Wille-Vogel Fritz (1874–1912)

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Vorname: Fritz
Nachname: Wille
Geschlecht: männlich
Abweichende Namensform: Friedrich Franz August Arnold
Geburts­datum: 1874
Geburt­sort: Thun BE
Todes­datum: 11. April 1912
Beruf: Ingenieur, Direktor, Offizier
Religion: evangelisch-reformiert

Fritz Wille war der älteste Sohn von Ulrich Wille, dem Schweizer General im Ersten Weltkrieg. Er war von 1906 bis zu seinem Tod im Jahr 1912 Direktor der Fabrik Cham der Nestlé & Anglo-Swiss Condensed Milk Company.




Stationen

1874 Fritz Wille wird in Thun BE geboren. [1] Er ist der Sohn von Ulrich Wille (1848–1925), ab 1914 General der Schweizer Armee während des Ersten Weltkriegs, und von Clara von Bismarck (1851–1946). [2]

ab ca. 1881 Wille durchläuft die Schulen in Zürich. [3]

1893 Wille schreibt sich an der Universität Zürich an der philosophischen Fakultät ein und studiert Chemie. [4]

1894 Wille wird Leutnant der Kavallerie. [5] Später wechselt er zur Infanterie und wird im Kanton Schwyz eingeteilt. [6]

1895 Leutnant Fritz Wille, Sohn des Waffenchefs der Kavallerie, belegt auf der Irländerstute "Rosamunde" bei einem Offiziersjagdrennen trotz Sturz bei einem Hindernis den zweiten Platz. Sieger wird Kavallerie-Leutnant Vogel von Cham mit seiner Vollblutstute «Franchise». [7]

1900 Fritz Wille aus Feldmeilen ZH erwirbt an der Königlich Technischen Hochschule in Dresden das Diplom für das Fach eines Bauingenieurs. [8] Als Ingenieur betätigt er sich an den Hamburger Hafenbauten, an der Spiez-Frutigen-Bahn, sowie bei der Neuenegg-Laupen-Bahn. [9]

1902 Wille heiratet Johanna Karoline Vogel (1879–1945). [10] Sie wird Lien genannt, stammt aus den Niederlanden und gehört der Grossbourgeoisie an. [11] [12]

1903 Fritz Wille wird von der Chamer Milchfabrik mit Amtsantritt am 1. Februar als Direktor ins Werk Düdingen FR berufen. [13]

1906 Fritz Wille von Zürich in Cham wird zum Direktor der Fabrik in Cham ernannt. Er führt Einzelunterschrift unter Voransetzung der Formel «Nestlé and Anglo-Swiss Condensed Milk Co, Fabrik Cham. Der Direktor: » [14]

Wille Fritz, Direktor in Cham, ist im Verzeichnis der Mitglieder des deutschen geschichtsforschenden Vereins des Kantons Freiburg aufgeführt. Er ist bis mindestens 1909 Mitglied dieses Vereins. [15]

1907 Bei den Militärmanövern vom 9. und 10. September amtet Hauptmann Fritz Wille als Schiedsrichter. [16]

1909 Die Schwyzer Regierung befördert Hauptmann Fritz Wille zum Major und überträgt ihm provisorisch die Führung des innerschwyzerischen Bataillons 86 im Wiederholungskurs 1909. [17]

Die Zuger Berg- und Strassenbahn AG in Zug wählt neben Ingenieur Heinrich Landis (1879–1922), den Zuger Stadtrat August Wyss (1853–1933), Ingenieur Ernst von Perrot in Morschach SZ und Direktor Fritz Wille in Cham in den Verwaltungsrat. [18]

1911 Fritz Wille verklagt Melchior Camenzind (1872–1938), Pfarrer von Wädenswil ZH und Feldprediger. Er sei intolerant und verletzend gegen Andersgläubige gewesen. Die Klage wird abgewiesen. (vgl. unten: Willes Kritik an der Predigt des Feldpredigers Camenzind) [19]

1912 Auf Neujahr wird Wille Major im Generalstab im Stab der 6. Division.

Am 11. April stirbt Wille 38-jährig. Er hatte in Zürich an einem von seinem Vater, Oberstkorpskommandant Ulrich Wille, geleiteten militärischen Kurs teilgenommen und war in einer Gasse in der Stadt Zürich vom Pferd gestürzt. [20] Er wird mit militärischen Ehren beigesetzt. [21] Der deutsche Kaiser Wilhelm der Zweite spendet ein aus seltenen Orchideen zusammengestelltes Arrangement. Auf der weißen Moirsschleife ist über einem W die deutsche Kaiserkrone in Gold eingestickt. [22]


1510 Todesanzeige für Fritz Wille der Nestlé and Anglo.png 1510 Todesanzeige der Familie für Fritz Wille.png

Todesanzeigen der «Nestlé and Anglo-Swiss Condensed Milk Co.» und der Familie


Willes Kritik am Feldprediger Camenzind

1911 übt Wille Kritik an einem Feldprediger, der nach seiner Meinung intolerant gegenüber Andersgläubigen gepredigt hat. Die Schwyzer Zeitung schreibt dazu:

«Bekanntlich hat das Regiment 29, dem die beiden Schwyzer Bataillone angehören, einen Feldprediger mit hervorragendem Rednertalent, den Wädenswiler Kilchherrn hochw. Herrn M. Camenzind. Seit 1902 haben unsere gläubigen Offiziere und Soldaten mit Freuden das Wort Gottes von ihm verkünden hören, es war immer ein Hochgenuss; auch Offiziere protestantischer Konfession teilten diese Bewunderung. — Anderer Ansicht war Herr Major Fritz Wille von Cham. Dieser hat nach dem letzten Truppenzusammenzuge unsern Feldprediger beim schweizerischen Militärdepartemt wegen der Predigt vom Uznaberg verklagt, sie sei intolerant und verletzend gegen Andersgläubige gewesen und verlangte deshalb dessen Versetzung. Dabei stützte sich der Herr Major aus das Zeugnis von zwei „streng katholischen" Offizieren (??). Herr Korpskommandant Oberst von Sprecher hat nun nach durchgeführter Untersuchung entschieden, dass die Beschwerde des Herrn Majors vollständig unbegründet sei.» [23]


Beschreibung von Willes Beerdigung

«Er war den Soldatentod gestorben und mit allen militärischen Ehren würde er zu Grabe geleitet. So gestalteten sich Samstag nachmittags die Bestattungsfeierlichkeiten für den auf so tragische Weise verunglückten Herrn Major i. G. Fritz Wille zu einer imposanten, äußerst eindrucksyollen Trauerkundgebung. Ein hellichter Frühlingstag glänzte über Zürich; vom See herüber grüßten Wiese und Feld in jungem, satten Grün, und es war tief ergreifend, als um halb vier Uhr sich der gewaltige Leichengug von der Villa Schönfeld aus unter den Klängen des Chopinschen Trauermarsches durch den Wesendonckschen Park bewegte, wo eben die ersten Blumen sich in den üppigen Rasen mischten und die Vögel ihre ersten Frühlingslieder zwitscherten. An der Spitze marschierten die Musik und eine Schützenkompagnie mit umflorter Fahne. Ihnen folgten zwei Blumenwagen, denen sich der Sargwagen anschloß. Der Sarg selbst war nicht mit Kränzen behangen; anspruchslos und einfach nach Soldatenart zierte ihn eine garte Girlande in frischem Grün. Hinter den nächsten Angehörigen begleiteten die Oberstdivisionäre Steinbuch und Schießle, die Oberstleutnants Bruggisser und Michalski, die Offiziere des Korpsstabes 8 und des Divisionsstabes 6 den treuen Kameraden zur letzten Ruhe; ihnen schlossen sich Oberst Bridler und Oberstleutnant Mercier an, dann folgten die Offiziere der Bataillone 86 und 72, die der Verstorbene einst befehligt hatte. Die Offiziere des Kurses für höhere Stäbe des 8. Armeekorps nahmen in corpore an der Feier teil; auch die früheren Kameraden von der Kavallerie waren zahlreich zum letzten Geleite erschienen. Viele wundervolle Kränze, die von Soldaten im Zuge getragen wurden, legten ein beredtes Zeugnis von der trauernden Anteilnahme ab und gaben dem aufrichtigen Schmerz, den die erschütternde Todesnachricht erweckt hatte, stummen Ausdruck. Den übrigen Offizieren in Uniform folgten - die · Vertreter der Nestlé and Anglo-Swiß Condensed Milk Company, und dann kam die lange Reihe der Freunde und Bekannten des Verstorbenen und seiner Familie. Es war ein großer, feierlicher Zug. Vom Park--ausgang der Seestraße entlang bildete das Rekruten Bataillon 5/I erst Spalier und schloß sich dann dem Geleite an. Lautlos ließ die zu Tausenden zählende Menge den Leichenkondukt vorüberziehen. Manches Mannesauge sah man in den Straßen feucht werden, denn zu viele schöne Hoffnungen wurden hier zu Grabe getragen. Vor dem Krematorium im Friedhof Sihlfeld galt es für die Angehörigen, die Kameraden, die Freunde und Bekannten Abschied zu nehmen von den sterblichen Ueberresten Fritz Willes. In einer kurzen, gehaltvollen Ansprache zeichnete Herr Oberstdivisionär Schießle die militärische Laufbahn des Verstorbenen. [...] Als der letzte Trauermarsch der Musik verklungen war, hoben vier Soldaten den Sarg und trugen ihn in das Krematorium. Ein Schützenzug setzte die Gewehre an und drei Ehrensalven durchzitterten die Luft. Langsam verzog sich die Trauergemeinde. Mit dem leisen Ertönen der Abendglocken hatte die eindrucksvolle Feier ihr Ende gefunden.» [24]


Würdigung

In der Chronik der Stadt Zürich:

«Was Major Wille als Offizier auszeichnete, war seine noble Gesinnung, sein offenes bestimmtes Wesen, seine Charakterfestigkeit. Seine Arbeit war immer ein Muster von Gründlichkeit; sein Blick blieb stets auf das Grosse gerichtet. Den gleichen Massstab der Strenge, mit dem er seine Untergebenen behandelte, wendete er auf sich selbst an. Die Schwyzersoldaten setzten grosses Vertrauen in ihn, weil sie in ihm einen Offizier erkannten, der tüchtig war, der trotz aller Strenge es gut mit ihnen meinte. So hat unsere Armee leider einen ihrer Wägsten verloren. Mitten aus vollem Wirken heraus ist Major Wille abberufen worden und als Soldat gestorben — was er uns allen gewesen, bleibt unvergessen!» [25]

In der Traueranzeige der «Nestlé and Anglo-Swiss Condensed Milk Co.»:

«Herr Fritz Wille hat während 3 Jahren unsere Fabrik in Düdingen mit Erfolg geleitet und wurde hierauf im Oktober 1906 mit der Leitung der Fabrik Cham betraut, woselbst er eine nutzbringende und wohltätige Wirksamkeit im Interesse der Gesellschaft sowohl als in jenem der Arbeiterschaft entfaltete. Es berührt uns der unerwartete allzufrühe Hinscheid umso tiefer, als wir in dem Verstorbenen einen pflichttreuen Mitarbeiter verlieren, welcher über vielseitiges Wissen und hervorragendes Organisationstalent verfügte, gepaart mit einem im Gefühl der Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und des Wohlwollens getragenen Charakterfestigkeit, die ihm ein freundliches Andenken seiner Vorgesetzten und Untergebenen sichern.» [26]

In der Neuen Zürcher Zeitung über den Offizier Wille:

«Wenn je ein Schweizer Offizier den Beweis erbringen konnte, daß unser Heer jeder Berufsarmee ebenbürtig sei, war es Major Fritz Wille. Er kannte unsere Truppe in ihren Vorzügen und ihren Mängeln; er wußte, was unserer Armee frommt, und mit der ihm eigenen Tatkraft und Energie verfolgte er das Ziel, das ihm vorschwebte. Mit tiefem Ernst hatte er seine militärische Stellung erfaßt; er hatte erkannt, daß das Geheimnis jedes militãrischen Erfolges in der Mannszucht beruht. Und die gleiche Mannszucht, die er so streng an sich selbst übte, forderte er von seiner Truppe, die er zu gewissenhafterPflichterfüllung erzog. Er— war ein strenger, aber gerechter und liebevoller Vorgesetzter, und treue Anhänglichkeit bewahrte ihm seine Mannschaft. Alle seine Charaktereigenschaften machten Fritz Wille · zu. einem Offizier, wie wir nur wenige besitzen, und die gange Armee hat seinen Tod tief zu bedauern. Doch der Geist, den er pflanzte, wird in ihr fortleben, das versprechen seine Vorgesetzten und seine Mannschaft an der Bahre dieses Ritters ohne Furcht und Tadel, den sie nimmer vergessen werden. [...] Vom Kameraden und Freund Fritz Wille sprach Herr Major Hermann Meher, sein Nachfolger im Kommando des Bataillons 86. Dem Verstorbenen galt der Grundsatz der treuen Pflichterfüllung am höchsten. Doch so ausgeprägt, er seinen Ideen nachlebte, seinen Freunden drängte er sie nicht auf; das Beispiel und der persönliche Verkehr machten sie lebendig. Fritz Wille war eine offene, arundehrliche Natur, er bräuchte keine Worte, um Gedanken zu verschleiern. Was er allen denen war, die näher mit ihm verkehren konnten, läßt sich nicht ausdrücken und die Lücke, die sein Tod zurückläßt, wird ihnen niemand ausfüllen können.» [27]

In der Neuen Zürcher Zeitung über Wille als Direktor der Milchfabrik in Cham:

«Von der allgemeinen Verehrung und Liebe, die Fritz Wille als Direktor der Chamer Fabrik der Nestlé and Anglo-Swiß Condensed Milk Company genoß, zeugen die Worte, die ein Vertreter dieser Gesellschaft an der Bahre sprach. Mit dem Rüstzeug einer umfassenden technischen Bildung verband Fritz Wille einen außerordentlich klaren Blick und sicheren Geschäftssinn. Entschlußkraft und Entschlußfreudigkeit waren ihm eigen; mit peinlichster Gewissenhaftigkeit verfolgte er seine Ziele. Bei seinen Vorgesetzten und bei seinen Untergebenen war er in gleicher Weise beliebt, und seine großen Verdienste um die gedeihliche Entwicklung des Unternehmens können erst später voll gewertet werden. Die Fabrik in Cham ist unter dem starken moralischen Einfluß, den schon seine Persönlichkeit ausübte, zu einem Musterbetrieb geworden. Nicht nur die Verwaltung und die Arbeiter, auch die Bauern, deren Bedürfnisse er so wohl kannte, werden ihm dafür immer dankbar fein.» [28]


Einzelnachweise

  1. Chronik der Stadt Zürich, 20.04.1912
  2. Jaun, Rudolf, «Wille, Ulrich», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.11.2024. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/024433/2024-11-22/ [Stand 25.11.2024].
  3. Chronik der Stadt Zürich, 20.04.1912
  4. vgl. Anmerkung 1; https://www.matrikel.uzh.ch/active/static/24013.htm [Stand: 25.11.2024]
  5. Der Bund, 28.12.1894
  6. Chronik der Stadt Zürich, 20.04.1912
  7. Berner Volksfreund, 12.06.1895
  8. Neue Zürcher Zeitung, 19.07.1900
  9. Chronik der Stadt Zürich, 20.04.1912
  10. https://www.matrikel.uzh.ch/active/static/24013.htm [Stand: 25.11.2024]
  11. Adrian Zimmermann, Klassenkampf und Klassenkompromiss. Arbeit, Kapital und Staat in den Niederlanden und der Schweiz, 1914-1950, Bern 2012, S. 76
  12. Sie wird während des 1. Weltkriegs Privatsekretärin ihres Schwiegervaters, General Ulrich Wille, und verfasst später ein Büchlein mit dem Titel «General Wille, Erinnerungen von L. Wille-Vogel». Schweizer Soldat : Monatszeitschrift für Armee und Kader mit FHD-Zeitung, Band 9 (1933-1934), S. 378
  13. Der Murtenbieter, 27.02.1904
  14. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 24 (1906) Neue Zürcher Nachrichten, 06.11.1906
  15. Freiburger Geschichtsblätter, Band 13 (1906), S. XV
  16. La Suisse, 28.08.1907
  17. Neue Zürcher Zeitung, 31.08.1909
  18. Schweizerisches Handelsamtsblatt (SHAB), Band 27 (1909), S. 1570; Neue Zürcher Nachrichten, 16.09.1909
  19. Neue Zürcher Nachrichten, 14.02.1911
  20. Die Schweiz: schweizerische illustrierte Zeitschrift, Band 16 (1912), S. 212
  21. Berner Tagwacht, 11.04.1912
  22. Neue Zürcher Zeitung, 16.04.1912
  23. Neue Zürcher Nachrichten, 14.02.1911
  24. Neue Zürcher Zeitung, 15.04.1912
  25. Chronik der Stadt Zürich, 20.04.1912
  26. Der Bund, 12.04.1912
  27. Neue Zürcher Zeitung, 15.04.1912
  28. Neue Zürcher Zeitung, 15.04.1912