Schloss St. Andreas: von der Burg zum Schloss

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Ab 1533 wird der schillernde Zuger Ratsherr Heinrich Schönbrunner der Burgherr von St. Andreas. Er baut die Burg zum Schloss um. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts kommt es zu vielen Besitzerwechseln. Nach einem urnerischen Intermezzo gehört das Schloss mehr als ein Jahrhundert lang Angehörigen der Zuger Familie Brandenberg.


Chronologie

1533/1534 Der baufällige «Burgstall» von St. Andreas geht am 23. November an den Zuger Ratsherrn und Söldnerführer Heinrich Schönbrunner (1498–1537). Nach vielen Jahren als Reisläufer und einer Pilgerfahrt nach Santiago de Compostela im Jahr 1531 wohnt Schönbrunner auf den Landsitz ausserhalb der Stadt. Im Kriegsfall muss er St. Andreas aber der Stadt Zug als militärischen Stützpunkt offenhalten. [1] Schönbrunner saniert die Burg und macht diese zum Schloss. Er lässt den charakteristischen Treppenturm erbauen, zieht neue Böden und Decken ein [2], und bricht Querscharten in die Mauern. St. Andreas wandelt sich vom «Wehr- zum reinen Repräsentativbau». [3]

1536/1537 Wegen Verfehlungen des hemdsärmligen Schönbrunners – nicht genehmigte Söldneranwerbungen und Schlägereien – wird St. Andreas (wahrscheinlich) von der Stadt Zug beschlagnahmt. [4] Als Heinrich Schönbrunner 1537 stirbt, geht das Schloss möglicherweise an seinen Neffen Georg Schönbrunner (um 1510–1568), Hauptmann und Ratsherr aus der Stadt Zug, der vielleicht auch zeitweise auf St. Andreas lebt. Die weitere Besitzergeschichte bis 1591 ist unklar. [5]

1591 Gesichert ist der Kauf durch Ritter Walter Imhof (1548–1611) und die Gebrüder Johann Peter (1571/1572–um 1648) und Karl Emanuel von Roll (um 1573–1654), die in Cham auch den zu St. Andreas gehörigen Löbernhof übernehmen. In die Verkaufsverhandlungen involviert ist der Urner Gedeon Stricker (1549–1616), seit 1589 Besitzer des Löbernhofs. [6] Die Urner argumentieren später, sie hätten 1591 das Schloss und den Löbernhof gekauft, um ihr auf diesen Gütern liegendes Kapital nicht zu verlieren. [7]

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Wappenscheibe von Kaspar Brandenberg, Hauptmann und Landesfähndrich, aus Zug. Dargestellt ist die Eroberung der Burg durch die Schwyzer und Zuger 1385 im Vorfeld des Sempacherkriegs. Auf der Zuger Seite der Burg ist das Familienwappen der Brandenberg, ein schwarzer Baumstrunk mit vier Flammen, angebracht. Die Brandenberg sind ab 1620 die Besitzer von St. Andreas. Werk des Zuger Glasmalers Michael IV. Müller (um 1627–1682), 1668


1620 Es kommt zu einer Auseinandersetzung um den Besitz von St. Andreas. Der Zuger Ammann Kaspar Brandenberg (gest. 1628) erhebt Ansprüche auf St. Andreas. Der Stadtzuger beruft sich auf das Zugrecht, wonach es dem näher Berechtigten zusteht, eine vom Eigentümer an einen ferner stehenden Berechtigten – hier konkret die Urner Imhof und von Roll – veräusserte Sache gegen Kostenersatz an sich zu ziehen. [8] Der Zuger Stadtrat schützt Brandenberg. Er wird zum neuen Besitzer des Schlosses und in die Gemeinde im Städtli aufgenommen. [9]

Kaspar Brandenberg nimmt am Schloss St. Andreas verschiedene Umbauten vor und lässt auf der Zuger Seite das Familienwappen der Brandenberg, einen schwarzen Baumstrunk mit vier Flammen, anbringen. 1625 erwirbt er auch noch die Burg in der Stadt Zug.

1622 Die Urner von Roll akzeptieren den Verlust von Schloss St. Andreas und des Löbernhofs nicht. An der eidgenössischen Tagsatzung in Baden wird das Geschäft aber nicht verhandelt. [10] Der Rechtsstreit zieht sich noch zwei Jahrzehnte lang hing.

1642 Vierzehn Jahre nach dem Tod von Kaspar Brandenberg kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen seinen Nachkommen und der Gemeinde im Städtli. Der Zuger Stadtrat entscheidet, dass die Besitzer von St. Andreas die Städtler Allmend genau gleich wie die anderen Hofstätten nutzen dürfen, und zwar unabhängig davon, ob sie im Schloss wohnen oder nicht. Den Brandenberg werden aber auch die gleichen Pflichten wie die der anderen Genossen im Städtli auferlegt. [11]

1655 Im Vorfeld des Ersten Villmergerkriegs lässt der Zuger Stadtrat militärische Ausrüstung auf das Schloss bringen. Ein halbes Dutzend Doppelhaken [12] und etwa zwanzig Musketen und Pulver werden eingelagert. Das Schloss ist aber gut befestigt, so dass im Krieg nur eine Mannschaft von «etwa zwölf Alten» dorthin abkommandiert wird. [13]

1663 St. Andreas gehört Landesfähndrich Karl Brandenberg (1615–1678). Er verpachtet das Schloss an Kaspar Gretener, was wieder zu Streitigkeiten mit der Gemeinde im Städtli führt. Die Gemeinde will Pächter Gretener den Zugang zur gemeinsamen Allmend verwehren. [14]

1678 Nach dem Tod von Karl Brandenberg geht St. Andreas an dessen Söhne Johann Jakob (1648–1713) und Karl Josef Brandenberg (1653–1716). Das Schloss bleibt verpachtet (etwa um 1700 an einen Hans Hausheer). [15]

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St. Andreas mit Kapelle und Turmhaus auf der Ostseite, Ausschnitt aus dem ehemaligen Altarbild von Johannes Brandenberg (1661–1729), undatiert (vor 1720)


1709 Auch im Vorfeld des Zweiten Villmergerkriegs lässt der Zuger Stadtrat St. Andreas wieder mit sechs schweren Hakenbüchsen («toppelhögen»), zwölf Zielmusketen und vier Fässlein Pulver ausrüsten. Man fürchtet einen Angriff der von Bern und Zürich angeführten reformierten Truppen. [16]

1712 Im Zweiten Villmergerkrieg besetzen Zuger Truppen das Schloss. Kommandant ist der Zuger Kunstmaler Johannes Brandenberg (1661–1729).

1717 Mit Helena Brandenberg (geb. 1682), der Witwe von Paul Wolfgang Vogt (geb. 1683), wohnt (letztmals?) eine Vertreterin der Brandenberg auf dem Schloss. [17] Bis 1733 bleibt St. Andreas im Besitz der Familie.

1733 Heinrich Meyer aus Cham ist der neue Schlossherr, damit ist St. Andreas für kurze Zeit in Chamer Hand. Das Schloss bleibt aber ein «offenes haus» und jedem Zuger Stadtbürger bleibt der «ewig zug», also ein unbefristetes Zugrecht, vorbehalten. Meyer darf keine Mauern abbrechen und hat sowohl die Ring- als auch die Gebäudemauern gut zu unterhalten. Zu den Malereien hat er Sorge zu tragen; es darf nichts überstrichen werden. Weil sich im 17. Jahrhundert auch Ammann Brandenberg ins Gemeinwerk einkaufen musste, ist auch Meyer als Untertan verpflichtet, den Einzug zu bezahlen. Überhaupt soll Meyer «kein nagels breith mehr freyheiten als andere underthanen zu geniessen haben». [18]

1746 Johann Jakob Kolin (1694–1756) wird für ein Jahr neuer Besitzer von St. Andreas. [19] Kolin weigert sich, als Zuger Stadtbürger der Gemeinde im Städtli die verlangte Einzugsgebühr zu bezahlen. [20]


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Schloss und Halbinsel von St. Andreas im späten 18. Jahrhundert, Stich von Pierre Birmann (1758–1844), 1791


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Die Allianzscheibe von 1663

1510 Michael IV. Müller (um 1627–1682) Allianzscheibe 1663.jpg

Im Jahr 2017 nahm das Museum Burg Zug eine Bildscheibe des Zuger Glasmalers Michael IV. Müller (um 1627–1682) in seine Sammlung auf, auf der im Vordergrund der Evangelist Johannes auf der Insel Patmos dargestellt ist. An den Ufern des Gewässers im Hintergrund (Zugersee?) sind u.a. Burg und Kapelle von St. Andreas und auch die Pfarrkirche St. Jakob von Cham abgebildet. [21] Die Allianzscheibe von Karl Brandenberg (1615–1678) und seiner zweiten Ehefrau Maria Jakobäa Hurter (gest. 1682) ist heute die älteste bekannte Bildscheibe, auf der das Schloss St. Andreas dargestellt ist.

Die Stifterinschrift lautet: «Herr Hauptman Carl Brandenberg Des Raths Statthalter / Vnd Landtshauptman der Statt Vnd Ambt Zug Frauw / Maria Jacobe Hurterin sein Ehgmachelin Anno 1663». Die Inschrift wird in den Ecken flankiert von den Vollwappen der Eheleute Brandenberg (links) und Hurter (rechts). Rechts unter der Jahreszahl der Stifterinschrift steht das Künstlermonogramm «MM».


Historische Karte

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Ausschnitt aus der Karte des Zürcher Kartografen Hans Conrad Gyger (1599–1674), Ausschnitt mit den Siedlungskernen im Städtli und im Kirchbühl, östlich des Lorzenausflusses und rechts vom Chamer Wappen ist das umfriedete Schloss St. Andreas erkennbar («Die alt Statt und Schloss Kham»), 1667


Einzelnachweise

  1. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.0, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1471–1623, fol. 44r (20.12.1533)
  2. Dendrochronologische Untersuchungen von 2012 belegen als Bauzeit die Jahre 1533 oder 1534
  3. Glauser, Thomas, Der Adlige, der Söldner, die Wohltäterin. St. Andreas und seine Besitzer, in: Zug Erkunden – Bildessays und historische Beiträge zu 16 Zuger Schauplätzen, Jubiläumsband Zug 650 eidgenössisch, Zug 2002, S. 79f. Boschetti-Maradi, Adriano / Holzer, Peter / Meier, Gabi, Schloss St. Andreas , Bauuntersuchung, Ausgrabung, Umbau und Restaurierung, in: Tugium 28, 2012, S. 32
  4. Vgl. Anmerkung 3 (Glauser), S. 81f.
  5. Gemäss jüngeren, nach 1619 datierten Dokumenten erwarb 1569 der Zuger Anton II. Zurlauben (1505–1586) das Schloss St. Andreas und den Löbernhof. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.1.1370, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1552–1649, fol. 177r (02.05.1620). Zurlaubiana, Acta Helvetica 8/91 (22.05.1638)
  6. Zurlaubiana, Acta Helvetica 130/11 (Kaufbrief, 01.10.1591). Walter Imhof war seit 1585 mit Maria Elisa von Roll, Tochter des Urner Söldnerführers Walter Roll (um 1520–1591) und Schwester der Brüder von Roll, in zweiter Ehe verheiratet
  7. Zurlaubiana, Acta Helvetica 8/91 (22.05.1638)
  8. Bürgerarchiv Zug, A 39.4.9.314, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1619–1623, fol. 15v (15.02.1620), fol. 17v (21.03.1620). Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Band 1, Cham 1958, S. 239
  9. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.1.1370, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1552–1649, fol. 177r (02.05.1620)
  10. Bürgerarchiv Zug, A 39.4.9.1198, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1619–1623, fol. 62r (16.07.1622)
  11. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.1.1911, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1552–1649, fol. 216r (15.02.1642), A 39.26.2.239, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1641–1650, fol. 25r (15.02.1642)
  12. Hakenbüchsen waren besonders schwere Handfeuerwaffen
  13. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.3.1554, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1650–1660, fol. 105r (08.11.1655)
  14. Bürgerarchiv Zug, BüA Zug, A 39.26.4.690, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1660–1668, fol. 58v (14.04.1663)
  15. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.11.470, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1699–1703, fol. 68r (18.12.1700)
  16. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.13.779, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1706–1709, fol. 71r (03.06.1709)
  17. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.16.184, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1717–1718, fol. 17v (02.06.1717)
  18. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.22.41, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1733, fol. 8v (17.01.1733), fol. 59v (18.07.1733)
  19. Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Band 1, Cham 1958, S. 239
  20. Bürgerarchiv Zug, A 39.26.28.397, Ratsprotokolle der Stadt Zug 1746–1750, fol. 45r (03.12.1746), fol. 65v (22.04.1747), fol. 67r (29.04.1747)
  21. Sigg, Marco, Blum, Iris, Museum Burg Zug, Tätigkeitsbericht 2017, in: Tugium 34, 2018, S. 61–73, hier S. 71