Niederwil 16/18, Schmitte

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Aufnahme der «Schmitte», undatiert (vor 1972): 1972 brennt die Scheune, rechts im Bild, ab


Der Gebäudename «Schmitte» erinnert an zwei Schmiedewerkstätten, wovon eine in einem Nebengebäude komplett erhalten ist. Die Liegenschaft ist vermutlich im 18. Jahrhundert erbaut worden, spätestens Ende des 19. Jahrhunderts ist im östlichen Hausteil eine Gastwirtschaft untergebracht. Es war die einzige Gaststätte Niederwils und dementsprechend wichtig für das Leben im Weiler.


Chronologie

18. Jahrhundert Das Doppelhaus Schmitte gehört zu den ältesten Liegenschaften Niederwils. Vermutlich wird der verputzte Giebelbau im 18. Jahrhundert errichtet. [1] Die Familie Lässer besitzt sicher 1702 eine Schmiede in Niederwil. Es ist aber nicht klar, ob es sich um die heutige Liegenschaft Niederwil 16/18 handelt. [2]

1753 Marx (Markus) Hug, «schmidt zue Niderweÿl», kauft «deß bernard Lesser seel[ig] hauß, scheühr und schmidten sambt ... baumgarten, Pündten und zweÿ gärten und Kohl-platz.» Möglicherweise geht es bei diesem Kauf um das Haus oder zumindest um einen Hausteil der heutigen «Schmitte». [3]

1813 Die Eigentümer der Liegenschaft sind Johannes Lässer und Schmied Adam Hug. [4]

1820 In der Kommunikantenzählung von Gemeindeschreiber Oswald Hausheer (1793–1859) werden im Haushalt von Schmied Franz Hug in Niederwil acht Kommunizierende gezählt. Angaben zu den Kindern fehlen.

1848 Im kleinen Weiler Niederwil arbeiten nicht weniger als vier Schmiede. Der Bedarf an Schmiede-Erzeugnissen war offensichtlich bei den Bauern Niederwils, aber auch bei Durchreisenden gross. [5]

1850 Die Volkszählung gibt einen Einblick in die Bewohnerschaft der Liegenschaft Niederwil 16: Dort leben der Schmied Josef Hug, zusammen mit seiner Frau Maria, acht Kinder und drei Angestellte, also insgesamt 13 Personen. [6]

1858 Schmied Josef Hug erhält das Wirtepatent. [7]

1895 Die Gastwirtschaft in der Schmiede heisst «Hug», also so, wie die zwei Betreiber Moritz und Alois Hug-Werder (1881–1970). [8] Dass Schmiede gleichzeitig eine Gaststätte betreiben, ist keinesfalls aussergewöhnlich. Denn die Bauern oder Passanten bringen ihre Arbeiten zum Schmied und trinken während der Wartezeit etwas in der Gaststube. [9] Die einstige Schmiede im westlichen Hausteil wird im Verlauf des 19. Jahrhunderts aufgegeben. [10]

1905 Das Wirtepatent lautet jetzt auf Moritz Hug alleine. [11]

1909 Die Gebrüder Hug wechseln sich ab: Jetzt wirtet Alois Hug in der Gastwirtschaft. [12]

1983 Die Osthälfte der Liegenschaft wird aussen renoviert. [13]

1988 Schmied und Gastwirt Moritz Hug-Elsener (1909–1988) stirbt im Alter von 79 Jahren.

2002 Nina Hug-Elsener (1925–2002), die Gattin von Schmied und Gastwirt Moritz, stirbt im Alter von 77 Jahren.

2019 Die Gastwirtschaft bleibt geschlossen. Der letzte Schmied und Wirt, Moritz Hug (1953–2020), ist der Vertreter der siebten Generation im Haus.

2024 Das Doppelhaus ist im Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham verzeichnet. [14]


Die Beiz

Das «Restaurant Schmiede» ist über Jahre die einzige Gastwirtschaft in Niederwil und dementsprechend ein wichtiger Treffpunkt. Weil während mehr als hundert Jahren die Familie Hug Beiz und Schmiede betreibt, erhält das Lokal den Übernamen «Restaurant Hug» oder «Kafi Hug». [15]


Würdigung

Die Liegenschaft ist von der Bauart und der Architektursprache her eher einfach gehalten. Dennoch gilt die Schmiede als seltenes Beispiel eines historischen Gewerbebaus. «Das behäbig breite Wohnhaus mit Restaurant und zugehöriger Schmiede zählt zu der Reihe von Bauten, die wesentlich zum Ortsbildcharakter beitragen und die Zentrumsfunktion des Weilers Niederwil verdeutlichen. Ortsbaulich ist das verputzte Restaurant Schmiede ein wichtiges Element des um die Kirche gruppierten bäuerlichen Weilers, der sich durch seine lockere Struktur von zueinander abgewinkelten Bauten und die architektonische Vielfalt auszeichnet.» [16]


Personen


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Einzelnachweise

  1. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Niederwil 16 [Stand: 25.02.2020]
  2. Staatsarchiv Zug, Hypothekenbücher, Band 29, S. 431, zit. b. Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 4, S. 225
  3. Staatsarchiv Zug, Hypothekenbücher, Band 24, fol. 67v, zit. b. Dittli, Beat, Zuger Ortsnamen. Lexikon der Siedlungs-, Flur- und Gewässernamen im Kanton Zug. Lokalisierung, Deutung, Geschichten, Zug 2007, Bd. 4, S. 225
  4. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Niederwil 16 [Stand: 25.02.2020]
  5. Furrer, Benno / Grünenfelder, Josef, Häuser am Weg 3 [Faltprospekt]: Bibersee – Niederwil – Rumentikon, Baar 2006
  6. Gattiker, Werner et al., Mauritius, Milch & Münsterkäse. 100 Jahre Milchgenossenschaft Niederwil-Cham, Schwyz 2013, S. 108
  7. Neue Zuger Zeitung, 18.09.1858
  8. Staatsarchiv Zug, CD 27, Wirtepatente 1892–1918, Gesuch vom 30.05.1895
  9. Vgl. Anmerkung 6 (Gattiker et al.), S. 108f.
  10. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Niederwil 16 [Stand: 25.02.2020]
  11. Staatsarchiv Zug, CD 27, Wirtepatente 1892–1918, Gesuch vom 11.08.1905
  12. Staatsarchiv Zug, CD 27, Wirtepatente 1892–1918, Gesuch vom 22.08.1909
  13. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Niederwil 16 [Stand: 25.02.2020]
  14. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler der Gemeinde Cham, Grundstücknummern 823 und 825 [Stand: 11.04.2024]
  15. Freundliche Mitteilung von Hans-Martin Oehri, Cham, 11.03.2020
  16. Amt für Denkmalpflege und Archäologie des Kantons Zug, Inventar der schützenswerten Denkmäler, Datenblatt Niederwil 16 [Stand: 25.02.2020]