Hypothekar-Genossenschaft Cham

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Die Hypothekar-Genossenschaft wurde 1912 gegründet, um dem Chamer Baugeschäft von Hans Miesch liquide Mittel zuzuführen. Nach Mieschs Konkurs erwarb die Genossenschaft in einer konkursamtlichen Steigerung die meisten Liegenschaften von Miesch. 1919 änderte sie ihren Namen in Immobilien-Genossenschaft, Cham. 1938 wurde sie aufgelöst.

Chronologie

1912 Im Mai schliesst sich eine Vereinigung von Männern zur „Hypothekar-Genossenschaft Cham“ zusammen. Zweck ist die „Belehnung von bestimmten Liegenschaften mit Hypotheken im Betrag (von oder bis ?) Fr. 200'000. Das Genossenschaftskapital beträgt Fr. 80'000. Es ist voll gezeichnet und mit 70% einbezahlt. Die genossenschaftliche Geschäftsleitung besorgen: Dr. Franz Bucher-Heller, Luzern, als Präsident, als Vizeräsident Hieronymus Baumgartner in Cham und Hans Miesch–Pfister, Cham, als Aktuar. Kontrollstelle und „Treuhänderin": die Bank in Zug, Viktor Stampfli, Solothurn, und Ed. Hürlimann–Gyr, Brunnen. [1]

Im Juni wird die Hypothekar-Genossenschaft in Cham formell gegründet. Sie belehnt laut Separatvertrag vom 20. Mai 1912 diverse Hypotheken der Firma Miesch & Co. Der Vorstand besteht aus einem Präsidenten und zwei Mitgliedern. Die Mitglieder des Vorstandes führen je zu zweien kollektiv die rechtsverbindliche Unterschrift. [2] Kurz darauf erscheint in der Neuen Zürcher Zeitung ein Artikel, in welchem das Finanzierungsmodell von Mieschs Firma über die Hypothekar-Genossenschaft sehr kritisch beurteilt wird.[3]

1913 Mitte August teilt die Baufirma Hans Miesch u. Co. durch ihren Anwalt Dr. Max Stahel in Zürich den Gläubigern mit, dass es ihr an den nötigen Barmitteln fehle. [4]

Am 12. November wird über die Firma Hans Miesch & Cie, Baugeschäft und über den Privatmann Hans Miesch der Konkurs eröffnet. [5] Nach dem Konkurs gehen die meisten Liegenschaften von Hans Miesch in einer konkursamtlichen Steigerung an die Hypothekargenossenschaft Cham, [6] das Baugeschäft an seinen ehemaligen Mitarbeiter und Teilhaber, Baumeister Wilhelm Hauser (1874–1943), der seit mindestens 1912 für Miesch gearbeitet hat. [7]

Am 24. November wird die Firma Hans Miesch & Co. aus dem Handelsregister gelöscht. [8]

Die Hypothekargenossenschaft besitzt Faustpfandtitel auf folgenden Liegenschaften:

  • Haus Mattli, Nr. 307; 38 000 Franken
  • Wohnhaus, Nr. 306; 27 000 Franken
  • Geschäftshaus, Nr. 314; 27 000 Franken
  • Wohnhaus, Nr. 175, 22 000 Franken
  • Postgebäude, 52 000 Franken [9]

Am 6. Dezember ändert die Genossenschaft ihre Statuten aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung vom 6. Oktober. Zweck der Genossenschaft ist
a. Belehnung diverser, der Firma «Hans Miesch & Co.» in Cham gehörenden Hypotheken laut Separatvertag vom 20. Mai 1912, der einen integrierenden Bestandteil der Statuten bildet;
b. Kauf und Verkauf von Liegenschaften. [10]

1914 Laut Eintrag im Handelsamtsblatt am 11. Mai ist Hans Miesch aus dem Vorstand ausgetreten. Der neue Vorstand setzt sich wie folgt zusammen: Dr. Clemens Iten von Unterägeri in Zug, Präsident, Dr. Franz Bucher-Heller in Luzern, Aktuar, Hieronymus Baumgartner in Cham, Beisitzer. [11] Dr. Clemens Iten ist ein führender Politiker der Liberalen, Rechtsanwalt und Verwaltungsrat verschiedener Firmen. Er sass im Komitee für den Bau des Morgartendenkmals, das Hans Miesch ausgeführt hat.

Die Liegenschaften aus der Konkursmasse werden mit Ausnahme des Postgebäudes versteigert.

Am 12. Oktober fordert die Hypothekargenossenschaft das Konkursamt auf, das Postgebäude ebenfalls zu versteigern.

1915 Am 9. März wird das Konkursamt erneut aufgefordert, das Postgebäude zu versteigern. Das Konkursamt lehnt eine Versteigerung ab und will wegen des unterdessen ausgebrochenen ersten Weltkriegs bessere Zeiten abwarten, um zu verhindern, dass das Postgebäude zu einem Schleuderpreis verkauft wird.

Am 14. Juni wird Hans Miesch, zurzeit unbekannten Aufenthalts vormals im Cham, aufgefordert sich innerhalb von drei Monaten bei den Zuger Strafverfolgungsbehörden zu melden. Ihm wird betrügerischer, leichtsinniger Bankrott vorgeworfen. [12]

Mitten in diesen Wirren setzt sich Miesch mit seiner Familie nach Australien ab. [13] Wann genau ist unklar.

1919 Die Hypothekar-Genossenschaft Cham, in Cham, revidiert in den Generalversammlungen vom 23. Dezember 1918, 22. September 1919 und 15. Dezember 1919 ihre Statuten und nimmt folgende Änderungen vor: Die Firma «Hypothekar-Genossenschaft» Cham wird abgeändert in Immobilien-Genossenschaft Cham. Zweck der Genossenschaft ist die Verwaltung und der Verkauf der Liegenschaften Ass.–Nr. 307, 323 (Luzernerstrasse 17, alte Post) und 294 (Kirchbüel 2 Haus Merkur) in Cham. Die Dauer der Genossenschaft ist unbeschränkt. Das Genossenschaftskapital ist unbestimmt; es besteht in Anteilscheinen von Fr. 500, auf den Inhaber lautend. Neue Anteilscheine, welche seit dem 15. Juli 1919 ausgegeben werden sollten, haben auf den Namen zu lauten. [14]

1925 Dr. Franz Bucher-Heller in Luzern tritt aus der Immobilien–Genossenschaft zurück. An seiner Stelle wird Wilhelm Hauser, Architekt von Trasadingen (SH) in den Vorstand gewählt. [15] Hauser war 1912 als Teilhaber in Mieschs Baugeschäft eingetreten und hat es 1914 nach dem Konkurs übernommen.

1931 Hieronymus Baumgarter scheidet infolge Todesfalls aus der Immobilien–Genossenschaft aus. Neu in den Vorstand gewählt wird Werner Spillmann, Bankvizedirektor in Zug. [16]

1932 Nach dem Tod von Dr. Clemens Iten wird Emil Stocklin, Kaufmann in Zug, zum neuen Mitglied und Präsidenten gewählt. [17]

1935 Emil Stocklin, Kaufmann in Zug, tritt aus dem Vorstand zurück. An seiner Stelle wird Ernst Wyss, Kaufmann von und in Zug, als Mitglied und Präsident gewählt. [18]

1937 Ernst Wyss tritt zurück. An seiner Stelle wird Dr. Werner E. Iten gewählt. [19]

1938 Die Immobilien-Genossenschaft Cham, mit Sitz in der Alpenstrasse in Zug, beschliesst an der ausserordentlichen Generalversammlung vom 12. Oktober ihre Auflösung. Allfällige Gläubiger werden aufgefordert ihre Guthaben unter Vorlage von Beweismitteln anzumelden. [20]


Einzelnachweise

  1. Zuger Kantons-Anzeiger, Band 1, Nummer 48, 29. Mai 1912
  2. Zuger Kantons-Anzeiger, 05.06.1912
  3. Neue Zürcher Zeitung, 02.08.1912
  4. Neue Zürcher Zeitung, 01. 09.1913
  5. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 31 (1913)
  6. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 31 (1913); Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band<
  7. Einwohnergemeindearchiv Cham, C1-50005, Protokolle Einwohnerrat 1910–1917, Nr. 849/1912
  8. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 31 (1913)
  9. F 1.97 Regierungsratsprotokoll 1915, Teil 1 Band
  10. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 31 (1913), 2158
  11. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 32 (1914), 813, 814
  12. Staatsarchiv Zug, M 4.58 Amtsblatt des Kantons Zug, 1915, S. 390
  13. Staatsarchiv Zug, G 331.1, Erbaufrufe und Verschollenerklärungen 1882–1977, Verschollenheitsaufruf Hans Miesch von Titterten
  14. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB),Band 37 (1919), 2274
  15. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 43 (1925) 1130
  16. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 49 (1931) 907
  17. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 50 (1932), 2098
  18. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 53 (1935), 2458
  19. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 55 (1937), 1803
  20. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 56 (1938), 2387