Lorzenweidstrasse, Turbinenhaus

Aus Chamapedia

Kraftwerk Hagendorn, Turbinenraum, 1920
Wehrkanaleinlauf des Kraftwerks Hagendorn, 1920
Das Kraftwerk mit dem Turbinenhaus an der Lorze in Hagendorn, 29.09.2019
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Der Fabrikkanal mit dem Borstenfischpass (Fischaufstiegshilfe)
Vorbereitungsarbeiten für das Einbetonieren beim Kraftwerk Hagendorn (Oberwasserkanal), Februar 2010
Wo sonst Wasser fliesst, klafft eine jetzt grosse Baugrube (Kraftwerk Hagendorn, Unterwasserkanal), Februar 2010

Die Weberei und Spinnerei in Hagendorn war selber für die Energieerzeugung zuständig. Dazu nutzte sie die Lorze und baute ein eigenes Kraftwerk, das Turbinenhaus. 1888 brannte die Fabrik ab, doch das Kraftwerk blieb bestehen.


Chronologie

1860 Zürcher Industrielle um Robert von Muralt (1829–1906) gründen die «Gesellschaft zum Betrieb der Baumwollspinnerei Hagendorn». [1] Sie erwerben Land und Wasserrechte. [2]

1861–1863 Innerhalb von zwei Jahren werden Fabrik, Werkstätten, eine Scheune und ein Wohnhaus gebaut. In der gleichen Zeit entsteht das Kraftwerk, welches das Lorzenwasser nutzt. Dazu lassen die Industriellen die Lorze zweiteilen, um mit dem Seitenkanal Gefälle zu gewinnen. Die Maschinenfabrik Escher Wyss & Cie. liefert die ersten zwei Turbinen für das Kraftwerk am neuen Lorzenkanal. [3]

1888 Am 19. August brennt die ganze Fabrik in einer Nacht nieder, 13 Feuerwehrkorps versuchen vergeblich den Brand zu löschen. 360 bis 370 Arbeiter sind auf einen Schlag arbeitslos. «Es war herzzerreissend, diese weinenden Männer, Frauen und Kinder bei den Ruinen ihrer Arbeitsstätte stehen zu sehen.» [4] Bei der anschliessenden Diskussion um den Wiederaufbau zeigt sich immer wieder die Attraktivität der Wasserkraftanlage, für die sich die Papierfabrik Cham sehr interessiert. Andererseits bildet Direktor Jakob Knaus (1830–1907) ein Konsortium, das die Wasserkraft in die Stadt Zug liefern will. [5] Letztlich zerschlagen sich die Hoffnungen auf einen Wiederaufbau der Spinnerei und Weberei.

1889 Papierfabrikant Carl Vogel (1850–1911) kauft die Liegenschaften, den Boden und vor allem die Wasserkraft für insgesamt 260'000 Franken. «Dieser Ankauf war der einzige Weg, um eine Reihe langwieriger und unfruchtbarer Prozesse zu beenden.» Vogel plane «bestenfalls ein Beiwerk der Papierfabrik». [6]

1894 Carl Vogel lässt das Turbinenhaus erneuern (Ass-Nr. 169o). Es lohnt sich, in die Wasserkraft zu investieren. [7]

1912 Nach dem Tod von Carl Vogel geht die Liegenschaft in den Besitz der Papierfabrik Cham über. [8]

1916–1918 Der Chamer Baumeister Wilhelm Hauser (1874–1943) erstellt das heutige Turbinenhaus, einen eingeschossigen Hallenbau mit neobarocken Formen, Walmdach und feingesprossten Stichbogenfenstern. Der Vorgängerbau von 1894 wird abgetragen. Die beiden Francis-Turbinenanlagen stammen von der Maschinenfabrik Bell & Cie. aus Kriens LU. [9]

1978 Die Liegenschaft (neu: Ass.-Nr. 807a) geht an die Industrieholding Cham AG. [10]

2002 Die Papierfabrik Cham verkauft die Wasserkraftanlage an die Wasserwerke Zug AG. [11]

2009/2010 Die Firma Hydro-Solar Engineering AG saniert im Auftrag der WWZ AG die Anlage. Dabei werden im Kraftwerkgebäude die beiden alten Maschinengruppen durch zwei neue Kaplanturbinen ersetzt. Die Energieproduktion steigt deutlich, von 1,7 Millionen auf 2,7 Millionen Kilowattstunden (plus 58 Prozent). [12]

2024 Das Turbinenhaus ist im Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham aufgeführt. [13]


Kennzahlen

Ausbauwassermenge 12 m3/s
Bruttofallhöhe bei Qa 5,92 m
Turbine 2 x vertikale 4-flügelige Kaplanturbine
Fabrikat Wiegert & Bähr
Laufrad Ø 1100 mm
Drehzahl 333 Upm
Leistung (max. a. Generator) je 350 kW
Generator 2 x Synchron
Fabrikat Hitzinger
Generator-Nennleistung 350 kVA
Spannung 400 V
max. Anlagenleistung 579 kW
Jahreserzeugung 2,7 GWh


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Einzelnachweise

  1. Grünenfelder, Josef, Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug, Neue Ausgabe, Bd. 2, Die ehemaligen Vogteien der Stadt Zug, Bern 2006, S. 273
  2. Industriekultur Schweiz, Objektnummer 6330-11-0
  3. Industriekultur Schweiz, Objektnummer 6330-11-0
  4. Zuger Volksblatt, 22.08.1888
  5. Zuger Nachrichten, 22.12.1888
  6. Neue Zuger Zeitung, 16.03.1889
  7. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  8. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  9. Staatsarchiv Zug, G 617.6.2, Assekuranzregister Cham, 2. Generation (1868–1929), 1. Band
  10. Staatsarchiv Zug, G 617.6.7, Assekuranzregister Cham, 4. Generation (1960–1990), 2. Band
  11. Industriekultur Schweiz, Objektnummer 6330-11-0
  12. Die erfolgreiche Verjüngungskur für alte Stromerzeuger an der Lorze, in: ZEK Wasserkraft, Juni 2011, S. 22–27
  13. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Grundstücknummer 1784 [Stand: 11.04.2024]