aktueller Kartenausschnitt
Einzelnachweise
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 2. Band
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 140. Staatsarchiv Zug, P 347, Papierfabrik Cham, Ordner Hammer AG, Leitbild und Planung 1986–1996, S. 87
- ↑ Kanton Zug, Amt für Denkmalpflege und Archäologie, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Sinserstrasse 19, Stand 20.08.2019
- ↑ Kanton Zug, Amt für Denkmalpflege und Archäologie, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Sinserstrasse 19, Stand 20.08.2019
- ↑ Neue Zuger Zeitung, 25.05.2002
- ↑ Orsouw, Michael van, Der Zellstoff, auf dem die Träume sind. 350 Jahre Papieri Cham, Cham 2007, S. 142
- ↑ Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
- ↑ Staatsarchiv Zug, P 347, Papierfabrik Cham, Ordner Hammer AG, Leitbild und Planung 1986–1996, S. 87
- ↑ Staatsarchiv Zug, P 347, Papierfabrik Cham, Ordner Hammer AG, Leitbild und Planung 1986–1996, S. 87
- ↑ Kanton Zug, Amt für Denkmalpflege und Archäologie, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Sinserstrasse 19 [Stand: 20.08.2019]
- ↑ www.zugmap.ch, Eintrag Grundstücknummer 157; Grundbuchfläche: 1296 m²; Gebäude: 171 m²; übrige befestigte Fläche: 8 m²; Gartenanlage: 1117 m² [Stand: 09.11.2023]
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 157 [Stand: 11.04.2024]
- ↑ Kanton Zug, Amt für Denkmalpflege und Archäologie, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Sinserstrasse 19 [Stand: 20.08.2019]
- ↑ Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 4, S. 428, 430