Frauenstimm- und wahlrecht

Aus Chamapedia

Inserat aus der «Zugersee-Zeitung», 1959
Eine Frau inmitten von Männern in der Feuerwehr Cham (v.l.n.r.): Mat-Verw Fw Franz Trottmann, Oblt Qm Paul Greber, Vize-Kommandant Hptm Jakob Baggenstos, Feuerratspräsidentin Susi Kuhn, Kommandant Maj Franz Abt, Feuerwehrarzt Dr. med. Urs Wiederkehr, Hptm Alois Bucher, Four Ruedi Leuenberger bilden 1987 den Stab der Feuerwehr Cham
Susi Kuhn-Gassmann (*1951), die 1986 in den Gemeinderat gewählt wird, 15.03.1987
Die erste Chamer Kantonsrätin: Susi Frei-Schläpfer (1939–2009)
Die erste Chamer Bürgerrätin: Imelda Wyss-Leuppi (*1957), 27.04.2002

Die Gemeinde Cham führte das Stimm- und Wahlrecht für Frauen auch erst 1971 ein. Bei den Abstimmungen für die Einführung der Frauenbeteiligung zeigte sich Cham im Zuger Durchschnitt. Bis die erste Frau in den Gemeinderat gewählt wurde, dauerte es nochmals 16 Jahre.


Chronologie

1951/1952 Eine erste Frau in einer gemeindlichen Kommission in Cham wird Tatsache: Gertrud Müller wirkt als Aktuarin der Lesestubenkommission. [1]

1957 Erstmals wird eine Frau als Präsidentin einer gemeindlichen Kommission gewählt: Bertha Flury (1902–1958) übernimmt den Vorsitz der Hauswirtschaftskommission.

1959 Am 1. Februar stimmt die Schweiz über die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Frauen ab. [2] Die Resultate in Cham und im Kanton Zug: In Cham stehen 239 Ja- 821 Nein-Stimmen gegenüber, was einem Ja-Anteil von 22,5 Prozent entspricht. Im ganzen Kanton Zug stehen 2046 Ja gegen 6387 Nein, das ist ein Ja-Anteil von 24,3 Prozent (in der Schweiz beträgt der Ja-Stimmen-Anteil 33,1 Prozent). Demzufolge verhalten sich die Chamer Stimmbürger etwas konservativer als der Zuger Durchschnitt. [3]

1971 Am 7. Februar geht es wiederum um die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Frauen. Sechs Tage vorher kreuzen im Saal des «Bären» Befürworter und Gegner die Klingen. Die Befürworter (Ständerat Hans Hürlimann (1918–1994), der spätere Bundesrat, und die Aktivistin Greth Henggeler-Kyburz (1924–2014) aus Oberägeri) führen u.a. ins Feld, dass aus «der ursprünglichen "Nur-Hausfrau" eine selbstständige, in jeder Berufssparte akzeptierte Persönlichkeit geworden» sei, die nun auch politisch gleichgestellt werden müsse, während die Gegner (Gertrud Haldimann-Weiss (1907–2001), Ehrenpräsidentin des Bundes der Schweizerinnen gegen das Frauenstimmrecht, und der Aargauer Anwalt Markus Herzig, Präsident des eidgenössischen Aktionskomitees gegen das Frauenstimmrecht) im Frauenstimmrecht eine «Krankheit der Zeit, alles einander gleichzumachen» sehen. [4]

Am Abstimmungssonntag stimmen 62,8 Prozent der Chamer mit Ja (859 Ja gegen 508 Nein); im Kanton Zug beträgt der Ja-Anteil 62,4 Prozent (6987 Ja gegen 4199 Nein). [5] Cham gehört mit Zug, Baar und Steinhausen zu den vier Gemeinden, die mit ihren relativ hohen Ja-Stimmen-Anteilen der Einführung des Frauenstimmrechts im Kanton Zug zum Durchbruch verhelfen (in der Schweiz beträgt der Ja-Stimmen-Anteil 66 Prozent). [6]

Die Chamerinnen sind die ersten Zugerinnen, die vom neuen Wahlrecht auch Gebrauch machen können: Am 28. Februar steht die Ersatzwahl für den Gemeinderat an. Die Stimmbeteiligung der Frauen beträgt 65 Prozent und ist damit praktisch gleich hoch wie diejenige der Männer, was als Überraschung gewertet wird. Zuvor hatten Männer behauptet, dass sich Frauen gar nicht am politischen Leben beteiligen wollen. Doch die Frauen beteiligen sich nicht nur, sondern prägen auch die Entscheidungen. Nach dem ersten Wahlgang – als nur Männer abstimmen durften – liegt der Kandidat der Liberalen vorn; nun aber gewinnt dank der weiblichen Beteiligung der Kandidat der Konservativen. Das «Zuger Tagblatt» vermutet den Einfluss der Klöster Heiligkreuz und Frauenthal. [7]

Am 2. Juni dürfen die Chamerinnen erstmals auch an einer Gemeindeversammlung aktiv mitbestimmen. Die anwesenden Männer und Frauen beschliessen, im Hinblick auf die grössere Anzahl von Stimmenden die Urnenöffnungszeiten zu verlängern. Und die Gemeindeversammlungsvorlagen sollen nicht mehr persönlich adressiert, sondern neu in alle Haushaltungen verschickt werden.

1973 Am 25. November wird bei den Erneuerungswahlen der katholischen Kirchgemeinde Cham-Hünenberg mit Marianne Kürner (*1933) erstmals eine Kirchenrätin gewählt. [8]

1986 Als erste Frau in den Gemeinderat wird am 26. Oktober Susi Kuhn-Gassmann (*1951) gewählt. [9] Sie ist damals 35-jährig, Präsidentin der Chamer FDP und überflügelt bei der Wahl sogar den bisherigen FDP-Vertreter im Gemeinderat. Sie übernimmt die Sicherheitsabteilung mit Polizei, Feuerwehr (Feuerratspräsidentin), Zivilschutz und Friedhof. Als ehemalige Offizierin der Schweizer Armee ist sie sich den Umgang in hierarchischen Strukturen gewohnt und findet den richtigen Ton. [10]

Gleichzeitig wird Susi Frei-Schläpfer (1939–2009) als Kantonsrätin gewählt. Sie ist damit die erste Frau aus Cham, die im Kantonsparlament politisiert. Sie bleibt bis 1994 im Kantonsrat. [11]

1994 Am 13. November werden in Cham gleich vier Frauen aus drei verschiedenen Parteien in den Kantonsrat gewählt: Claudia Bourquin-Fässler (*1948), Ruth Knüsel-Iten (*1944), Ursi Luginbühl-Wassmer (*1948) und Jeannette Ackermann (*1958). [12]

1998 Als erste Frau in den Bürgerrat wählen die Chamer Ortsbürgerinnen und -bürger Imelda Wyss-Leuppi (*1957). Sie bleibt bis 2013 im Bürgerrat. [13]


Einzelnachweise

  1. Orsouw, Michael van, Cham – Menschen, Geschichten, Landschaften, Cham 2008, S. 121
  2. Siehe dazu auch Inserate in der Zugersee-Zeitung, 30.01.1959
  3. www.bk.admin.ch, Volksabstimmung vom 01.02.1959, Bundesbeschluss vom 13.06.1958 über die Einführung des Frauenstimm- und- Wahlrechts in eidgenössischen Angelegenheiten [Stand: 02.02.2021]
  4. Zuger Nachrichten, 05.02.1971. Blum, Iris / Furrer, Frederik / Ringger, Yannick, 2021 Frauenstimmen – Frauen stimmen, 50 Jahre Frauenstimmrecht, Zug 2021
  5. Die Resultate betreffen die kantonale Vorlage; ergänzend hier die Resultate der eidgenössischen Vorlage für Cham: Ja = 812, Nein = 587 (Zug: Ja = 6699 (59,9%), Nein = 4483 (40,1%) bei einer Stimmbeteiligung von 66.29%; Schweiz: Ja = 621'109 (65,7%), Nein = 323'886 (34,3%) bei einer Stimmbeteiligung von 57,72%), www.bk.admin.ch, Volksabstimmung vom 07.02.1971, Bundesbeschluss vom 09.10.1970 über die Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts in eidgenössischen Angelegenheiten [Stand: 02.02.2021]
  6. Zuger Tagblatt, 08.02.1971
  7. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 116
  8. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]. Zuger Kalender 1975, Chronik 25.11.1973
  9. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  10. Vgl. Anmerkung 1 (van Orsouw), S. 126f.
  11. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  12. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]
  13. Staatsarchiv Zug, Zuger Personen- und Ämterverzeichnis [Stand: 01.03.2024]