Camenzind-Hürlimann Hermann (1909–1999)

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Portrait von Camenzind-Hürlimann Hermann (1909–1999)
Portrait von Camenzind-Hürlimann Hermann (1909–1999)

Vorname: Hermann
Nachname: Camenzind-Hürlimann
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 2. März 1909
Geburt­sort: Luzern LU
Todes­datum: 14. April 1999
Todes­ort: Cham ZG
Beruf: Papierarbeiter
Amt: Kantonsrat

Hermann Camenzind-Hürlimann arbeitete in der Papierfabrik als Maschinenführer, daneben war er bei privaten Bauten sehr initiativ und hat Cham während zwei Jahren im Kantonsrat vertreten.



Camenzind-Hürlimann Rosa (1912–1999)
Das 1947 erbaute Haus am Löbernweg 3 mit dem Namen «Vardalla»
Der 1971 erworbene und anschliessend umgebaute Rustico in Dalpe TI


Stationen

1909 Hermann Camenzind kommt am 2. März im Kantonsspital Luzern zur Welt. Seine Eltern sind Elisabetha geb. Birrer (1880–1969) und Clemens Camenzind (1871–1943). Die Familie wohnt in Itelfingen, Meierskappel LU. Zur Schule geht Hermann in Meierskappel, das kirchlich zur Pfarrei Risch gehört. Als in der 6. Klasse sein Lehrer Anton Knüsel wegen Krankheit ausfällt, darf er mit etwa 50 Schülern der 4.-7. Klasse Unterricht halten. Später unterrichtet er seine Mitschüler in der Oberschule bei Abwesenheit des Lehrers im Fach Rechnen. [1]

Als ältester Sohn von 10 Kindern muss Hermann Camenzind auf dem elterlichen Hof mitarbeiten. Seinen Wunsch, Lehrer zu werden, kann er nicht verwirklichen. Wie bescheiden die Verhältnisse sind, in denen er aufwächst, zeigt dies: Bereits ein eigenes Velo ist ein unerfüllbarer Traum. [2] Nebst den Arbeiten auf dem Hof führt er mit dem Vater auf dem eigenen Nauen Holz für die Korporation Zug vom Chiemenwald nach Oberwil, nach Zug und nach Cham und lernt dabei die Tücken des Zugersees bei Sturm kennen. [3]

1929 Nach der Rekrutenschule arbeitet Camenzind vier Jahre als Gartenbaugehilfe im Anwesen «Aabourne» von Dr. Carl Langer in Risch. Im Zeugnis vermerkt der Arbeitgeber, dass er beim Ausbau der Gartenanlage meist zu groben und schweren Arbeiten eingesetzt wurde und dies zu einem Stundenlohn von Fr. 1.10. Dabei hat er sich viel Fachwissen angeeignet und so den Grundstein für seine späteren nebenberuflichen Arbeiten gelegt. [4]

1933 Um französisch zu lernen, geht Hermann Camenzind in die Westschweiz: Er findet Arbeit in den Rebbergen Malherbe in Grandvaux VD (bis 1935). [5]

1936 Camenzind kehrt in den Kanton Zug zurück und heiratet in der Pfarrkirche Risch Rosa Hürlimann (1912–1999). Rosa stammt aus der Oberbossen in Walchwil. Vor der Heirat arbeitete sie in der Landis & Gyr. Den Arbeitsweg legte sie zu Fuss und dann ab Lothenbach mit dem Velo zurück. Das Ehepaar bekommt zwei Töchter, Alice (*1938) und Edith (*1939,) sowie einen Sohn, Armando (*1942).

1937 Die Camenzinds ziehen nach Cham. Rosa arbeitet weiterhin in der Landis & Gyr und Hermann findet ab 1939 eine Anstellung bei der Papierfabrik Cham. Die Familie wohnt an der Knonauerstrasse. In seiner Freizeit leitet Camenzind den Freien Schiessverein Cham. [6] Neben den Schichtarbeiten bleibt genügend Zeit, selbstständig Gartenanlagen anzulegen, Garagen zu bauen und Maurerarbeiten auszuführen. [7]

1947 Hermann Camenzind ist ein geschickter Baumeister, obwohl er diesen Beruf nicht erlernt hat. Er gründet die Baugenossenschaft Criba, die in der Folge drei Zweifamilienhäuser im Löbernquartier plant und baut. Beim Bau seines Hauses am Löbernweg erledigt er viele Arbeiten eigenhändig, vom Aushub bis zur Gartengestaltung. [8]

1948 Die Chamer wählen Hermann Camenzind in den Kantonsrat. Er vertritt bis 1950 die Konservative Partei. [9]

1968 Hermann Camenzind baut auf der früher erworbenen Parzelle an der Weinbergstrasse ein Mehrfamilienhaus mit drei Wohnungen, die er an die Familie seines Sohnes und an zwei weitere Familien vermietet. Für die Umgebungsgestaltung führen ihn seine Wege in den Jura nach Laufen BE, wo er geeignete, unregelmässige Kalksteine sucht, die er in Cham mit Meissel und Trennscheibe bearbeitet und damit kunstvolle Natursteinmauern erstellt. [10]

1971 Mit 62 Jahren beginnt ein neuer Lebensabschnitt: Hermann Camenzind kauft in Dalpe in der Leventina TI einen Rustico mit Umschwung. Nach seiner Pensionierung als Maschinenführer in der Papierfabrik im Jahr 1974 baut er den Rustico nach seinen Ideen zu einem Ferienhaus für die Familie um und als Stützpunkt für weitere Tätigkeiten im Tessin. [11]

1981 Camenzind zieht weiter südwärts nach Lodrino TI und erwirbt im Dorfzentrum einen weiteren Rustico mit Umschwung. Bei der Besprechung mit dem Sindaco erfährt er, dass die Gemeinde ein Servitut auf dem Grundstück des Rustico hinterlegt hat ohne Eintrag im Grundbuch. Die Dorfstrasse soll in einigen Jahren begradigt werden und der Rustico soll weichen. Folglich plant er auf der Parzelle ein Doppeleinfamilienhaus, das mit viel Eigenleistung von ihm und der Familie gebaut und vermietet wird. [12]

1991 Hermann Camenzind kauft im Dorf Lodrino eine weitere Parzelle für den Bau eines Einfamilienhauses, denn dieser Haustyp fehlt ihm noch in den Palmarès. Die Fahrten in den Tessin, die Planung des Hauses, die Arbeiten und die Vermietung werden mit der Zeit zur Belastung, auch wenn sie eine grosse Befriedigung auslösen. [13]

1999 Ein hervorragendes Gedächtnis, breites Fachwissen und Sachverstand ermöglichen ihm bis zur letzten Stunde aktiv am Leben teilzunehmen. [14] Hermann Camenzind stirbt am 14. April im hohen Alter von 90 Jahren, nachdem er am Vorabend als Ehrenpräsident die GV des «Freien Schiessverein Cham» besucht hatte. [15]


Würdigung

Zahlen haben Hermann Camenzind besonders fasziniert. Er schreibt in seinem selbst verfassten Lebenslauf: «Rechnen war für mich eine besondere Begabung aus Gottes Hand. Denn schon bevor ich zur Schule ging, konnte ich auf hundert zählen und das kleine Einmaleins lernte ich unter dem Apfelbaum liegend und nachdenkend auswendig. Wie mir Herr Lehrer Knüsel später bestätigte, schickte er die Schüler der Oberklasse oft in die Unterstufe, weil ich als Einziger die Resultate wusste.» [16] Auch für Sprachen hatte er eine Leidenschaft. Während seiner Zeit im Waadtland lernte er Französisch in «Wort und Schrift». Wusste er von einer Person, dass diese eine Fremdsprache spricht, unterhielt er sich französisch, italienisch oder englisch. Er las Zeitungen in diesen Sprachen und erweiterte so autodidaktisch seine Sprachkenntnisse. Am Sonntag besuchte er den Gottesdienst am liebsten mit den Italienischsprachigen in der Kapelle St. Andreas. [17] Hermann Camenzind muss eine sehr gute und präzise Auffassungsgabe gehabt haben. Er hat beobachtet, wie Garten- und Baufachleute vorgehen und hat sich dadurch weit reichende Fachkenntnisse angeeignet, ohne eine Lehre gemacht zu haben. Als das Löbernquartier in den 1970er Jahren an die Kanalisation angeschlossen wurde, haben ihn einige Anwohnende angefragt, ob er die nötigen Arbeiten ausführen würde. Er hat die nun überflüssigen Fäkalientanks überbrückt und die Anbindung an die Abwasserleitung fachgerecht hergestellt. [18]


Anekdote

Hermann Camenzinds Kiltgänge zu Rosa Hürlimann führten in die Oberbossen weit oberhalb von Walchwil. Hermann ruderte jeweils von Itelfingen über den See nach Lotenbach, wo er das Boot am Ufer vertäute. Dann folgte der steile Aufstieg in die Oberbossen. Die Walchwiler Burschen haben das Eindringen eines jungen Mannes vom anderen Seeufer argwöhnisch beobachtet. Einmal, als Camenzind nach Itelfingen zurückkehren wollte, war das Boot verschwunden. Er musste es längere Zeit suchen, bevor er wieder übersetzen konnte. [19]


Einzelnachweise

  1. Neue Zuger Zeitung, 26.05.1999
  2. vgl. Anmerkung 1
  3. Freundliche Auskunft von Armando Camenzind, Cham, 11.12.2023
  4. vgl. Anmerkung 3
  5. vgl. Anmerkung 1
  6. vgl. Anmerkung 1
  7. vgl. Anmerkung 3
  8. vgl. Anmerkung 3
  9. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  10. vgl. Anmerkung 3
  11. vgl. Anmerkung 3
  12. vgl. Anmerkung 3
  13. vgl. Anmerkung 3
  14. vgl. Anmerkung 3
  15. vgl. Anmerkung 1; vgl. Anmerkung 3
  16. Aufzeichnungen von Hermann Camenzind, undatiert (ca. 1990–ca. 1995, verfasst einige Jahre vor seinem Tod)
  17. vgl. Anmerkung 3
  18. Erinnerung von Thomas Fähndrich, Cham, 12.12.2023
  19. vgl. Anmerkung 3