St. Andreas, Kaplanenhaus

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Darstellung von St. Andreas in der Kantonsgeschichte von Franz Karl Stadlin (1777–1829): Links das Schloss und die Kapelle, rechts im Hintergrund das Kaplanenhaus und im Vordergrund das Turmhaus (das «alte Caplanei Haus»), undatiert (frühes 19. Jahrhundert)
Das Kaplanenhaus nach der Renovation, 26.10.2007
Blick von Südwesten auf das Kaplanenhaus
Luftaufnahme in Richtung Süden, 02.10.2020
Das Kaplanenhaus bei St. Andreas, 02.10.2020
Blick auf das Kaplanenhaus von Osten, 02.10.2020


Seit dem späten 15. Jahrhundert ist im Städtli auf St. Andreas ein Kaplanenpfrundhaus nachgewiesen, wohl das heute noch bestehende «Turmhaus». Kurz vor 1650 wird ein neues Pfrundhaus erstellt, das aber 1651 abbrennt. Von 1758 bis 1760 lässt der Zuger Stadtrat die Gebrüder Düggelin aus Zug das heutige Kaplanenhaus erbauen.


Chronologie

1348 Ritter Gottfried IV. von Hünenberg (gest. 1387) und seine Ehefrau Margarethe von Friedingen, Besitzer der Burg St. Andreas, stiften am 24. Mai eine Kaplaneistelle (Kaplaneipfrund). Dem Kaplan wird u.a. die Pflicht auferlegt, wöchentlich in der Kapelle St. Andreas drei und in der Pfarrkirche St. Jakob zwei Messen zu lesen. [1]

1477 Mit dem Kauf des Patronatrechts der Pfarrkirche Cham hat die Stadt Zug auch das Recht, die Kaplanei St. Andreas mit einem Geistlichen zu besetzen, aber auch die Pflicht, dem jeweiligen Kaplan eine Behausung zur Verfügung zu stellen. [2]

1490 Dem Kaplan steht ein Pfrundhaus samt Mobiliar («den husblunder, so zuo der pfruond gehoert, es sÿe betten, kusse, linlachen, teckinen, heffen, kessÿ, pfannen») mit Baumgarten und Reblaube zur Verfügung. [3]

1495 Das Kaplanenpfrundhaus wird in einer Urkunde ziemlich genau lokalisiert: «ein eigen huß und hoffstat mit den bomgarten, die zuo dem huß gehoerent, in der vorburg, bÿ turn [= Turm] geleggen.» [4] Auch der Zuger Arzt und Lokalhistoriker Franz Karl Stadlin (1777–1829) bezeichnet das am Osthang des Schlosshügels gelegene und noch heute als «Turmhaus» bekannte Liegenschaft als «alte Kaplanei». Bis ins frühe 18. Jahrhundert steht hier auch ein Turm, der zur spätmittelalterlichen Befestigungsmauer des Städtlis St. Andreas gehört. [5]

1648 Ritter Hans Bengg (gest. 1653), Stadtbaumeister Michael Wickart (1600–1682) und Landesfähnrich Hans Speck (gest. 1662) werden beauftragt, mit dem notwendigen Neubau eines Kaplanenhauses im Städtli fortzufahren. [6]

1651 Das Kaplanenpfrundhaus wird, wohl nur wenige Jahre nach dem Neubau, am 14. Februar mit samt Hausrat, Büchern und allen eingelagerten Nahrungsmitteln durch einen Brand in Schutt und Asche gelegt. Der Baarer Ammann Jakob Andermatt (1602–1680) notiert in seinem Tagebuch: «Zistig den 14 [...] an dem tag ist das neüw pfruondhus jm stetli verbrunen.» [7]

1651–1657 Nach dem Brand wird ein neues Kaplanenpfrundhaus errichtet, wohl an der heutigen Stelle nordwestlich der Kapelle von St. Andreas. Zunächst kauft der Zuger Stadtrat dazu von Wirt Adam Schwyzer das ehemalige Wirtshaus zum «Raben» - Schwyzer hatte das Tavernenrecht vom Städtli auf eine Liegenschaft im Quartier Kirchbüel übertragen lassen. Dann kauft man in den Vogteien Hünenberg und Risch (Gangolfswil) weitere Liegenschaften, transportiert diese nach St. Andreas und baut ein neues Kaplanenhaus. Die Arbeiten werden an einen unbekannten Baumeister mit Vornamen «Balz», also Balthasar, übergeben. [8]

1710 Das Kaplanenpfrundhaus wird nach rund einem halben Jahrhundert als baufällig bezeichnet. Insbesondere sind die Fenster undicht. Der Stadtbaumeister soll einen Augenschein nehmen. Der Stadtrat überlässt es Kaplan Johann Kaspar Keiser (1668–1744) und dem Baumeister, inwieweit die Liegenschaft saniert werden soll. [9]

1728 Kaplan Johann Kaspar Stadlin (1685–1752) bittet den Zuger Stadtrat um die Erlaubnis, zur Unterbringung seines Holzes auf der Hinterseite des Hauses einen Anbau machen zu dürfen. Dies wird ihm bewilligt. [10]

1755 Der Stadtrat wird unterrichtet, dass das Pfrundhaus im Städtli reparaturbedürftig sei. Man will das Kellergewölbe ausbessern und die Sanierung des Gebäudes vorbereiten. [11]

1757 bis 1759 Im August 1757 ordnet der Zuger Stadtrat weitere Abklärungen vor Ort für einen Neubau an. [12] Die Zuger Bürgerversammlung entscheidet am 25. September und plädiert für eine kostengünstige Variante: Das Pfrundhaus im Städtli ist so baufällig, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohne. Es soll ein «neües, anständiges hauß erbauet werden ... jedoch nit zu kostlich und prächtig». [13] Der Werkvertrag für ein schlüsselfertiges Pfrundhaus wird dem mit Zuger Baumeister Melchior Düggelin (1716–1776) und seinem Bruder Placidus Düggelin ausgehandelt. Nebst der Lieferung von Baumaterial erhalten die Gebrüder Düggelin das alte Pfrundhaus. [14]

Im Innenausbau wird sorgfältige Arbeit geleistet unter Verwendung von teilweise wertvollen Materialien. [15] Es kommt aber zu Verzögerungen, auch weil Baumaterial – etwa zwei Eichenstämme – im Zugersee versinkt. [16] Wiederholt muss der Bezugstermin verschoben werden. [17]

1760 Im August ist das Werk vollbracht. Meister Melchior Düggelin überreicht den Schlüssel. [18] Auf der Liegenschaft liegt eine Gerechtigkeit der Waldgenossenschaft Städtli, so dass der jeweilige Kaplan im Städtli auch Nutzungsrechte auf der Allmend (Weide und Wald) besitzt.

1763/1764 Der Zuger Stadtrat ordnet an, dass Steinplatten angeschafft werden, um 1764 neben dem Kaplanenhaus einen Getreidespeicher zu bauen. [19]

1813 Neben der Kaplanei (Ass.-Nr. 20a) gehört auch der Speicher (Ass.-Nr. 20b) weiter der Stadt Zug.

ca. 1850–ca. 1870 Das Gebäude wird umgebaut. [20]

1872 Die katholische Kirchgemeinde Cham-Hünenberg tritt die Rechtsnachfolge der Stadt Zug an. [21]

1879/1880 Baumeister Leopold Garnin (1828–1904) aus Zug und Maurermeister Johann Käppeli bauen ein neues Treppenhaus ins Gebäude ein. [22]

1956 Kaplan Johann Langenegger (1918–2001) ist der letzte «Städtliherr» auf St. Andreas. Er ist 38 Jahre alt, als er das Kaplanenhaus einzieht. 45 Jahre lebt er dort. Renoviert wird nur gerade das Notwendigste, etwa die Küche und das Badezimmer. [23]

2002 Das Kaplanenhaus wird in Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege von den Chamer Architekten Josef und Toni Käppeli restauriert. Die Kirchgemeinde Cham-Hünenberg genehmigt einen Kredit über 0.57 Millionen Franken. Störende Elemente werden entfernt und ursprüngliche Bauteile restauriert. Im Erd- und Untergeschoss gibt es kleinere Umbauarbeiten. Neu wird eine Gasheizung samt Warmwasseraufbereitung installiert. Die alte Heizung und der Öltank werden entfernt. Weiter werden die Wände und Decken neu verputzt und die Böden besser isoliert und neu mit Platten oder Parkett belegt. Der wuchtige, nachträglich an der Fassade hochgezogene Kamin wird abgebrochen. Im Erdgeschoss werden neue, dem Haus und der Fassade angepasste Fenster eingebaut. [24] Während der Bauarbeiten entdecken die Spezialisten Täfermalereien. Diese werden freigelegt und sorgfältig restauriert. [25] Die Liegenschaft wird unter kantonalen Denkmalschutz gestellt.

2020 Die Liegenschaft gehört der katholischen Kirchgemeinde Cham-Hünenberg. [26]

2023 Das Kaplanenhaus ist im Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham enthalten. [27] Der dazugehörige Speicher ist im Verzeichnis der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham aufgeführt. [28]


Würdigung

«Der zweigeschossige Bau besitzt die charakteristischen Merkmale eines barocken Wohnhauses aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Dazu gehören das massive Bruchsteinmauerwerk, wenige Öffnungen im Erd- und regelmässig angeordnete Fenster im Obergeschoss sowie das mächtige Mansardwalmdach mit vier Giebellukarnen über der Hauptfront.» [29]


Historische Karte

Clausnerkarte 1788

1517 EiA Cham Plan Bonaventura Landtwing.jpg

Ein Ausschnitt aus dem Plan der Städtlerallmend von Jakob Joseph Clausner (1744–1797) zeigt das Kaplanenhaus von St. Andreas mit dem Nebengebäude (Kornschütte?) rosa koloriert nordwestlich von Schloss und Kapelle St. Andreas, 1788 [30]


Aktueller Kartenausschnitt

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Einzelnachweise

  1. Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Abteilung 1, Urkunden, Bd. 3, Nr. 772 (24.05.1348)
  2. Eggenberger, Peter / Glauser, Thomas / Hofmann, Toni, Mittelalterliche Kirchen und die Entstehung der Pfarreien im Kanton Zug, Zug 2008 (Kunstgeschichte und Archäologie im Kanton Zug 5), S. 178f.
  3. Urkundenbuch von Stadt und Amt Zug vom Eintritt in den Bund bis zum Ausgang des Mittelalters 1352–1528, 2 Bde., Zug 1952–1964. UBZG I, Nr. 1533, S. 768
  4. Urkundenbuch von Stadt und Amt Zug vom Eintritt in den Bund bis zum Ausgang des Mittelalters 1352–1528, 2 Bde., Zug 1952–1964. UBZG II, Nr. 2486G, S. 1206–1209 (Urbar von St. Andreas)
  5. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 58f. Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 3, S. 132f., Bd. 5, S. 77f.
  6. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.2.3029, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1641–1650, fol. 232v (22.08.1648); A 39.26.2.3029, fol. 235r (26.09.1648)
  7. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Baar, A 1/4009, fol. 342v (14.02.1651). Bürgerarchiv Zug, A 39.26.3.247, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1650–1660, fol. 16v (16.02.1651)
  8. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.3.484, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1650–1660, fol. 32v (18.11.1651); A 39.26.3.696, fol. 47v (13.07.1652); A 39.26.3.1262, fol. 85v (20.11.1654); A 39.26.3.1388, fol. 94r (10.04.1655); A 39.26.3.1523, fol. 103r (02.10.1655); A 39.26.3.1779, fol. 127v (20.07.1656); A 39.26.3.2126 ,fol. 139v (19.01.1657). Vgl. Anmerkung 5 (Dittli), Bd. 3, S. 132f., 497
  9. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.14.426, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1709–1712, fol. 35r (14.08.1710); A 39.26.14.439, fol. 37v (23.08.1710)
  10. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.19.942, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1726–1728, S. 267 (10.01.1728)
  11. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.30.466, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1755–1760, fol. 39v (29.10.1755)
  12. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.30.1389, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1755–1760, fol. 120v (06.08.1757); A 39.26.30.1404, fol. 122r (13.08.1757)
  13. Bürgerarchiv Zug, A 39.27.9.745, Gemeindeversammlungsprotokolle der Stadt Zug 1736–1763, fol. 114v (25.09.1757)
  14. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.30.1509, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1755–1760, fol. 130v (15.10.1757)
  15. Vgl. Anmerkung 5 (Grünenfelder), S. 69f., 510
  16. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.30.1840, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1755–1760, fol. 156r (12.05.1758)
  17. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.30.2597, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1755–1760, fol. 218v (03.11.1759); A 39.26.30.2811,fol. 236r (12.04.1760)
  18. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.30.2943, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1755–1760, fol. 247v (09.08.1760)
  19. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.31.1089, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1761–1768, fol. 84v (01.07.1763)
  20. Vgl. Anmerkung 5 (Grünenfelder), S. 69
  21. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/326 (Urkunde über die Abtretung der Kollaturrechte an der Kaplaneipfrund St. Andreas von der Stadt Zug an die Kirchgemeinde Cham-Hünenberg 1872)
  22. Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, B 1/1111
  23. Neue Luzerner Zeitung, 16.03.2002
  24. Neue Luzerner Zeitung, 16.03.2002
  25. Frey, Georg / Twerenbold, Monika, Cham St. Andreas Kaplanei: Innen- und Aussenrestaurierung, in: Tugium 20, 2004, S. 31
  26. www.zugmap.ch, Eintrag Grundstücknummer 313 [Stand: 02.11.2020]
  27. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Verzeichnis der geschützten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 313 [Stand: 29.06.2023]
  28. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummer 313 [Stand: 29.06.2023]
  29. Frey, Georg / Twerenbold, Monika, Cham St. Andreas Kaplanei: Innen- und Aussenrestaurierung, in: Tugium 20, 2004, S. 31
  30. Der Originalplan ist 1795 beim Geissweidbrand in Zug zerstört worden, aber im Einwohnergemeindearchiv Cham wird eine zwischen 1795 und 1798 gezeichnete Kopie von Franz Leonz Bonaventura Landtwing (1751–1839) aufbewahrt