Löwen

Aus Chamapedia

Liegenschaft Zugerstrasse 1, Löwen
Der Löwen, ein einfaches Haus neben der Bärenbrücke
Der Bagger reisst den Löwen nieder, 05.11.1996
Der Löwen wird dem Erdboden gleichgemacht, 11.11.1996

Gleich neben der neuen Bärenbrücke, an der Zugerstrasse, stand ab 1865 das bescheidene, zweigeschossige Gasthaus «zum Löwen». An das Restaurant gekoppelt war eine Bäckerei, zeitweilig auch eine Mühle an der Obermühlestrasse und ein Futtermittelbetrieb. Im «Löwen» verpflegten sich ebenso Fuhrleute wie Kaffeedamen – oder später die Käsekuchen- und Pizza-Liebhaber. Heute befindet sich an seiner Stelle ein Geschäfts- und Wohnhaus.


Chronologie

1865 Erster Nachweis eines Hauses «zum Löwen» an der Zugerstrasse 1 (Ass.-Nr. 182) neben der neuen Bärenbrücke. Der Eigentümer ist der Bäcker Mathias Grob. [1]

1879 Bei Mathias Grob können Lose für die erste Vogelausstellung in Zug, organisiert vom Ornithologischen Vereins Zug und Umgebung, gekauft werden. [2]

1887 Neubau des Haus Löwen am strategisch günstigen Standort. Über die Bärenbrücke fahren damals tagtäglich Dutzende von Milchfuhrwerken mit schweren Ladungen für die «Milchsüdi», wie die Anglo-Swiss Condensed Milk Company im Volksmund genannt wird. Der Wirt des «Löwen» stellt auf dem Fenstersims Gläschen mit Bränz (Schnaps) für die Fuhrleute bereit, daneben ein Kässeli für das Entgelt.

1892 Theodor Grob senior (1857–1938) übernimmt den «Löwen», also Bäckerei, Wirtschaft und Kundenmühle. Bereits morgens um vier Uhr ist die Wirtschaft jeweils offen. [3]

1898–1899 Theodor Grob geht 1898 Konkurs und wird 1899 zu vier Jahren Gefängnis wegen Betrug sowie Wechsel- und Urkundenfälschung verurteilt. Seine Frau Louise Grob-Gilgen (*1863) führt nun die Wirtschaft. [4] Als Grund für ihr Patentgesuch gibt sie die Untersuchungshaft ihres Ehegatten Theodor an. Der Jahresumsatz beträgt vergleichsweise hohe 12’000 Franken, der Nettoertrag 1500 Franken. [5]

1902 Im Dorf Cham gibt es 19 Häuser mit Telefonanschluss, eines davon ist der «Löwen». [6]

1905 Das legendäre Käsekuchenrezept des «Löwen» wird erfunden. Theodor Grob-Kaufmann (1893–1944) ist nicht nur Bäckermeister und Wirt, sondern auch noch Müller. [7]

1911 Theodor Grob junior ist einer Mitgründer des Sportclubs Cham. Er wird der erste Aktuar des Fussballvereins. [8]

1944 Theodor Grob junior stirbt mit 52 Jahren. [9] Sein Schwiegersohn Willy Uttinger-Grob (1914–2005) übernimmt die Mühle und den Futtermittelbetrieb, während seine Frau Louise Grob-Kaufmann (1895–1976) zusammen mit ihren Töchtern Louise, Hanny und Marta das Restaurant weiterführt.

1949 Louise Grob-Kaufmann führt den «Löwen» gemeinsam mit ihren Töchtern. [10]

1952 Zu Weihnachten bietet die Bäckerei im «Löwen» an: Zöpfe, Lebkuchen, Pastetli, Patisserie, Birnenweggen, Hefengebäcke, Torten, Konfekt» usw.. [11]

1955 Josefine (1922–2016) und Alois Weber-Dobler (1912–1999) übernehmen Bäckerei und Wirtschaft von Louise Grob. [12] Sie bieten vermehrt auch Patisserie an, etwa «Chräpfli» und 1961 per Inserat die «Schoggi-Spezialität Chamer Bärli», aber auch Schwarzwälder und Zuger Kirschtorten. Dazu gibt es in der Beiz, die sich nun etwas vornehmer «Restaurant» nennt, den «beliebten Haus-Coup, feine hausgemachte Glacé».

1960 Alois Weber kreiert eine neue Chamer Spezialität: die «zartschmelzenden Chamer Bärli», aus heller oder dunkler Schokolade. Die Kunden erhalten diese in einer Geschenkschachtel, die mit dem Schloss St. Andreas geschmückt ist. [13]

1974 Willy Uttinger schliesst die Mühle.

1977 Alois Sidler-Omlin, ein ehemaliger Bäckerlehrling von Weber, übernimmt den «Löwen». Er findet das Käsekuchenrezept von 1905 und reaktiviert eine alte Tradition. Fortan steht der Käsekuchen wieder auf der Speisekarte.

1996 Im November wird das Gasthaus Löwen abgerissen und durch einen Neubau mit Geschäftsräumen, Praxen und Wohnungen ersetzt. Bis 2012 bietet Alois Sidler-Omlin auch hier jeden Freitag seine beliebten Käsekuchen an.


Der Wirtshausname «Löwen»

In Wirtshausnamen soll die Tierbezeichnung auf den Löwen als Symbolfigur für den Evangelisten Markus verweisen, wie der Engel (für Matthäus), der Ochsen (für Lukas) oder der Adler (für Johannes). Weitere Wirtshäuser mit dem Namen «Löwen» gab oder gibt es in Baar, Hünenberg, Menzingen, Neuheim (Sihlbrugg), Oberägeri und in der Stadt Zug. [14]


Einzelnachweise

  1. Staatsarchiv Zug, G 617.6.1, Assekuranzregister Cham, 1. Generation (1829–1868)
  2. Zuger Volksblatt, 16.07.1879
  3. Zuger Volksblatt, 17.11.1892
  4. Zuger Nachrichten, 26.07.1898. Zuger Volksblatt, 18.11.1899
  5. Staatsarchiv Zug, CD 27, Wirtepatente 1892–1918, Mappe Löwen, Gesuch vom 18.07.1898
  6. Gruber, Eugen et al., Geschichte von Cham, Bd. 2, Cham 1962, S. 105
  7. Vgl. Anmerkung 5 (Gruber et al.), S. 118
  8. Zugersee-Zeitung, 11.11.1960 (Inserat)
  9. Zuger Neujahrsblatt 1946, Chronik 19.01.1944
  10. Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Löwen, Gesuch vom 15.07.1949
  11. Zugersee-Zeitung, 19.12.1952 (Inserat)
  12. Zugersee-Zeitung, 27.05.1955. Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Löwen, Gesuch vom 04.07.1955
  13. Zugersee-Zeitung, 04.03.1960
  14. Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 3, S. 193f.