Volkszählung 1781

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Zusammenzug der Resultate der Volkszählung 1781 von Pfarrer Josef Martin Spillmann


Die Volkszählung von Pfarrer Josef Martin Spillmann gehört zu den ältesten Erhebungen dieser Art in der Pfarrei Cham-Hünenberg. Obwohl die Zählung nicht ohne Fehler ist, gibt es einen guten Überblick zur Grösse und Zusammensetzung der verschiedenen Chamer Nachbarschaften im späten 18. Jahrhundert.


Einleitung

Josef Martin Spillmann (1748–1827) aus Zug wird im Januar 1781 zum Pfarrer von Cham gewählt. Er sieht es als seine Aufgabe, zunächst einmal eine Übersicht zu gewinnen und sämtliche «stuben», «communicanten» und «seelen» seiner grossen Pfarrei Cham-Hünenberg zu erfassen. Einleitend schreibt er: «Anno 1781 den 31. jenner hab ich joseph martin spilman im 33 Jahr meines alters als unwürdiger seelsorger die weitschichtige und beschwerliche pfarreÿ von chaam angetretten, im nämlichen jahr hab ich mit vieler mühe die ganze pfarreÿ von haus zu haus durchwandert, und von allen pfarrkindern aus beiden löblichen gerichten chaam und hünenberg folgendes genaues verzeichnis aufgenommen.» [1] Spillmann bleibt bis zu seinem Tod 1827 fast ein halbes Jahrhundert Pfarrer in Cham und erlebt den Neubau der Pfarrkirche St. Jakob von 1783 bis 1796 sowie die Besetzung durch die Franzosen 1798 mit. [2]


Transkription: löbliches gericht chaam

[Nachbarschaft] stuben eheleuth jüngling communicanten jungfrauen communicanten knaben minderjährige jungfr[auen] minderjährige witling witfrauen frembde manspersonen frembde weibspersonen
gmeind kilchspüol 16 13 paar 27 20 26 11 2 4 5 3
gmeind äniken 7 5 11 8 6 5 1 4 1 1
gmeind lindenchaam 23 22 52 32 22 18 3 2 7 7
gmeind frieslichaam 12 10 28 23 5 9 2 3 2 3
gmeind stätli 33 28 39 49 39 35 4 7 14 4
gmeind bibersee 11 4 9 4 4 2 - 1 2 1
oberwill [?] 3 4 3 5 4 1 3 - 2
gmeind niderwill 14 14 25 6 16 13 - 1 1 -
gmeind rumeldiken 29 18 35 25 21 16 - 1 2 2
jsliken, hatwill, wanghüsern, und klosterdienst 4 3 3 5 3 8 - - 9 5
[Zusammenzug] - 120 232 [233] 175 147 121 13 26 45 24 [3]

Am Schluss fasst Pfarrer Spillmann zusammen: «seelen in summa hat das gericht chaam 1025; communicanten 454; gericht chaam hat stuben 140» [4]


Bemerkenswertes

  • Für Cham und Hünenberg zusammen zählt Pfarrer Spillmann 1986 Seelen, davon 1147 Kommunikanten und 264 Stuben. [5]
  • Bei der Zählung in der Pfarrei oder beim Zusammenzug sind Spillmann aber offensichtlich auch Fehler unterlaufen (was nicht erstaunt, er war offensichtlich alleine und über eine längere Zeitdauer unterwegs). In Cham zählt er 140 Stuben, allerdings fehlt eine Angabe zur Nachbarschaft Oberwil. Addiert man die in der Tabelle notierten Werte, erhält man aber auch ohne Oberwil bereits 149 Stuben. Auch erkennt man in der Tabelle zahlreiche Streichungen und Korrekturen in den einzelnen Spalten. [6]
  • Nicht ganz klar ist auch, wie Spillmann auf die Kommunikantenzahl von 454 kommt. Allein schon die Addition der 240 Verheirateten, der 232 [233] kommunizierenden Jünglinge und der 175 Jungfrauen ergibt 648 Personen. [7]
  • Im Zisterzienserinnenkloster Frauenthal hat Pfarrer Spillmann zwar die Angestellten, nicht aber die Äbtissin Maria Agatha Herzog (1723–1806), die 21 Chorfrauen und die sieben Laienschwestern des Klosters erfasst. Diese standen 1781 unter der seelsorgerischen Obhut von Pater Ludwig Klein OCist aus Wettingen (gest. 1805). [8]
  • Die fehlenden Schwestern aus dem Frauenthal vermögen den markanten Männerüberschuss nicht zu kompensieren: Gemäss Spillmann lebten 1781 in Cham 557 Männer und 466 Frauen. Einzig bei den Verwitweten gibt es einen klaren Frauenüberschuss. 69 Jahre oder etwa drei Generationen später besteht der Männerüberschuss nach wie vor: Die erste eidgenössische Volkszählung von 1850 erfasst 699 Männer und 623 Frauen. [9]


Volkszählungen in Cham im 18. und im frühen 19. Jahrhundert

Wie alle voreidgenössischen Volkszählungen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts müssen auch die Zahlen Spillmanns mit einer gewissen Vorsicht interpretiert werden. [10] Der Vergleich mit anderen Bevölkerungserhebungen aus dem Zeitraum von 1743 bis 1850 zeigt folgende Resultate:

  • Der Zuger Arzt und Historiker Franz Karl Stadlin (1777–1829) beschreibt in seiner Kantonsgeschichte eine stark ansteigende Bevölkerungszahl in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts: 1743 hätten in der Pfarrei Cham-Hünenberg 1932 Menschen gelebt, 1785 dann 2450. [11]
  • 1771 lässt der Zuger Stadtrat in den fünf Vogteien Cham, Hünenberg, Steinhausen, Gangolfswil (Risch) und Walchwil Angaben zu Wohnhäusern, Einwohnern, Vieh und Getreide erheben. In Cham werden 840, in Hünenberg 812 Einwohner, also total 1652 gezählt. [12]
  • Nach dem Krisenjahr 1816 – ausserordentlich schlechtes Wetter brachte Missernten, Teuerung und Hunger – liess die Zuger Regierung im April 1817 die in den zehn Gemeinden gelagerten Lebensmittel, die Vieh- und Heubestände sowie die Menschen erheben. In Cham wurden 1004 Menschen gezählt (583 Kommunikanten; 260 Kinder; 107 Dienstpersonal und Ansässige, Kantonsbürger; 54 Dienstpersonal, Nicht-Kantonsbürger). [13]
  • Die erste zuverlässige Volkszählung von 1850 registriert dann in Cham 1322 Personen in 138 Liegenschaften und in Hünenberg 1302 Personen in 115 Liegenschaften. [14]
  • Bis heute nicht untersucht sind die Auswirkungen der Hungersnöte von 1770/71 und von 1816/17 auf die Sterblichkeit (Mortalität) in der Pfarrei Cham-Hünenberg.


Einzelnachweise

  1. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/21
  2. Iten, Albert, Tugium sacrum. Der Weltklerus zugerischer Herkunft und Wirksamkeit bis 1952, Stans 1952, S. 385f.
  3. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/21
  4. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/21
  5. Für Hünenberg: «gericht hünenberg hat seelen in summa 961; communicanten 693; gericht hünenberg hat stuben 124.» Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/21
  6. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/21
  7. Pfarrarchiv / Kirchgemeindearchiv Cham-Hünenberg, A 1/21
  8. Gruber, Eugen, Geschichte von Frauenthal, Zug 1966, S. 227, 246–249, 274
  9. Glauser, Thomas / Hoppe, Peter / Schelbert Urspeter, 12 Bevölkerungsporträts: eine Auswertung der Volkszählung von 1850, in: Der Kanton Zug zwischen 1798 und 1850, Bd. 2, Zug 1998, S. 108
  10. Vgl. Anmerkung 9 (Glauser / Hoppe / Schelbert), S. 7. Lüönd, Werner, Die Volkszählungen des 19. Jahrhunderts im Kanton Zug, in: Tugium 6, 1990, S. 70–94
  11. Stadlin, Franz Karl, Die Geschichten der Gemeinden Chaam, Risch, Steinhausen u. Walchwyl. Des ersten Theils zweiter Band, Luzern 1819, S. 120, Anm. 71
  12. Steiner, Hermann et al., Vom Städtli zur Stadt Cham. Geschichte und Geschichten einer Zuger Gemeinde, Cham 1995, S. 416. Setz, Annemarie / Ess, Ueli / Meyer, Klaus, Hünenberg. Geschichte und Geschichten einer Zuger Gemeinde, Zug 1988, S. 46
  13. Zu den quellenkritischen Vorbehalten dieser Erhebung ausführlich vgl. Anmerkung 10 (Lüönd), S. 74–76
  14. Vgl. Anmerkung 9 (Glauser / Hoppe / Schelbert), S. 115, 133