Hildebrand Johann Baptist (1866–1919)

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Portrait von Hildebrand Johann Baptist (1866–1919)
Portrait von Johann Baptist Hildebrand

Namens­zusatz: Dr. theol. und phil.
Vorname: Johann Baptist
Nachname: Hildebrand
Geschlecht: männlich
Geburts­datum: 8. Februar 1866
Geburt­sort: Cham, Bibersee
Todes­datum: 27. Oktober 1919
Todes­ort: Zürich ZH
Religion: römisch-katholisch
Fried­hof: Cham
Grab­stelle: Priesterfriedhof, Kirchenmauer hinter Kirchturm

Johann Baptist Hildebrand war Teil der Familie Hildebrand aus Bibersee, die in Cham grossen Einfluss hatte. Er war katholischer Priester und Kirchenmusiker. In Zürich hat er den Bau der «Herz-Jesu-Kirche» in Wiedikon massgeblich initiiert. Die Vollendung des Bauwerkes hat er jedoch nicht mehr erlebt.



Grabplatte für Dr. Johannes Hildebrand, Priesterfriedhof Cham, hinter dem Kirchturm, November 2023
Todesanzeige für Johann Baptist Hildebrand, Neue Zürcher Nachrichten, 26.10.1919
Die Kirche Herz-Jesu in Zürich Wiedikon, deren Bau Hildebrand massgeblich gefördert hat


Stationen

1866 Johann Baptist Hildebrand wird am 8. Februar als Sohn Jakob Vinzenz (1833–1885) und Nannette Hildebrand-Bütler (1840–1924) in Bibersee geboren. [1]

1877 Hildebrand besucht das Gymnasium am Jesuitenkollegium in Feldkirch. [2]

1881–1883 Hildebrand wechselt an die Klosterschule in Einsiedeln. Er will Priester zu werden. [3]

1883 Am 25. Oktober tritt Hildebrand ins Collegium Germanicum in Rom ein. [4]

1886 Ein Jahr nach dem Tod seines Vaters promoviert Hildebrand in Rom. [5] Er erwirbt den Doktortitel in Theologie und Philosophie. [6]

1889 Hildebrand wird am 1. November in Rom zum Priester geweiht. [7]

1890–1892 Hildebrand wird am 1. Juni in Cham einstimmig als Kaplan und Organist gewählt. [8] Sein geistlicher Vater, Franz Michael Stadlin (1835–1908), hatte ihn «gedrängt», die vakante Kaplaneipfründe zu übernehmen. Hildebrand tritt sein Amt im Herbst an. [9] Er wirkt knapp zwei Jahre in Cham. [10]

1892 Im Frühjahr erhält Hildebrand den Ruf als Professor an das Gymnasium der Zuger Kantonsschule. Er wirkt dort drei Jahre. [11] Hildebrand ist Benefiziat zu St. Karl in Zug. [12]

um 1895 Hildebrand tritt in den Jesuitenorden ein. Er besucht das Noviziat in Exaten NL, muss aber nach eineinhalb Jahren feststellen, dass er dem strengen Leben im Noviziat nicht gewachsen ist. Er kehrt in die Schweiz zurück. [13]

um 1897 Hildebrand reist zur Erholung nach Montreux VD. Dort lernt er den katholischen Pfarrer von Lausanne kennen. [14] Nach Beendigung der Kur wirkt Hildebrand vier Jahre als Vikar in Lausanne, wo er sich vor allem um die Deutschsprechenden kümmert. Er ist Präses des Gesellenvereins. [15]

1899 Hildebrand wird nach Zürich in die Kirche St. Peter und Paul in Aussersihl geholt. Am 28. Oktober tritt er seinen neuen Posten als Vikar, Kirchenmusiker und Religionslehrer an. [16]

1915 Hildebrand wird am 25. August zum Pfarrer von St. Peter und Paul gewählt. Er zögert, dieses Amt anzunehmen und soll damals gesagt haben, dass er in fünf Jahren unter der Erde sein werde. St. Peter und Paul, die katholische Hauptkirche in der Stadt Zürich, zählt mehr als 20'000 Katholiken [17] und umfasst das ganze linke Limmat- und Seeufer ausser Altstetten und Albisrieden. [18] Neben den Kernaufgaben eines Pfarrers setzt er sich vor allem für die katholischen Vereine und die Jugendarbeit ein.

Hildebrand ist treibende Kraft für die Gründung der Pfarrei Herz Jesu in Wiedikon ZH. [19] Nach seinem Amtsantritt beginnt er mit der Geldbeschaffung für die Kirche in Wiedikon. Sammlerinnen in der eigenen Pfarrei, Bettelpredigten und Bettelbriefe in der ganzen Schweiz und private Stiftungen lassen den Baufonds trotz des 1914 ausgebrochenen Ersten Weltkriegs schnell anwachsen. [20]

1916 Am 27. April kann Hildebrand einen Bauplatz an der Aemtlerstrasse für die neue Kirche Herz Jesu erwerben. [21] Viele wundern sich, dass die neue Kirche in Wiedikon auf der grünen Wiese am Rand eines Quartiers gebaut werden soll. Wenige Jahre später ist rundherum alles überbaut. [22]

1919 Am 27. Juni, am Herz-Jesu-Fest, reicht Pfarrer Hildebrand das Bauprojekt beim Bischof in Chur ein. [23] Er erlebt den Baubeginn nicht mehr. Mitte Juli bricht Hildebrand zusammen. Er kann sich nicht mehr erholen und stirbt wenige Monate später am 27. Oktober mit gut 53 Jahren. Er wird auf dem Priesterfriedhof in Cham beigesetzt. [24]

1920/1921 Sechs Monate nach Hildebrands Tod erfolgt am 20. April der Spatenstich für die Kirche Herz-Jesu. In einer Rekordzeit von nur zehn Monaten wird die Kirche gebaut und am 26. Juni 1921 eingeweiht. [25]

1925/1926 Das Vereinshaus «Johanneum» wird erbaut und am 30. Oktober 1926 eingeweiht. Der Name ist zu Ehren des vor sechs Jahren verstorbenen Pfarrers Johannes Baptist Hildebrand gewählt worden. [26]


Würdigung

Als Doktor der Theologie und der Philosophie gehörte Johann Baptist Hildebrand zweifellos zu den gebildetsten Priestern seiner Generation. Trotzdem hat er 25 Jahre lang als Kaplan, Lehrer, Vikar und Kirchenmusiker gewirkt. Er hat in verschiedenen Pfarreien mitgearbeitet, jedoch nicht als verantwortlicher Leiter.

Er war 49-jährig, als er in Zürich, ausserhalb der katholischen Stammlande, die Verantwortung für eine grosse Pfarrei und für den Bau einer neuen Kirche übernahm. Ihm scheint bei seiner Amtsübernahme bewusst gewesen zu sein, dass ihn diese Aufgabe an seine Grenzen bringen wird. Bei seiner Amtsübernahme hat er gegenüber einem anderen Priester die prophetisch wirkende Aussage gemacht, dass er in fünf Jahren «unter der Erde» sein werde. Was er damals offenbar ahnte, ist schon vier Jahre später eingetreten. [27]

Hildebrand war nicht nur Theologe, sondern auch ein sehr begabter Kirchenmusiker. Er spielte die Orgel, wirkte als Dirigent von Kirchenchören und Komponist. Er war auch Autor des Kirchengesangbuches «Cantate». [28]

In einem Nachruf in den «Neuen Zürcher Nachrichten» schreibt der Autor sehr wertschätzend über Hildebrand. [29]

Das grosse von ihm massgeblich mitgetragene Werk, den Spatenstich und die Vollendung der Kirche «Herz-Jesu» in Wiedikon, hat er nicht mehr erlebt. Ihm zu Ehren wurde das Vereinshaus der Pfarrei Herz-Jesu in Zürich Wiedikon «Johanneum» genannt. [30]


Einzelnachweise

  1. Iten, Albert, Tugium Sacrum. Der Weltklerus zugerischer Herkunft und Wirksamkeit bis 1952, Stans 1952, S. 241f.
  2. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  3. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  4. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  5. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  6. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.; Chronik der Stadt Zürich, 04.09.1915
  7. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.
  8. Zuger Nachrichten, 04.06.1890
  9. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  10. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.
  11. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  12. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.; Chronik der Stadt Zürich, 04.09.1915
  13. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  14. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  15. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f. Chronik der Stadt Zürich, 04.09.1915. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  16. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  17. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  18. Neue Zürcher Nachrichten, 27.06.1946
  19. Fischer, Rainald, 100 Jahre St. Peter und Paul, S. 190
  20. Neue Zürcher Nachrichten, 27.06.1946
  21. Truffer, Henri, Verband der römisch-katholischen Kirchgemeinden der Stadt Zürich, S. 196
  22. Neue Zürcher Nachrichten, 27.06.1946
  23. Neue Zürcher Nachrichten, 27.06.1946
  24. Vgl. Anmerkung 1 (Iten), S. 241f.
  25. Neue Zürcher Nachrichten, 27.06.1946
  26. Vgl. Anmerkung 21 (Truffer), S. 196
  27. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  28. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  29. Neue Zürcher Nachrichten, 28.10.1919
  30. Neue Zürcher Nachrichten, 27.06.1946