Grütli

Aus Chamapedia

An der Zugerstrasse 26 existierte 136 Jahre das Restaurant Grütli, der Prototyp einer einfachen Beiz. Bis 2016 bestand das Wirtshaus.

Besuch aus dem Kanton Luzern bei der Familie Lustenberger. Links zwei Buben des Wirteehepaars, Isidor und Hugo [1]
Die Zugerstrasse mit dem Restaurant Grütli und dem Riesenmammutbaum, dem einstigen Chamer Wahrzeichen, 18.12.2016
Das Speise-Restaurant Grütli an der Zugerstrasse 26, 12.07.2015
Letzte Wirtin im «Grütli»: Theres Köpfli, 28.05.2015
Kundeninformation, 12.11.2018


Chronologie

1880 Wirt «Schuttenberger» (wohl Schurtenberger) eröffnet am 11. April die Speisewirtschaft zum «Grütli» an der «Zugerstraß» mit Musikunterhaltung. [2]

1884 Der Barbier Josef Anton Kaufmann mietet sich im Grütli ein und eröffnet eine «Barbierstube». Kaufmann empfiehlt sich «bestens im Rasieren und Haarschneiden». [3]

1886 Wirt im «Grütli» ist Anton Steinmann (1837–1886). Er stirbt am 26. Juni. [4]

1887 Die Witwe Steinmann übergibt die Wirtschaft an Josef Baumgartner-Renner. [5] Am 17. April ist die Wiedereröffnung, ausgeschenkt wird «Bockbier». [6]

1894 An zwei Oktoberwochenenden organisiert Wirt Baumgartner im «Grütli» ein «Kegelschieben». Es gibt «85 Franken Bargeld» zu gewinnen. [7]

1895 Josef Baumgartner erneuert das Patentgesuch für das Wirtshaus Grütli an der Zugerstrasse 26. Das Lokal weist zwei Gastzimmer mit einer Gesamtfläche von 77 Quadratmetern auf. [8]

1900 Thadäus Zimmermann (*1863) aus Ebikon LU, verheiratet mit einer Hunkeler, will mit seiner Frau die Wirtschaft betreiben. Sie haben vier Kinder und führen in Ebikon bereits ein Gasthaus. [9]

1913 Das «Grütli» ist übergegangen an Wilhelm Kauffmann, einen Küchenchef aus Luzern. [10]

1931 Mitten in der Weltwirtschaftskrise kauft Jakob Lustenberger (1897–1978) das «Grütli». Er stammt aus Willisau LU und ist verheiratet mit Katharina Jost. Sie haben fünf Kinder. [11]

1963 Josef Krummenacher-Müller (1927–1986), Wirt aus Escholzmatt LU, lässt sich an der Zugerstrasse nieder, kauft und führt das «Grütli». Die Wirtefamilie hat vier Kinder. [12]

1964 Krummenacher saniert das Wirtshaus: Er baut eine neue Toilettenanlage ein, erneuert das Buffet und vergrössert die Küche. [13]

1984 Theres Köpfli-Blättler (*1950), verheiratet mit Eduard (1947–2012), kommt neu nach Cham, um das «Grütli» zu übernehmen. Zuvor war sie in Güttingen TG wohnhaft. [14]

2012 Eduard Köpfli stirbt. An seiner Stelle kocht neu Theres Köpflis Sohn Roger im «Grütli». [15]

2016 Theres Köpfli, mittlerweile 66 Jahre alt, gibt den Wirtsbetrieb altershalber auf. [16] Ein Nachfolger für das «Grütli» ist nicht in Sicht. Das Lokal bleibt geschlossen.


Der Wirtshausname «Grütli»

Der Wirtshausname Grütli bezieht sich auf das Rütli, gemäss der eidgenössischen Befreiungstradition die historische Stätte der Bundesgründung von 1291. Die Wiese am Vierwaldstättersee findet im Zeitalter des Historismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als «Rütli» oder «Grütli» Eingang in die Wirtshausnamengebung.


Anekdote

Die Familie Krummenacher-Müller mit ihren vier Kindern führte das Gasthaus Grütli ab 1963. Mutter Ida (*1928) schwang in der Küche die Kelle gutbürgerlich. Selbstverständlich betreute sie auch die Kinder, was während der Anrichtezeit für die Gäste nicht ganz einfach war. Die aufgeweckten Buben nutzten die mittäglichen Freiräume und heckten allerlei Streiche à la Wilhelm Busch aus. So nahmen sie die Wäsche im Fenster des Nachbarhauses mit dem Luftgewehr ins Visier und trafen. Reklamationen der Nachbarin liessen nicht lange auf sich warten.

Mutter Ida wollte nicht glauben, dass man mit dem Luftgewehr die Wäsche treffen könne und wollte es wissen. Die Buben luden das Gewehr. Ida zielte, drückte ab und … traf. Fortan wurde das mittägliche «Grütli-Schützenfest» eingestellt. [17]


Weblink

«Polizeistunde für immer»: Artikel in der Zuger Zeitung vom 28. Mai 2016


Bildergalerie

Das Restaurant Grütli vor der Schliessung 2016


Einzelnachweise

  1. Freundliche Auskunft von Oskar Rickenbacher, Zug, 15.02.2021
  2. Zuger Volksblatt, 10.04.1880
  3. Neue Zuger Zeitung, 23.02.1884
  4. Neue Zuger Zeitung, 14.07.1886
  5. Zuger Nachrichten, 02.04.1887
  6. Bockbier = Starkbier wird mit einem höheren Stammwürzegehalt als ein normales Schankbier gebraut. Zuger Nachrichten, 16.04.1887
  7. Zuger Volksblatt, 06.10.1894
  8. Staatsarchiv Zug, CD 27, Wirtepatente 1892–1918, Mappe Grütli, Gesuch vom 22.05.1895
  9. Staatsarchiv Zug, CD 27, Wirtepatente 1892–1918, Mappe Grütli, Gesuch vom 14.05.1900
  10. Staatsarchiv Zug, CD 27, Wirtepatente 1892–1918, Mappe Grütli, Gesuch vom 27.05.1913
  11. Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Grütli, Erneuerungsgesuch vom 31.03.1962
  12. Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Grütli, Gesuch vom 26.06.1964
  13. Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Grütli, Baupläne
  14. Staatsarchiv Zug, G 468, Wirtepatente, Mappe Grütli, Gesuch vom 15.03.1984
  15. Zuger Zeitung, 28.05.2016
  16. Zuger Zeitung, 28.05.2016
  17. Nach einer Erzählung von Ida Krummenacher-Müller, nacherzählt von Hans-Martin Oehri, Cham, 22.04.2024