Kloster Frauenthal: Neuanfang nach der Reformation (Mitte 16. Jh. bis Anfang 17. Jh.)
Nach dem Wegzug der Schwestern ist das Kloster 24 Jahre verwaist. Frauenthal wird zu einer Vogtei der Stadt Zug. 1552 wird der Konvent wieder errichtet. Es folgt eine schwierige Zeit. Während 50 Jahren herrscht Streit, wer in Frauenthal das Sagen hat, die Äbtissin und die Nonnen von Frauenthal oder der Rat der Stadt Zug. Zudem ist der Konvent gespalten, die Schwestern sind sich nicht einig, wie das klösterliche Leben gestaltet werden soll. Die Visitatoren berichten von desolaten Zuständen.
Chronologie
1552 Zug stellt an der eidgenössischen Tagsatzung den Antrag, das Kloster wieder mit Nonnen zu besetzen. Der Zuger Gesandte, Ammann Johann Letter (gest. 1583), bezeichnet die Verwaltung Frauenthals durch die Zuger Vögte als wirtschaftlichen Misserfolg. Als Vorsteherin soll Anna von Fulach (vor 1520–1566) aus dem Dominikanerinnenkloster St. Katharinental TG berufen werden. Der Rat von Zug amtet weiter als Schirmherr und übt die Kontrolle über die Verwaltung aus, schliesst für die Frauen Rechtsgeschäfte ab und regelt die Aufnahmebedingungen für Neueintretende. Die ersten drei nachreformatorischen Äbtissinnen werden weitgehend vom Zuger Rat bestimmt. [1]
Das Kloster hat in der Folge etwa 50 Jahre mit grossen inneren und äusseren Schwierigkeiten zu kämpfen. Es geht um die Frage, wer politisch und kirchlich das Sagen hat. Zudem herrschen innerhalb des Konvents unterschiedliche Ansichten über das klösterliche Leben. Bis 1559 werden fünf Klosterfrauen aufgenommen. [2]
1573 Nach der Wiederbegründung des Konvents war der Abt von St. Urban zum Vaterabt der Frauenthaler Schwestern ernannt worden. Nun muss er dieses Amt abtreten, weil die Stadt Zug auf die Unterstellung unter eine näher gelegene Abtei drängt. Es leben nur noch drei Schwestern im Frauenthal, worauf der visitierende Generalabt der Zisterzienser, Abt Nikolaus I. Boucherat (1515–1586) die Zahl der Nonnen auf 12 festsetzt, was den damaligen klösterlichen Einkünften entspricht. Er regelt den Gottesdienst, das Chorgebet und das Gemeinschaftsleben neu und verschärft die Klausurbestimmungen. Offenbar entspricht das Leben der Nonnen im Frauenthal nicht den Vorstellungen des höchsten Zisterziensers. Er mahnt unter anderem an, dass die Nonnen sämtlichen Gebeten beiwohnen, sie nicht vorzeitig verlassen und beim Beten eine geziemende Körperhaltung einnehmen sollen. Nonnen, die streiten oder hadern, sollen «vom Tisch des Herrn» (= von der Kommunion) ausgeschlossen werden. Der Generalabt legt fest, dass die Regeln den Nonnen viermal pro Jahr vorgelesen werden müssen. [3]
Abt Nikolaus I. Boucherat (1515–1586) von Cîteaux übergibt Frauenthal am 23. Juni zusammen mit den Frauenklöstern Gnadental, Wurmsbach, Tänikon und Magdenau der Aufsicht des Zisterzienserklosters Wettingen. [4]
1579 Nuntius Giovanni Francesco Bonomi (1536–1587) besucht Frauenthal und bemängelt die Zustände. Er überwirft sich mit dem Abt von Wettingen, Christoph Silberysen (1542–1608). Darauf wird der Abt von St. Urban wieder als Vaterabt eingesetzt. Die Bestimmungen über Verwandtenbesuche, der laut Ordensregeln in Klausur und Weltabgeschiedenheit lebenden Nonnen, werden verschärft. [5]
1586 Bei der Wahl einer neuen Äbtissin kommt es zu einem Kräftemessen. Dieses steht im Kontext des Rot-Bachmann-Handels in der Stadt Zug. [6] Erzürnte Zuger Bürger wenden sich gegen den aus ihrer Sicht immer selbstherrlicher agierenden Zuger Rat und fordern, dass die Zugerin Barbara Rogenmoser als Äbtissin eingesetzt werde. Der Rat ist in dieser Personalfrage uneins. Der Konvent der Nonnen pocht auf sein Selbstbestimmungsrecht und wählt Katharina Forster (gest. 1589). Dieser emanzipatorische Schritt der Schwestern beunruhigt den Zuger Rat, er fürchtet sein Mitbestimmungsrecht zu verlieren, beschwert sich deswegen 1588 beim Generaloberen der Zisterzienser und wirft wieder die Frage der Visitation auf. Frauenthal untersteht in der Folge ab 1588 wieder der geistlichen Leitung des Klosters Wettingen. [7]
1590 Elisabeth Meyenberg (gest. 1644) wird neue Äbtissin eines gespaltenen Konvents. Einige Frauen sind mit der strengen Klausur und dem gemeinschaftlichen Leben nicht zufrieden und nicht gewillt, sich unterzuordnen. In einem Brief des Wettinger Abts Peter Schmid (1559–1633), der aus Baar stammt, ist von «Unordnung und Ungehorsam» die Rede. Über einige Mitglieder des Konvents wird in der Folge die Exkommunikation verhängt. [8]
1592 Die Lorze wird in Cham durch den Zuger Stadtbaumeister Jost Knopflin den Jüngeren (1550/1552–1634) abgegraben. Durch anhaltendes Regenwetter während dieser ersten Lorzenabgrabung im Juni kommt es zu einer Flut, die das Kloster Frauenthal unter Wasser setzt. [9]
1597 Nuntius Giovanni Della Torre (vor 1549–1623) besucht Frauenthal. Auch er berichtet von desolaten Zuständen. Äbtissin Elisabeth tritt zurück und lebt in der Folge fast 50 Jahre als gewöhnliche Nonne im Kloster. Zwei Nonnen werden aus der Gemeinschaft entfernt und anderen Klöstern zugewiesen. Della Torre sieht das Problem für die schon lange anhaltenden Spannungen vor allem im Rollenverständnis der Zuger Vögte. Abt Peter Schmid von Wettingen schreibt kurze Zeit später in einem Brief an den Zuger Rat, dass Zug in Frauenthal eine Intrige spiele «mit aller Gotteslästerung und Unordnung». Mit Pater Alexander Metzger von Salem wird dem Kloster ein besonnener Mann zur Seite gestellt, der die Wogen wieder glätten soll. Nun kehrt in Frauenthal wieder etwas Ruhe ein. [10]
1601 In einem Brief bezeichnet Abt Schmid Frauenthal noch immer als «ein armes, zuchtloses gotzhus». Das Verhalten einer Nonne hatte das Kloster bis nach Luzern ins Gerede gebracht. [11]
Filmdokument
Das wundertätige Kreuz aus dem Frauenthal
Schwester M. Nicole aus dem Kloster Frauenthal erzählt auf www.kulturpunkte-zug.ch vom wundertätigen Kreuz von Frauenthal
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Einzelnachweise
- ↑ Gruber Eugen / Sommer-Ramer Cécile, Frauenthal, in: Helvetia Sacra, Abteilung III, Bd. 3, Zweiter Teil, Bern 1982, S. 711f.
- ↑ Gruber, Eugen, Geschichte von Frauenthal, Zug 1966, S. 133
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Gruber), S. 133
- ↑ Vgl. Anmerkung 1 (Gruber / Sommer-Ramer), S. 711
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Gruber), S. 137
- ↑ Gruber, Eugen, Geschichte des Kantons Zug, Bern 1968 (Monographien zur Schweizer Geschichte 3), S. 81
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Gruber), S. 138
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Gruber), S. 139
- ↑ Speck, Josef, Stadtbaumeister Jost Knopfli und die «Abgrabung» des Zugersees 1591/52, in: Zuger Neujahrsblatt 1996, S. 27
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Gruber), S. 139f, 142
- ↑ Vgl. Anmerkung 2 (Gruber), S. 141