Kirchbüel 2 Haus Merkur

Aus Chamapedia

Der Kirchenplatz ohne das Haus Merkur, undatiert (vor 1905)
Das Haus Merkur nach seiner Fertigstellung mit der «Bäckerei / Conditorei Hotz»
Im Haus Merkur befindet sich 1919 die Apotheke Anklin
1923 übernimmt die Konsumgenossenschaft Baar-Cham das Haus Merkur
Der Kirchenplatz mit dem Haus Merkur, am Bildrand links, undatiert (um 1960)
Das Haus Merkur, in welchem sich die «Wohnidee Stadelmann» befindet, 07.04.2017
Das Haus Merkur am Kirchenplatz, 07.04.2017

Das viergeschossige Haus Merkur von 1904 steht an prominenter Stelle zwischen dem Kirchen- und dem Rabenplatz. Es ist wohl der prominenteste Vertreter des Jugendstils in Cham. Die Liegenschaft beherbergt im Verlauf des 20. Jahrhunderts verschiedene Gewerbe: Bäckerei, Drogerie, Apotheke, Modeatelier, Fahrradwerkstatt, Konsum, Coop und Einrichtungshaus.


Chronologie

1904 Anton Hotz erbaut im Sommer das prominente Haus Merkur (Ass.-Nr. 294) zwischen dem Raben- und dem Kirchenplatz. [1] Hotz ist Bäcker und weist ein Vermögen von 2000 Franken und ein Einkommen von 1500 Franken aus. [2]

1905 Bereits ein Jahr nach der Erstellung geht die Liegenschaft in einer konkursamtlichen Steigerung an Weinhändler Gottlieb Kost. [3]

1909 Alois Zürcher kauft die Liegenschaft. [4] Bäcker Adolf Schultheiss-Huwiler (1873–1957) übernimmt im Haus Merkur die Räumlichkeiten der Bäckerei. [5] Ein Jahr später zieht Schultheiss ins spätere Haus Plaza um.

1911 Mathias Henggeler (1859–1916), Kantonsrat und Schmied in Lindencham, und Bauunternehmer Hans Miesch (1880–1941) übernehmen das Gebäude in einer weiteren konkursamtlichen Steigerung gemeinsam. [6]

1913 Das Haus geht am 30. August in den Alleinbesitz von Mathias Henggeler über [7] – der vormalige Miteigentümer Hans Miesch geht im gleichen Jahr in Konkurs.

1918 Die Hypothekargenossenschaft Cham, bereits im Besitz vieler Miesch-Liegenschaften im Quartier, übernimmt am 29. Juni auch das Haus Merkur. [8]

1919 Alfons Anklin (1880–1945), eidg. dipl. Apotheker, kauft die Drogerie Kessler im Haus Merkur, baut sie um und gründet dort am 12. September die erste Apotheke Chams, «was in dem aufstrebenden Dorfe sicher einem empfundenen Bedürfnis entsprach». [9]

1923 Alfons Anklin kauft die Liegenschaft Poststrasse 3, baut den Comestibles-Laden in eine Apotheke um und zieht mit seiner Apotheke dort ein. [10] Dafür kauft die Konsumgenossenschaft Baar-Cham am 13. April die Liegenschaft Merkur und zieht mit ihrem Laden ein. [11]

1947 Das Haus Merkur (Ass.-Nr. 294a) bekommt ein Magazingebäude (Ass.-Nr. 294b) als Anbau. [12]

1950 Hans Dietziker, passionierter Radfahrer, verlegt seine Werkstätte von Lindencham in den Anbau des Hauses Merkur. [13]

1954 Burkard Huwiler-Gisler (1926–2009), engster Mitarbeiter Dietzikers, übernimmt dessen Velobetrieb. Neben Veloverkauf und Veloreparaturen bietet er auch Nähmaschinen an. Er führt die Vertretung der Marke Anker. [14]

1958 Die Konsumgenossenschaft Baar-Cham fusioniert am 1. Juli mit der Allgemeinen Konsumgenossenschaft Zug. Die Gebäudeeigentümerin ist neu die «Allgemeine Konsumgenossenschaft Zug». [15]

1964 Die Konsumgenossenschaft Zug will das Haus Merkur abreissen und an dessen Stelle einen Neubau errichten. Das Projekt stammt vom Baarer Architekten Zeffirino Bigliotti (1913–2004). Aufgrund des entsprechenden Bauermittlungsgesuchs lässt der Gemeinderat ein Gutachten erstellen. Dieses spricht davon, dass das Projekt «den speziellen Anforderungen des Standortes» nicht gerecht werde und lehnt das Vorhaben ab. [16]

1969 Die Konsumgenossenschaft plant einen Umbau des Ladens sowie einen Anbau gegen Westen. Zeffirino Bigliotti legt einen Entwurf vor, den die Gemeinde genehmigt. [17] Im gleichen Jahr will die Konsumgenossenschaft an der Fassade eine Leuchtreklame anbringen. [18]

1970 Aus der Konsumgenossenschaft Zug wird neu «Coop Zug, Genossenschaft». [19]

1975 Als neuer Eigentümer der Liegenschaft firmiert die Genossenschaft «Coop Zentralschweiz Luzern». [20]

1983 Der Coop Cham zieht vom Haus Merkur ins neu erstellte Einkaufscenter Neudorf um. Die Eröffnung ist am 27. April. [21]

1989 Die neue Besitzerin des «Merkur», Brigitta Stadelmann von «Wohnidee Stadelmann», will das Haus umbauen und dabei die alte Bausubstanz erhalten. Die Rahmenbedingungen der Gemeinde und die Denkmalpflege sorgen dafür, dass das Haus erhalten bleibt. [22] Architekt Erich Weber (*1936) aus Cham legt zwei Vorschläge vor. Schliesslich wird die ursprüngliche Asymmetrie durch den Anbau auf der Westseite aufgehoben.

1991 Der Anbau auf der Südseite wird abgebrochen und durch neue An- und Umbauten ersetzt. Die Federführung haben Hofstetter & Partner Architekten aus Baar. [23]

2004 Das Haus Merkur wird in das Inventar der Schutzobjekte der Gemeinde Cham aufgenommen. [24]

2023 Die Liegenschaft gehört Daniel Stadelmann. [25]

2024 Das Wohn- und Geschäftshaus ist im Verzeichnis der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham enthalten. [26]


Kunsthistorische Beschreibung

«Viergeschossiges Wohn- und Geschäftshaus in Jugendstil-formen an städtebaulich wirksamer Lage zwischen Kirchen- und Rabenplatz, erbaut 1904. Die Fassade zur Luzernerstrasse zweimal vorgestuft mit turmartig ausgebildetem und durch Fachwerkelemente hervorgehobenen Geländervorsprung über dem ursprünglichen Haupteingang, gegen die Poststrasse hin abgeschlossen von asymmetrisch platziertem Risalit mit markantem Jugendstil-Giebel. Ein weiterer Quergiebel im Mansardwalmdach an der Fassade zum Kirchenplatz, ursprünglich mit vertikaler Bretterverschalung. Die ursprüngliche Asymmetrie des Baues 1992 durch Erweiterung um zwei Fensterachsen in südwestlicher Richtung verunklärt. [27]


Pläne

Stationen geplanter, aber nicht realisierter Umbauten des Hauses Merkur:


Aktueller Kartenausschnitt

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Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band. Der Landkauf wird am 07.04.1904 vollzogen
  2. Steuerregister des Kantons Zug 1903, S. 27
  3. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
  4. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
  5. Zugersee-Zeitung, 08.08.1957
  6. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
  7. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
  8. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
  9. Zugersee-Zeitung, Festausgabe zur 1100-Jahr-Feier in Cham, 12./13.07.1958
  10. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
  11. Staatsarchiv Zug, G 617.6.3, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 2. Band
  12. Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 2. Band. Zugersee-Zeitung, Festausgabe zur 1100-Jahr-Feier in Cham, 12./13.07.1958
  13. Zugersee-Zeitung, Festausgabe zur 1100-Jahr-Feier in Cham, 12./13.07.1958
  14. Zugersee-Zeitung, Festausgabe zur 1100-Jahr-Feier in Cham, 12./13.07.1958
  15. Staatsarchiv Zug, G 617.6.5, Assekuranzregister Cham, 3. Generation (1929–1960), 2. Band
  16. Einwohnergemeindearchiv Cham, 1964/201, Bauermittlung Haus Merkur
  17. Einwohnergemeindearchiv Cham, 1969/022, Baugesuch
  18. Einwohnergemeindearchiv Cham, 1969/306, Baugesuch für Leuchtreklame
  19. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
  20. Staatsarchiv Zug, G 617.6.6, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 1. Band
  21. Zuger Neujahrsblatt 1984, Chronik 27.04.1983
  22. Einwohnergemeindearchiv Cham, 1989/209, Baugesuch
  23. Einwohnergemeindearchiv Cham, 1991/013, Baugesuch
  24. Einwohnergemeindearchiv Cham, Inventar Schutzobjekte, März 2005
  25. www.zugmap.ch, Eintrag Grundstücknummer 96; Grundbuchfläche: 631 m²; Gebäude: 324 m²; übrige befestigte Fläche: 307 m² [Stand: 08.10.2022]
  26. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 96 [Stand: 11.04.2024]
  27. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 123