Ziegelhütte Meienberg, Ziegelei-Museum
Die Ziegelhütte Meienberg erinnert an das jahrhundertealte Handwerk und beherbergt heute das Ziegeleimuseum. Darin befindet sich die einzige intakt erhaltene Handziegelei der Deutschschweiz. Das Museum ist jeweils von April bis Oktober geöffnet und richtet sich vor allem an Familien und Schulklassen.
Chronologie
1873 Martin Lörch (1835–1918) aus Ottenbach ZH kauft die Waldlichtung zwischen dem Rainmatter- und Lindenchamerwald. Er erstellt eine einfache Ziegelhütte mit einem Kammerofen, der nach oben offen ist. Lörch wohnt mit seiner Frau Rosina vermutlich in einer kleinen, sehr einfachen Wohnung im Obergeschoss der ersten Ziegelhütte. [1]
1879 Nachdem Rosina und Martin Lörch Familienzuwachs bekommen haben, erstellen sie das neue Wohnhaus in direkter Nachbarschaft zur Ziegelhütte. [2] Neben der Ziegelei betreibt die Familie Lörch eine kleine Landwirtschaft mit zwei bis drei Kühen und einigen Obstbäumen. [3]
1892 Die Talsenke mit dem Lehmvorkommen eignet sich für die Herstellung von Ziegeln. Martin Lörch baut für die Ausübung seines Handwerks die heute noch vorhandene, grosse Ziegelhütte. Es handelt sich dabei um einen offenen Gerüstbau aus wiederverwendetem Holz. Offenbar stammte das Holz von der Seekatastrophe in Zug (1887) und vom Bau des Guggi-Eisenbahntunnels in der Stadt Zug (1896). In der Nordostecke befindet sich der Kammerofen mit zwei rundbogigen Feuerlöchern. [4]
1899 Ziegler Lörch erstellt zusätzlich auf dem Gelände noch eine Scheune. [5]
1906 Martin Lörchs Sohn Caspar (1874–1935) übernimmt die Liegenschaft und den Ziegeleibetrieb. [6]
1933 Ziegler Caspar Lörch ist 59-jährig, als er den Ziegeleibetrieb einstellt. [7] Wahrscheinlich hat er gegen die industriell gefertigten Ziegeleien keine Chance mehr.
1935 Caspar Lörch ist verstorben, seine Witwe übernimmt die Gebäude. [8] Mit ins Haus zieht ihr Neffe Paul Wyss, Posthalter in Hagendorn, der die Liegenschaften erbt und bis 1979 dort wohnt. [9]
1975 Die Ziegelhütte soll abgebrochen werden. Die kantonale Denkmalpflege, der Naturschutzbund und Vertreter der Einwohnergemeinde Cham setzen sich für die Erhaltung ein. [10]
1978 Die Ziegelhütte und das angrenzende Biotop werden unter kantonalen Schutz gestellt. [11]
1979 Paul Wyss verkauft die Ziegelhütte mit der Lehmgrube, in der sich wertvolles Flachmoor gebildet hat, dem Schweizerischen Bund für Naturschutz (SBN, seit 1997 Pro Natura). [12]
1982 Die abbruchgefährdete Ziegeleihütte geht an die Stiftung Ziegeleimuseum Meienberg über, die übrigen Liegenschaften an den Kanton Zug. [13]
2011 Das Wohnhaus der ehemaligen Ziegelei wird unter Denkmalschutz gestellt. [14]
2012 Die Stiftung Ziegeleimuseum übernimmt das Wohnhaus und restauriert es. Im Erdgeschoss befindet sich fortan die Fachstelle mit Bibliothek, im Obergeschoss eine Mietwohnung. Gleichzeitig nimmt die Stiftung den Museumsneubau in Angriff. [15]
2013 Das Ziegeleimuseum wird eröffnet: Es ist schweizweit das einzige Ziegeleimuseum mit einer grossen Ziegelsammlung und viel Fachwissen rund um das Ziegelhandwerk. Angeboten werden Ausstellungen, Führungen und Kurse. [16]
2015 Nach einem Versuchsjahr wird das «Zieglerbeizli» von der zuwebe, der führenden Institution im Kanton Zug, die Menschen mit einer geistigen oder psychischen Beeinträchtigung betreut, in Pacht übernommen. Der Besucheraufmarsch ist erfreulich. [17] Ab 2019 wird das Zieglerbeizli wieder vom Ziegeleimuseum selbst betrieben. [18]
2016 Die Einwohnergemeinde verleiht dem Ziegeleimuseum für seine Verdienste in der Forschung und in der Öffentlichkeitsarbeit den Chamer Anerkennungspreis CHAMpion.
2017–2020 Um das Ziegeleiareal sowie das südlich angrenzende Biotop besser erfahrbar zu machen, lässt die Stiftung Ziegeleimuseum neben der Ziegelhütte einen über acht Meter hohen, begehbaren Ofenturm aus Stampflehm erbauen. Der wertvolle, aber in Vergessenheit geratene Baustoff Lehm soll in seiner ungebrannten Form verwendet werden und so einen direkten Bezug zur Ziegelei schaffen. Der Turm wird von Studierenden der Technischen Universität München und der ETH Zürich geplant und gebaut, unter der Leitung des auf Lehmbau spezialisierten Architekten Roger Boltshauser.
Im Sommer 2019 wird der Aussichtsturm in zwei Gruppen von jeweils 15 Studierenden in vier Wochen in einem ehemaligen Zementwerk bei Brunnen vorproduziert. 2020 bauen die Studenten den Turm aus den 88 vorfabrizierten Elementen zusammen. Neben einem Ausstellungsraum wird auch ein Brennofen für Ziegel im Turm aufgestellt, da der historische Brennofen der Ziegelei nicht mehr benutzt werden kann. [19]
2022 Die Ziegelhütte (Ass.-Nr. 1070a) und das Wohnhaus (Ass.-Nr. 224a) sind im Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham aufgeführt. [20]
Der Ziegeleiofen
Der Ofen in der Ziegeleihütte ist 4,8 Meter lang, 5,2 Meter breit und 3,9 Meter hoch. Eine Ofenfüllung fasste rund 50'000 Ziegel. Die Brenntemperatur betrug etwa 800 bis 1000 Grad. Für einen Brand benötigte der Ziegler rund 30 Kubikmeter Holz. [21]
Der Link zum Museum
Personen
Der «Binzmühle-Heiland»
Jakob Lörch (1882–1971) ist der zweite Sohn von Martin und Rosina Lörch. Er verlässt 1916 die Ziegelei Meienberg und lässt sich 1924 in der Binzmüli bei Rotkreuz nieder und lebt als Antiquitätensammler: «Würdevollen Schrittes, oft einen Zweiräder-Handwagen vor sich herschiebend, begegnete den Rotkreuzern der Binzmühle-Heiland mit seinem schulterlangen weissen Haar und einem wohlgepflegten langen Bart. Er war ledig, hiess mit dem bürgerlichen Namen Jakob Lörch, kaufte, erneuerte und verkaufte Antiquitäten und bewohnte seine Wohnung in der Binzmühle, deren Eingang mit römischen oder griechischen Säulen nicht zu übersehen war.» [22]
Jakob Lörch in der Uniform eines Gardisten, gemalt 1919 vom Menzinger Maler Hans Zürcher (1880–1958)
Fotogalerie
Bilder der Ziegelhütte Meienberg vor der Sanierung, 1981
Filmdokument
Das Ziegelei-Museum im Winterkleid 2017
Aufnahmen beim und über dem Ziegelei-Museum im Winter 2017
Aktueller Kartenausschnitt
Einzelnachweise
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 274
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 275
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 274
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 274
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 274
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 274
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Hochuli, Stefan, Neues Baudenkmal für das Ziegeleimuseum Hagendorn: Ofenturm aus Stampflehm, in: Tugium 37, 2021, S. 24f.
- ↑ Hochuli, Stefan, Neues Baudenkmal für das Ziegeleimuseum Hagendorn: Ofenturm aus Stampflehm, in: Tugium 37, 2021, S. 24f.
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Grünenfelder), S. 274
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Medienmitteilung der zuwebe, 30.03.2015
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 17.10.2019]
- ↑ Hochuli, Stefan, Neues Baudenkmal für das Ziegeleimuseum Hagendorn: Ofenturm aus Stampflehm, in: Tugium 37, 2021, S. 24f. Zuger Woche, 18.03.2020
- ↑ Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummern 1946 und 3201 [Stand: 04.10.2022]
- ↑ Ziegeleimuseum Meienberg, www.ziegelei-museum.ch [Stand: 13.03.2019]
- ↑ Erinnerungen aus der Jugendzeit von Josef Niederberger, 1917–2002, überlassen durch Richard Hediger, Rotkreuz, www.risch-rotkreuz.ch [Stand: 17.10.2019]. Zu Jakob Lörch vgl. Hediger, Richard, Rotkreuz, wie es fast niemand mehr kennt, Rotkreuz 2018, S. 235–237