Page-Coues Charles (1838–1873)

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Portrait von Page-Coues, Charles (1838–1873)
Portrait von Charles Page-Coues (1838–1873)

Vorname: Charles Albert
Nachname: Page-Coues
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 22. Mai 1838
Geburt­sort: Palmyra USA
Todes­datum: 26. Mai 1873
Todes­ort: London UK
Beruf: Journalist, Unternehmer

Charles Albert Page war ein amerikanischer Journalist, Handelsvizekonsul, Verwaltungsrat, Investor und Direktor. Ihm wird die ausgezeichnete Idee zugeschrieben, in Cham die erste Kondensmilchfabrik Europas zu erstellen. In der Folge wirkt er in verschiedenen Funktionen der Anglo-Swiss Condensed Milk Company.




Charles Page-Coues, auf verschiedenen undatierten Aufnahmen
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Stationen

1838 Charles Albert Page wird am 22. Mai in der Siedlung Palmyra Township in Dixon, Illinois, in den Vereinigten Staaten, als zweiter Sohn von Julia und John Page-Fellows geboren. Die Familie sind weisse Siedler und sie leben in einer einfachen Blockhütte im Indianergebiet von Illinois. [1]

1856 Charles Page ist 18 Jahre alt, als seine Mutter Julia stirbt. Deshalb zieht Charles zu seinen Verwandten Sarah und Samuel Fellows-Matson in Mount Vernon, wo diese die eigene Schule, die «Iowa Conference Seminary», betreiben. [2]

1859 Im Alter von 21 Jahren übernimmt Charles Page die Redaktion der Lokalzeitung «Mount Vernon News». [3]

1860 Charles Page nimmt an der Inaugurationsfeier [= Amtseinführungsfeier] von Abraham Lincoln (1809–1865) als amerikanischer Präsident teil. Er ist nach Washington D.C. gezogen und arbeitet im staatlichen Finanzdepartement. [4]

1861 Charles wird wieder Journalist: Er berichtet als Kriegsreporter der «New York Times» von der Front des amerikanischen Sezessionskriegs. Seine Berichte und Reportagen von der Front finden dabei nationale Beachtung. Er lebt nach der Devise «Der erste Vogel erwischt den Wurm» und arbeitet auch mal Tag und Nacht, um hinterher 24 Stunden am Stück zu schlafen. [5]

1865 Der Sezessionskrieg ist zu Ende. Charles Pages Zeitungsartikel waren nicht unbeachtet geblieben, sodass er vom amerikanischen Präsidenten Andrew Johnson (1808–1875) für höhere Aufgaben nach Zürich berufen wird. Der 27-Jährige wird dort Handels-Vizekonsul von Amerika und soll Investitionsmöglichkeiten für amerikanisches Kapital und Knowhow finden. [6]

1866 Charles Page erinnert sich daran, im Sezessionskrieg an der Front Kondensmilch konsumiert zu haben, die seit 1856 in Amerika produziert wird. In der Schweiz hat es viele Kühe, viel Milch, viel Platz – ideal für die Erstellung einer Kondensmilchfabrik. [7] Ihm ist klar, diese Kondensmilch in erster Linie nicht für die Schweiz, sondern für den angelsächsischen Markt zu produzieren. Als Arbeitstitel für die Firma schlägt er «The Alpine Condensed Milk Company» vor. Die Mitgründer der neuen Gesellschaft sind:

  • David Hilton Wheeler als Präsident und Sekretär, ein alter Bekannter der Pages, der in Mount Vernon an die gleiche Schule gegangen war wie die Page-Brüder, mit Wohnsitz in Zürich
  • Philippe E. Lockwood, ebenfalls ein alter Bekannter von Charles Page, der nun in Wohlen AG wohnt und dem das Schloss Hilfikon gehört
  • L.P. Merriam, ein persönlicher Freund von Charles Page
  • James Kerez-Paravicini (1820–1904) aus Zürich, der einzige Schweizer unter den Gründern
  • Neben Charles Albert auch sein Bruder George Ham Page (1836–1899) [8]

Vom Aktienkapitel von 100'000 Franken zeichnet Charles Aktien im Wert von 16’000 Franken, ihm gehört die Anglo-Swiss Condensed Milk Company also zu 16 Prozent. [9] Charles nimmt Einsitz im Verwaltungsrat, dem er bis zu seinem frühen Ableben angehört. [10]

1867 Bereits am 12. Januar gelingt der erste Sud von Chamer Kondensmilch. [11] Für den Fall, dass die Kondensmilch ein Flop werden würde, hatte Charles bereits weitere Projekte geplant und war auch im Ölgeschäft engagiert. [12]

1868 Ernsthafte Differenzen im Verwaltungsrat führen dazu, dass George Ham Page demissionieren will. Er fühlt sich vom Verwaltungsrat gebremst. Beim internen Machtkampf zwischen Verwaltungsrat und Direktion obsiegen schlussendlich George und Charles Page und holen als dritten Verbündeten ihren jüngeren Bruder David (1844–1903) in den Verwaltungsrat. [13]

1869 Um die Absatzmärkte besser bearbeiten zu können, eröffnet George Page in London eine eigene Niederlassung. Zuvor war England nur von einem Agenten betreut worden. Dieses wichtige Büro leitet kein Unbekannter: Es ist Firmengründer Charles Page, der damit den diplomatischen Dienst verlässt und kurz zuvor Grace D. Coues geheiratet hat, die kultivierte Schwester eines Literaturprofessors aus Boston. [14]

1871 Charles hat gesundheitliche Probleme und tritt aus dem Verwaltungsrat der Anglo-Swiss zurück. [15]

1873 Die Anglo-Swiss baut auf Betreiben von Charles Page eine neue Milchfabrik im englischen Chippenham: Aber Charles, der unermüdliche Anreisser, erlebt die Eröffnung der Produktionsstätte selber nicht mehr. Er stirbt im Mai, erst 35 Jahre alt, am 26. Mai an einer Lungenentzündung in London. [16]


Privates

Verheiratet ist Charles Page mit Grace D. Coues. Sie haben vier Kinder: Louis C. (*1869), Charles F. (*1869), Charlotte (*1870) und George A. (*1872). [17]


Anekdote

Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/1871 kann die Anglo-Swiss aufgrund einer Zahlungssperre kein Geld von England in die Schweiz transferieren. Charles Page, kriegsgestählter Frontreporter, löst das Problem auf seine Weise: Er füllt seine Säcke mit Goldmünzen, reist damit in die Schweiz und bezahlt die Bauern in der Umgebung von Cham direkt mit englischen Goldstücken. Die Bauern staunen nicht schlecht, als sie für ihre Milch englischen Münzen mit dem Konterfei der englischen Königin Victoria (1819–1901) erhalten! [18]


Würdigung

Charles Page ergänzte sich mit seinem Bruder George Ham Page vorzüglich: George war der zupackende Manager, Charles mehr der intellektuelle Vordenker. «Miteinander hatten sie ein unschlagbares Duo gebildet.» So verwundert es nicht, dass George meinte, sein Bruder Charles sei «50 Jahre zu früh» gestorben. [19]


Einzelnachweise

  1. Orsouw, Michael van / Stadlin, Judith / Imboden, Monika, George Page, Der Milchpionier. Die Anglo-Swiss Condensed Milk Company bis zur Fusion mit Nestlé, Vevey / Zürich 2005, S. 182
  2. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 40
  3. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 40
  4. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 42
  5. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 42f.
  6. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 44
  7. Orsouw, Michael van / Stadlin, Judith / Imboden, Monika, Adelheid, Frau ohne Grenzen. Das reiche Leben der Adelheid Page-Schwerzmann, Zürich 2003, S. 50
  8. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 47
  9. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 56
  10. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 186
  11. Vgl. Anmerkung 7 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2003), S. 65
  12. Fischer, Manuel, Kondensmilch. Vom Kindernährmittel zum vielseitigen Halbfabrikat der Nahrungsmittelindustrie 1866–1900, in: Veyrassat, Béatrice / Jaun, Rudolf / Gilomen, Hans-Jörg / Müller, Margrit (Hg.): Innovationen – Voraussetzungen und Folgen – Antriebskräfte und Widerstände, Zürich 2001, S. 284
  13. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 64–67
  14. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 70
  15. Fischer, Manuel, Milchmädchen. Wachstum, Orientierungskrise und Innovationsfähigkeit der Anglo-Swiss Condensed Milk Co. (1866–1899), Lizentiatsarbeit Universität Zürich, Luzern 2000, S. 51
  16. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 70
  17. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 182f.
  18. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 72
  19. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw / Stadlin / Imboden, 2005), S. 78